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Himmel der Suende

Himmel der Suende

Titel: Himmel der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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gestellt und gesagt, dass mich jeder haben könnte, der ihm ein Bier ausgibt. Und ehe die Nacht vorüber war, hatte er sechzehn Bier getrunken ... und mich dann grün und blau geschlagen, damit ich seiner Frau nichts erzähle. Von da ab nahm er mich jede Woche einmal mit in die Kneipe ... und ich habe nicht einen einzigen der Kerle vergessen, die über mich gerutscht sind. Nicht einen, Sergej. Wieso sollte ich also diesen Bezal’El vergessen haben?“
    Er wischte ihr mit dem Daumen eine einsame Träne von der linken Wange.
    „Vielleicht weil das, was er dir angetan hat, noch schlimmer war als das mit der Kneipe. Weil du dich in seinem Falle gewehrt hast. Dein Geist verdrängt vielleicht nicht die Dinge, die dir angetan wurden, aber vielleicht die Dinge, die du selbst tun musstest. Das ist bei Soldaten ein weitverbreitetes Phänomen ... unter anderem.“
    Auch er bemühte sich sein halbes Leben lang, die Dinge zu vergessen, die er getan hatte - mit denen, die ihm angetan worden waren, konnte er leben.
    „Mag sein. Dann wäre da aber noch immer die Sache mit den Blitzen“, gab sie zu bedenken. „Ich meine, welche Art von Waffe schießt Blitze ab ... die dann auch noch solch einen Schaden anrichten?“
    „Das stimmt, aber ich habe weniger Schwierigkeiten, an neuartige Waffen zu glauben als an überirdische Wesen“, sagte er. „Oder glaubst du etwa daran, dass du in Wirklichkeit ein Engel bist, gefangen im Körper einer Menschenfrau?“
    „Nein“, antwortete Anya. „Allein der Gedanke ist absurd.“
    „Genug jetzt“, sagte Sergej. „Wir werden schon noch dahinterkommen. Verlass dich drauf. Aber jetzt versuch noch einmal zu schlafen. Ich bleibe wach, und beim ersten Anzeichen, dass du wieder etwas Schlimmes träumst, wecke ich dich.“
    Sie kuschelte sich an ihn, und er strich ihr das Haar aus der Stirn. Dann streichelte er ihr die Wange mit einer Zartheit, die ihr verriet, dass er so viel mehr war als ein Krieger. Sie fragte sich, was für eine Art von Mann wohl aus ihm geworden wäre, wäre er nicht in den Slums von Moskau aufgewachsen - wenn ihm das Leben eine andere Chance gegeben hätte und sanfter mit ihm umgesprungen wäre. Aber dann merkte sie: Sosehr sie sich das für ihn gewünscht hätte, sosehr mochte sie das, was er war ... wie er war. Seine Zärtlichkeit war eben nur rauer als die der meisten Männer, aber dafür nicht weniger ehrlich. Und vielleicht, nein, ganz bestimmt sogar, war er kein Mann großer Worte, aber das störte sie nicht - ganz im Gegenteil. Sie fühlte sich nirgends sicherer als bei ihm. Beschützt, aber nicht in Watte gepackt. Er hörte nicht auf, ihr Gesicht zu streicheln, und schaute ihr in die Augen, bis sie sie endlich lächelnd und mit einem wohligen Seufzer schloss. Keine dreißig Sekunden später war sie wieder eingeschlafen.
    Man’El stand vor dem Herrenhaus, zu dem er den Rest der Strahlung verfolgt hatte, die Ani’El benutzt und die er in Mexico City gespürt hatte. Er sah die Schutzsymbole an Tür- und Fensterrahmen und erkannte, wieso es so lange gedauert hatte, diesen Ort zu finden. Er würde in seiner menschlichen Gestalt bleiben, beschloss er, ließ aber seinen Kriegshammer materialisieren. Der silbrig schimmernde kurze Schaft lag gut in seiner Faust.
    Sein langer Mantel bauschte sich im frischen englischen Wind, als er auf das Portal des Hauses zuschritt, und für einen Moment lang überlegte er, ob er vielleicht besser anklopfen sollte. Doch dann schwang er den etwa schuhkartongroßen, mit uralten Runen verzierten Kopf des Hammers in einem weiten Bogen und zertrümmerte die Tür mit einem einzigen Schlag.
    Sofort fiel sein Blick auf den toten Leib des am Hallenboden liegenden Butlers, und er rannte zur Kellertür.
    „Ani’El!“, rief er in das Dunkel hinab. Doch es kam keine Antwort. Dann horchte er noch einmal in die Runde. Es war niemand zu hören. Das Gebäude schien verlassen. Und doch spürte er eine schwache Präsenz. Einer oder eine der Himmlischen war noch hier. Vielleicht auch einer oder eine der Gefallenen.
    Ani’El? Er hoffte es inständig. So wie er hoffte, dass sie noch am Leben war.
    Er eilte die Stufen hinunter, und als er unten angekommen war, hielt er inne, um sich neu zu orientieren. Auch hier waren überall Schutzsymbole in die Wände und Balken graviert, aber er spürte die Strahlung und auch die Präsenz immer stärker. Beide kamen von rechts.
    Er lenkte einen Teil seiner Kraft in seinen Hammer, bis der Kopf hell genug leuchtete, ihm

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