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Himmel der Suende

Himmel der Suende

Titel: Himmel der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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würde seine Silhouette über ihr auftauchen wie die eines auf seine Beute herabschießenden Adlers, und er würde sie in seine starken Arme reißen ... und danach würden sie sich wieder lieben ... nur dieses Mal noch hemmungsloser.
    Aber da war keine Silhouette. Nichts.
    Sie fiel und fiel.
    Nach einigen Sekunden hatte sie die weiß-neblige Wolkendecke durchquert, und um sie herum war wieder alles klar. Doch von Axel noch immer keine Spur.
    Das überwältigende, schwindelerregende Gefühl von Freiheit verschwand - genauso schnell, wie es gekommen war. Und plötzlich war da nur noch Angst. Nackte Panik.
    „Axel!“, schrie sie, ohne sich Mühe zu geben, ihre Angst zu verbergen, und schaute sich suchend nach ihm um. Das lange rote Haar peitschte ihr am Gesicht entlang nach oben, und sie wagte nicht, sich herum nach unten zu drehen, um zu prüfen, wie weit sie noch vom Boden entfernt war.
    „Azazel!“
    Doch er antwortete nicht. Die Wolkendecke - jetzt weit über ihr - war dicht geschlossen; sie hätte es gesehen, wenn er irgendwo über ihr durch sie hindurchgeflogen wäre.
    „AZAZEL!“
    Hatte sie ihn und seine Geschwindigkeit überschätzt? Oder rettete er sie nicht, weil sie selbst sich in Gefahr gebracht hatte? Weil sie das Wertvollste, das sie besaß, leichtfertig aufs Spiel gesetzt hatte? Oder fühlte er sich von ihr auf den Prüfstand gestellt und war nicht gewillt, ihr Spiel mitzuspielen? Vielleicht bedeutete sie ihm ja doch nicht so viel, wie er behauptet und sie gedacht hatte. Immerhin war sie nur ein Mensch. Austauschbar. In den Äonen, die er jetzt schon lebte, hatte Azazel sicherlich Tausende von Gespielinnen gehabt.
    Wie hatte sie nur auf die Idee kommen können, für ihn etwas Besonderes zu sein? Nur weil er ihr gesagt hatte, dass er sie liebte und sie unsterblich machen wollte? Wer wusste denn, wie viele vor ihr er schon unsterblich gemacht hatte?
    „ AZAAZEEEEEEEL!“
    Doch der Himmel über ihr war so leer wie die Tiefe unter ihr - und vom Gefühl her hatte sie inzwischen weit über die Hälfte der Strecke zurückgelegt.
    Sie merkte, dass sie anfing zu weinen.
    Sie ahnte, dass sie jetzt tatsächlich sterben würde. Und erst jetzt wurde ihr bewusst, was sie gerade, in einem Anflug von Übermut und Leichtsinn, weggeworfen hatte. Sie hatte die Ewigkeit verspielt - für einen Reiz ... für ein Spiel ... für einen Kick. Für einen völlig unbedeutenden Kick. Beinahe war es schon ein kosmischer Witz. Vielleicht war das auch der Grund, warum Axel ihr nicht zu Hilfe kam. Er hatte für das Leben von Myriaden von Menschen gekämpft - und hatte dafür einen hohen Preis bezahlt. Natürlich konnte er es nicht gutheißen, dass sie nun mit dem ihren spielte, als besäße es keinen Wert. Wenn das der Grund sein sollte, dann war doppelt ironisch, dass sie jetzt gerade ein Opfer seiner hohen Moral wurde - für die sie ihn so sehr schätzte ... für die sie ihn liebte. „AZAAZEEEEEEEL!“
    Noch immer nichts.
    Jetzt hörte sie die Geräusche des Dschungels unter ihr - es konnten höchstens noch dreißig, vielleicht vierzig Meter sein.
    Nur noch der Bruchteil einer Sekunde.
    Instinktiv spannte sich ihr Körper in Erwartung des Aufpralls an - obwohl ihr Verstand wusste, dass das nach der Fallhöhe und der inzwischen erreichten Geschwindigkeit von beinahe zweihundert Stundenkilometern keinen Unterschied mehr machen würde.
    Sie würde entweder von den Ästen und dem Blattwerk eines Baumes in Stücke gerissen oder sich beim Aufkommen auf dem Boden binnen einer Millisekunde in Mus verwandeln.
    Was für eine beschissene Idee, die sie da gehabt hatte.
    Da endete ihr Sturz plötzlich.
    Er endete nicht mit einem Aufprall - nicht einmal abrupt oder ruckartig. Nein, er endete auf eine Weise, die zu beschreiben Maggie trotz ihrer schriftstellerischen Fähigkeiten nicht in der Lage war. Sanft. Weich. So als wäre die Zeit stehen und sie mitten in der Luft hängen geblieben, ohne dass ihr Körper die Auswirkungen der Vollbremsung aus maximaler Fallgeschwindigkeit erfuhr.
    Sie merkte, dass sie in ihrer Panik und der Erwartung des Aufschlags die Luft angehalten hatte, und atmete jetzt tief ein. Dann erst spürte sie, dass sie in Axels Armen lag und er mit ihr langsam auf die Erde niederglitt.
    „Was?“, fragte sie völlig verwirrt, in einer unschön berauschenden Mischung aus Schwindel und Übelkeit... und Erleichterung. Wo war er bloß so plötzlich hergekommen? Wie war er an ihr vorbei und unter sie geflogen, ohne dass sie ihn

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