Himmel der Suende
ihr Leben war ... und erst recht nicht Sergejs.
Schon bald konnte sie vor sich die Umrisse der Klosterruine erkennen, die wie ein geborstener Traum aus Stein vor ihnen in die Höhe ragten.
„Weiter links in der Mauer soll ein Durchbruch sein“, sagte Sergej, und sie hörte, dass ihm das Atmen schwerfiel. „Von da aus kommen wir direkt in den Hof. Hier, nimm den Autoschlüssel und den Koffer. Starte schon einmal den Wagen. Ich halte uns den Rücken frei, für den Fall, dass uns jemand verfolgt.“
Sie erkannte, dass er gerade entschieden hatte, sein Leben zu opfern, sodass sie fliehen konnte.
„Kommt nicht infrage“, sagte sie und zog ihn weiter. „Ich gehe nicht ohne dich.“
Ihr Blick fand den Durchbruch in der Mauer, und sie hielt darauf zu. Der Kampflärm hinter ihnen war leiser geworden. Nicht nur wegen der Entfernung - es waren auch ganz offenbar weniger Kämpfer geworden. Schon in wenigen Momenten würde die Schlacht entschieden sein, und wer immer sie überlebte, würde die Verfolgung aufnehmen.
Der Durchbruch führte über einen zur Hälfte eingestürzten Viehstall quer über einen Gang und durch zwei verstaubte Futterlager in den Innenhof. Dort stand zu Anyas großer Erleichterung tatsächlich der Wagen - ein funkelnagelneues Mercedes-Coupe.
Sergej drückte einen der Knöpfe auf dem Schlüssel, und die Schlösser entriegelten automatisch.
„Steig ein“, rief er überflüssigerweise, und Anya rannte zur Beifahrertür, riss sie auf und kletterte auf den Sitz. Sergej warf den Koffer auf den Rücksitz, sprang hinter das Steuer und startete den Motor.
Aber noch ehe er einen Gang einlegen konnte, stand plötzlich Bezal’El vor dem Auto. Seine weite Kutte war blutbefleckt, und in seinen knorrigen Händen hielt er eine fast drei Meter lange Lanze.
„Gib Gas!“, schrie Anya panisch.
Sergej zog den Automatikhebel auf D und trat das Gaspedal voll durch. Der PS-starke Wagen sprang geradezu nach vorn. Doch mit unglaublicher Geschwindigkeit wirbelte Bezal’El seine Lanze herum, sodass er sie am Ende mit beiden Fäusten hoch über dem entstellten Kopf hielt, und rammte sie hart nach unten.
Wie schon so manches zuvor konnte Anya nicht glauben, was sie da sah: Wild Funken sprühend wurde die stählerne Spitze der Lanze mit gewaltiger Kraft von oben herab in die Motorhaube des Wagens getrieben. So tief, dass Anya sicher war, dass sie unten wieder herauskam und in den Boden jagte.
Der Mercedes kam so abrupt zum Stehen, wie er losgefahren war, und der Motor verreckte.
Bezal’El funkelte sie mit seinen bösen Augen an.
„Und nun zu euch beiden“, sagte er - und es klang nicht bloß wie eine Drohung.
Maggie erkannte die Landschaft weit unter ihnen: Transsilvanien. Die Heimat der Sybaris. Axel hatte ihr von seiner Begegnung mit Luzifer erzählt und auch dass er Nü Gua nirgends hatte finden können. Also hatten sie beschlossen, hierher zurückzufliegen, um sich mit Sybaris zu beraten, wie es von hier aus weitergehen sollte.
Es war ein seltsames Gefühl, dass sie jetzt doch noch nicht, wie erhofft, unsterblich war. Die ewige Jugend war zum Greifen nah gewesen und nun wieder in weite Ferne gerückt. Es war, als hätten sich ihnen weit größere Kräfte als die Azazels in den Weg gestellt.
Axel hatte in Erwägung gezogen, noch einmal zur Malikat nach Afrika zu fliegen, um sie mit Gewalt dazu zu zwingen, ihre Schuld zu begleichen. Doch Maggie hatte sich dagegen ausgesprochen. Axel in die Situation zu bringen, die Hand gegen eine der Elohim zu erheben, war ein viel, viel zu hoher Preis für ihr Leben. Es war nicht vorauszusehen, wie die anderen Elohim darauf reagieren würden, wenn er zum zweiten Mal zum Rebell wurde - dieses Mal aber nicht im Interesse der ganzen Menschheit, sondern nur für eine einzige Frau.
Maggie beugte sich über Axels Schultern nach vorn zu seinem Ohr.
„Was ist mit Nyx?“, fragte sie.
„Was meinst du?“
„Wir könnten sie fragen.“
Er lachte auf.
„Wieso lachst du?“
„Nyx würde mich töten. Auf der Stelle“, sagte er. „Und, was noch viel schlimmer wäre - sie würde dich töten.“
„Warum?“
„Dich aus Eifersucht und mich, weil sie es geschworen hat.“
„Sie hat geschworen, dich zu töten?“
„Nein“, erwiderte er. „Dann wäre ich schon lange nicht mehr am Leben. Sie hat geschworen, mich zu töten, wenn ich auch nur noch ein einziges Mal einen Fuß in ihr Reich setze.“
„Warum?“
„Darüber möchte ich nicht reden, Magdalena.“ Die
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