Himmel uber Langani
Familie.«
»Ich hatte den Verdacht, dass Hannah mir etwas verschweigt, um mich nicht zu ängstigen. Als wollte sie verhindern, dass ich es mir anders überlege und in Irland bleibe.« Trotz ihres beiläufigen Tonfalls erschauderte Sarah jedes Mal, wenn sie an den Überfall dachte. Immer noch wachte sie nachts häufig auf und hörte die Schüsse, war überzeugt, dass Piet getötet worden war, sah Camillas blutverschmiertes Gesicht vor sich und wurde von derselben Hilflosigkeit und Panik überwältigt wie damals, als sie versucht hatten, Lars vor dem Verbluten zu retten.
»Der Inspektor vertritt die These, dass es sich um einen Racheakt gehandelt hat«, meinte Anthony.
»Eine scheußliche Vorstellung. Hat er jemanden in Verdacht? Was für ein Motiv könnte der Täter haben?«
»Das weiß nur der liebe Gott. Piet hat jedenfalls keine Ahnung. Allerdings gibt es auch gute Nachrichten. Die Lodge ist ein Traum, und es sieht nach einer erfolgreichen Saison aus. Hannah hat schon jede Menge Reservierungen.«
Sarah fielen vor Müdigkeit die Augen zu, und sie nickte ein. Bei ihrer Ankunft auf der Farm stand Hannah auf der Vortreppe, um sie zu begrüßen. Während sie die Veranda entlang zum Gästezimmer gingen, tollten drei junge Rhodesian Ridgebacks um sie herum. Sie wedelten heftig mit den Schwänzen und sahen sie neugierig an.
»Das sind die neuen Familienmitglieder«, sagte Hannah lachend. »Eine echte Gefahr für Hab und Gut, weil sie alles zerkauen, was sie in die Pfoten kriegen. Aber Jeremy hat veranlasst, dass sie in der Hundeschule der Polizei erzogen werden. Jeden Vormittag müssen sie dorthin. Pass nur auf deine Schuhe auf und lass auch sonst nichts auf dem Boden herumliegen. Kamau hat eigens ein Willkommensessen für dich gekocht. Also rate ich dir zuzugreifen, auch wenn du keinen Hunger hast.«
»Ach, da ist ja Lars!« Sarah sah ihn über den Rasen gehen und lief freudig auf ihn zu. Offenbar hatte er sich wieder vollständig erholt.
»Willkommen zu Hause«, sagte er. »Ich habe schon gefürchtet, dass ihr euch wegen der schlammigen Straßen verspäten könntet, aber du und Anthony habt den Regen offenbar vertrieben. Komm und trink ein Bier mit mir, wenn du ausgepackt hast.« Er blickte Hannah an, die sich wortlos abwandte. Beim Auspacken fragte sich Sarah, ob sie sich wohl wegen der Farm gestritten hatten. Schließlich hatte Hannah beteuert, sie werde nicht die zweite Geige spielen. Lächelnd machte sich Sarah auf den Weg ins Wohnzimmer. Es war so schön, wieder hier zu sein, auch wenn ihr beim Anblick der leeren Regale, die früher Lotties Familienschätze beherbergt hatten, immer noch ein Schauder über den Rücken lief.
»Gibt es Neues von Piet?«, erkundigte sie sich, um ihr Unbehagen zu verbergen.
»Noch nicht. Allerdings ist mein Bruder nicht der Mensch, der große Worte macht, wenn es keinen Erfolg zu melden gibt. Du kennst ihn ja«, erwiderte Hannah. »Er wollte gleich nach dem Termin zurückkommen, falls es nicht zu stark regnet. Offen gestanden hoffe ich nicht mehr auf Unterstützung der Behörden und großen Organisationen. Sie interessieren sich nicht für uns. Unsere Probleme sind ihnen zu banal, und wir haben die falsche Hautfarbe.«
»Anthony hat mir von den Wilderern erzählt.«
»Tja, die beschränken ihre Umtriebe nicht auf Langani«, antwortete Hannah erbittert. »Das Abschlachten von Tieren wird hierzulande im großen Stil betrieben. Jeremy geht von einem Racheakt aus, aber ich glaube das nicht. Schließlich sind wir gute Arbeitgeber. Unsere watu wissen, was sie an uns haben. Ihnen geht es viel besser als den meisten Arbeitern auf den anderen Farmen. Außerdem wird das Wildreservat Touristen anlocken und neue Arbeitsplätze schaffen. Ich verstehe einfach nicht, warum uns niemand hilft.«
»Nichts geht voran«, fügte Lars hinzu. »Die neuen Politiker und Beamten amüsieren sich, spielen sich auf, genießen ihre Macht und machen sich wichtig, während sie in Wirklichkeit nur alles blockieren. So wird es noch eine Weile weiterlaufen, und das ganze Land leidet darunter.«
»Mag sein«, entgegnete Hannah und kehrte ihm den Rücken zu. »Aber ich denke trotzdem, dass es uns noch schlimmer trifft, weil sie uns nur als Afrikaaner sehen und uns für genauso dumm und dickfellig halten wie die Ochsen, die uns hierher gebracht haben. Und dabei sind Piet und ich hier geboren und kenianische Staatsbürger. Dafür gibt es keine Entschuldigung.«
»Iren haben denselben Ruf«, stimmte Sarah ihr
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