Himmel der Suende
dieser Gestalt bleibst, Ani’El, umso größer wird die Gefahr, dass deine Feinde dich finden und dir entreißen, wohinter sie her sind.“
„Und das wäre?“, fragte Sergej.
„Die Schlüssel zur Festung der Himmel“, antwortete Man’El. „Die Gefallenen planen einen Angriff auf ihr altes Zuhause. Wenn sie in den Besitz der Schlüssel gelangen, die du bei dir trägst, werden wir sie nicht aufhalten können.“
„Ein weiteres Beispiel dafür, dass sie und du mich verwechseln“, sagte Anya. „Ich besitze keine Schlüssel. Du kannst mich gerne durchsuchen.“
„Du trägst sie in deinem Herzen“, erwiderte er.
„Oh“, machte sie. „Ich ziehe die Einladung zum Durchsuchen zurück. Aber wie auch immer, Sergej und ich gehen jetzt nach Kiew.“
„Verdammt, Ani’El“, fluchte er und ging wütend auf sie zu. Sergej versuchte erneut, sich ihm in den Weg zu stellen, doch Man’El machte lediglich eine knappe Geste mit der offenen Hand vor seinem Gesicht, und der Bodyguard sackte, ohne dass Man’El ihn auch nur berührt hätte, bewusstlos zu Boden.
„Was erlaubst du dir?“, schrie Anya ihn an. Aber Man’El kam weiter auf sie zu. Sein Gesicht ernst und entschlossen.
„Wer nicht hören will, muss fühlen“, sagte er ...
... und plötzlich wurde Anya schwarz vor Augen.
In höchster Eile und sehr viel schneller, als dass das menschliche Auge ihr hätte folgen können, flog Tami’El über Russland hinweg am Kaspischen Meer vorbei über Kasachstan, Afghanistan, Pakistan und dann an den Südhängen des Himalaja entlang weiter in Richtung Südosten. Ihr blieb nicht viel Zeit, wenn sie verhindern wollte, dass die Schlüssel wieder für viele Jahrtausende verloren gingen. Sie hatte das Leben auf dieser Erde so satt und sehnte sich nach ihrer alten Heimat zurück.
Aber gab es diese alte Heimat für sie überhaupt noch? Natürlich würde nichts mehr so sein wie früher, das war ihr klar, aber mit ein wenig Arbeit und Geduld könnte man dafür sorgen, dass es dem wenigstens wieder teilweise ähnlich wurde. Es sei denn ...
Hatte Bezal’El die Wahrheit gesprochen? War ihr Gebieter ein Bündnis eingegangen mit Ashmo’Deush? Falls das stimmte, würde nie wieder etwas so sein, wie es früher einmal war. All die Unschuld und die Schönheit würden zerstört werden - so wie sie hier zerstört worden waren. Aber das herauszufinden und sich wenn nötig dagegen auszusprechen und den Gebieter dazu zu bringen, seine Strategie zu überdenken und vielleicht sogar zu ändern, dazu war später noch Zeit. Vielleicht konnte sie ja auch mit der Gebieterin reden - aber jetzt musste sie erst einmal sicherstellen, dass die Schlüssel nicht wieder aus ihrer Reichweite gelangten.
Sie flog über Bangladesh und Burma hinweg, dann über Thailand. Schließlich hatte sie ihr Ziel erreicht.
Der für diesen Abschnitt des Dschungels zuständige Subur erkannte sie und ließ sie ungehindert passieren. Kurz darauf gelangte sie zum Palast und landete auf den mit dicken Schlingpflanzen bewachsenen Stufen zum Eingang.
Vor dem Portal standen zwei weitere Suburi. Sie verneigten sich vor ihr, machten jedoch nicht Platz.
„Ich muss zum Gebieter“, meldete sie sich an. „Dringend.“
„Herrin Tami’El“, sagte der eine von ihnen. „Ich werde Euch unverzüglich anmelden.“
„Das kann ich selbst“, sagte sie ungeduldig und wollte an ihnen vorbei in den Palast gehen.
„Mit Verlaub, Herrin, wir haben unsere Befehle“, entgegnete der Wächter und stellte sich ihr in den Weg. Dass ihm dabei nicht wohl war, sah man ihm an, aber ganz offenbar hatte er vor ihrem Gebieter mehr Angst als vor ihr.
„Gut“, gab sie nach. „Aber beeil dich. Es ist von größter Wichtigkeit.“
Er verneigte sich und verschwand mit hastigen Schritten durch das Portal.
Nach der Schnelligkeit ihres Fluges zogen sich die nächsten Sekunden, in denen Tami’El auf der Treppe wartete, in beinahe unerträgliche Länge. Sie begann ungeduldig hin und her zu gehen. Dann endlich erschien der Wächter wieder - in Begleitung von vier anderen.
„Was?“, fragte Tami’El erstaunt und wollte zurückweichen. Doch die vier umstellten sie. Für einen Sekundenbruchteil lang überlegte sie zu fliehen, aber sie war unbewaffnet, und die vier trugen Lanzen und Schwerter.
„Wir haben Befehl, Euch zu unserem Gebieter zu führen,
Herrin“, sagte der Anführer, ein Subur mit dem Kopf einer Natter. „Bitte übergebt mir eure Waffen.“
„Ich bin unbewaffnet“, erwiderte
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