Himmel, Polt und Hölle
eben die älteren Rechte.“
Jetzt saßen beide wieder manierlich nebeneinander.
Czernohorsky gefiel es, eine Brücke zu bilden, Kopf und Vorderpfoten auf Polts
Knien, das Hinterteil auf Karin, die den Kater ein wenig unkonzentriert
kraulte. „Und wie soll es jetzt weitergehen?“
„Da mußt du meinen Kater fragen.“
„Werde ich tun, bei Gelegenheit.“ Karin kraulte
inniger. „Aber ich habe an deine Ermittlungen und an den Fürst Franzi gedacht.
Ich möchte mir gar nicht erst vorstellen, wie es ihm jetzt geht.“
„Karin!!“
„Ein für allemal: ich hab nichts mit ihm, Simon.
Aber es hätte schon sein können, früher einmal.“
„Wie gut hat er eigentlich die Amalie gekannt?“
„Ziemlich gut, soviel ich weiß. Und der Kontakt ist
nie abgerissen. Sie war keine von denen, die sich zurückzieht, wenn es einem
alten Freund schlecht geht.“
,Am Sonntag hat der Franz Fürst in der Kirche übrigens
einen ziemlich provokanten Auftritt hingelegt.“
„Das sieht ihm ähnlich. Freut mich auch irgendwie.
Offenbar hat er doch noch Kraft in sich. War gern dabei gewesen. Aber ich hab
derzeit wenig Lust darauf, katholisch zu sein, wenn ich mir die Amtskirche so
anschau.“
Polt nickte, schwieg und dachte nach. „Du, Karin?“
„Ja, Simon?“
„Was findest du an mir?“
„Weiß nicht. Ich bin noch am Suchen.“
Waldeslust
„In den Wald willst du? In deiner Dienstzeit? Tut
dir die Sonne nicht gut, oder was?“ Harald Mank betrachtete
Gendarmerie-Gruppeninspektor Simon Polt mit unverhohlenem Mißtrauen.
„Soll ich jetzt ermitteln
oder nicht?“
„Natürlich sollst du. Und
was willst du finden? Im Wald?“
„Einen Baum.“
„Simon, mich freut's, wenn du guter Laune bist, aber
halte mich nicht zum Narren.“
„Würd ich mir nie erlauben. Auf dem Grünberg gibt es
die sogenannte Teufelsbuche, jedenfalls hat mir das Frau Habesam erzählt.“
„Den Baum kenn ich. Steht
ziemlich weit oben.“
„Und woher kennst du ihn?“
„Tut nichts zur Sache. In
den Wald mit dir!“
Simon Polt brach unverzüglich auf, weil es am frühen
Vormittag ja doch noch ein wenig kühler war. Als er mit dem Rad an Karin
Walters Schule vorbeifuhr, schaute er zu den Fenstern hinauf. Die Kinder waren
zu beneiden. Er hatte nie eine Lehrerin gehabt, immer nur Lehrer. Ganz bestimmt
gab es da irgendwelche pubertierende Knaben, die nur zu gut wußten, daß nicht
nur eine Lehrerin, sondern auch eine Frau vor ihnen stand.
„Kindskopf, sagte Polt zu sich selbst und trat in
die Pedale. Am Ortsrand bog er in einen Feldweg ab, der zur Brunndorfer
Kellergasse führte. Etwa auf halber Strecke erreichte Polt drei große
Kastanienbäume, deren Stämme so dicht beieinander standen, daß ihre Kronen ein
gemeinsames großes Blätterdach bildeten. Darunter gab es eine hölzerne
Bildsäule und einen Brunnen mit grün gestrichenem Pumpenschwengel. Der Gendarm
setzte sich auf die aus Brettern gezimmerte Abdeckung und verschnaufte ein
wenig.
Die meisten dieser Brunnen
funktionierten nicht mehr, weil seit der Regulierung des Wiesbaches der Grundwasserspiegel
sank. Neuerdings wurden immerhin Rückhaltebecken und Feuchtbiotope angelegt,
auch der Wiesbach sollte sein altes krummes Bett zurückbekommen, aber die
Sünden von Jahrzehnten ließen sich nicht in ein paar Jahren ungeschehen machen.
Polt stieg wieder aufs Rad. Vor Friedrich
Kurzbachers Preßhaus sah er das Auto des Weinbauern stehen. Der Gendarm lehnte
sein Fahrrad an den Nußbaum, ging ins Preßhaus und hörte Geräusche im Keller.
Der Kurzbacher hantierte lustlos an einer altmodischen Filtrieranlage.
,Arbeit gibt's, Simon, Flaschen abfüllen.“
„Sehr unternehmungslustig kommst du mir aber nicht
vor, Friedrich.“
„Mir geht's nicht gut. Genau genommen geht's mir
schon gut. Aber zu viel getrunken hab ich gestern.“
„Wo denn?“
„Im Keller vom Wolfinger. Die Jäger vertragen was,
sag ich dir! Willst was trinken?“
„Nein danke. Ich muß auf den Grünberg.“
„Spinnst du? Bei der Hitze?“
„Dienst ist Dienst, Friedrich. Weißt du eigentlich,
wo die Teufelsbuche steht?“
„Was hast du denn dort zu suchen? Na, ist ja egal.
Du gehst einfach geradeaus Richtung Gipfel, und kurz bevor du ganz oben bist,
zweigst du nach links ab. Die Teufelsbuche ist der höchste Baum im ganzen
Wald, kannst sie nicht verfehlen.“
„Und der Steinbruch?“
„Da wirst du suchen müssen. Ein paar hundert Meter
von der Anhöhe entfernt führt ein schmaler Weg hin, ziemlich
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