Himmel der Suende
mag. Und warum ich Magdalena helfen will: Sie ist die Einzige, die den Abaddon befreien kann. Wenn sie unsterblich wird, bleibt es ewig spannend, ob er in seinem Kerker verweilt oder nicht.“
„Aber du hast doch eben selbst gesagt, dass du nicht willst, dass er die Menschheit vernichtet.“
„Das will ich ja auch nicht“, bestätigte sie. „Aber genau deswegen würde mich eine permanente Bedrohung tierisch anmachen.“
„Du bist krank, Luzifer“, sagte er.
„Wieso?“, fragte sie irritiert. „Wir alle brauchen unsere Kicks im Leben. Bei ewigem Leben müssen die Kicks eben eine Nummer größer sein. No risk no fun.“
„Du riskierst das Ende der Menschheit, nur weil das deine Existenz spannender gestaltet?“
„Hört, hört“, sagte sie. „Du, mein Lieber, riskierst das Ende der Menschheit doch auch ... und das nur wegen ein bisschen Liebe. Wo ist da der Unterschied?“
„Die ganze Welt glaubt, du seist böse, Luzifer“, erwiderte er. „Aber das bist du in Wahrheit gar nicht.“
„Nicht?“
„Nein, du bist wahnsinnig - und das ist in deinem Fall und bei deiner Macht noch sehr, sehr viel schlimmer als böse.“
„Ich nehme an, das bedeutet wohl, dass dich mein Angebot nicht interessiert.“
„Ja, das bedeutet es.“
„Nur weil meine Motive dir nicht behagen?“
„Das zum einen“, gab er zu. „Vor allem aber, weil ich weiß, wie gut du mich kennst. Früher oder später würdest du den Gefallen zurückfordern, den ich dir dann schulden würde. Und sosehr du dich auch über meine Ehrenhaftigkeit lustig machen magst, du weißt ganz genau, dass du darauf zählen kannst und dass ich gar keine andere Wahl hätte, als mich zu revanchieren. Und dir helfen zu müssen, weil ich dir etwas schulde, ist eine Situation, in die ich niemals geraten will.“
„Ist das dein letztes Wort, Azazel?“
„Ja. Ich werde jemanden anders finden.“
„Dann musst du dich aber beeilen“, sagte sie. „Die Kleine hat schließlich nur noch fünfzig, sechzig, wenn’s hochkommt, vielleicht noch siebzig Jahre zu leben.“
„Wir werden das schaffen.“
„Viel Erfolg“, sagte sie. „Ich gewinne auf jeden Fall.“
„Wie das?“
„Wenn sie unsterblich wird, habe ich meine ewige Bedrohung, und wenn sie stirbt, bist du endlich wieder Single.“ Luzifer zwinkerte ihm zu - und hatte sich im nächsten Moment in Luft aufgelöst.
Von seinem Elfenbeinthron aus beobachtete der Rotgeflügelte die Vorbereitungen des Rituals. Hunderte junge Frauen aus aller Herren Länder hatten sich darum beworben, daran teil nehmen zu dürfen, und er hatte die dreizehn schönsten und sinnlichsten darunter eigenhändig ausgewählt. Das Internet war schon eine fantastische Sache - und er war ein wenig nei disch darauf dass die Menschen es erfunden hatten. Er und die Seinen hätten die Idee schon sehr, sehr viel früher haben können.
Dass es so viele Bewerberinnen gegeben hatte, verwunderte ihn nicht besonders - Anhängerinnen der sogenannten „schwarzen Szene“ waren bekannt dafür, dass sie sich kopf über in die verrücktesten und wildesten Abenteuer stürzten. Das war ihre Art, sich von der Gesellschaft zu distanzieren, aufzubegehren und sich selbst einen Hauch von Freiheit vor zugaukeln. Ein Umstand, den er und andere im Laufe der vergangenen Jahrhunderte und Jahrtausende schon des Öfteren weidlich ausgenutzt hatten, um willige Opfer für ihre Riten und Feste zu finden. Ob nun die „Hexen“ der frühen Neuzeit oder die Bacchantinnen des alten Griechenlands, die Mänaden, die Anhängerinnen des Dionysos - sie alle waren auf der Jagd nach dem ganz besonderen Kick. Heute waren es eben die Wicca und die Goth-Lollis.
Warum es ausgerechnet dreizehn sein mussten, hatte der Rote nie verstanden. Vermutlich war das einfach nur ein Spleen der Unterirdischen, mit dem sie ihre frühere Rebellion gegen die Ordnung der Dinge zum Ausdruck bringen wollten. Drei zehn war eine ungerade Zahl, und im Laufe der Zeit hatte sich dafür die Bezeichnung „Hexendutzend“ durchgesetzt, als Zei chen des Widerspruchs gegen die Einheit der „Heiligen Zwölf“.
Jetzt saß er den Frauen in seiner menschlichen Gestalt gegen über, und auch die dreizehn Diener, die er für das Ritual aus gesucht hatte, hatten menschliche Gestalt angenommen, damit die Frauen nicht zu früh in Panik geraten würden.
Sie knieten in zwei Reihen vor ihm - die Frauen in der ersten, seine Diener in der zweiten Reihe. Sie alle trugen weite pur purfarbene Umhänge und
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