Himmel uber Langani
Überfall der shifta gegeben.«
Sie verständigten den obersten Wildhüter und kehrten zum Tatort zurück, um dort auf ihn zu warten. Sarah sah zu, wie er die Reifenabdrücke des Lastwagens der Wilderer fotografierte und die ausgeworfenen Patronenhülsen sowie weitere Beweisstücke sicherstellte. Sie erschauderte. Allmählich forderten der Schlafmangel und die Ereignisse der letzten Nacht ihren Tribut. So viel Tod, so viel Zerstörung. War das wirklich noch ihr Afrika?
»Es wäre nett, wenn Sie einen Bericht für mich schreiben könnten. Er sollte auch die Beobachtung Ihres Fährtenlesers enthalten«, riss sie der Wildhüter aus ihren Gedanken.
Sarah nickte und überlegte, was sie schreiben sollte. Wieder hörte sie die Todesschreie der Elefanten und sah die Leichen der Tiere, die sie zu lieben gelernt hatte, niedergemetzelt und verstümmelt, den Aasfressern und der Verwesung ausgeliefert. Bedrückt setzte sie sich auf das Trittbrett des Landrover und fing an, sich hin und her zu wiegen. Nach einer Weile gesellte sich Dan zu ihr.
»Jetzt reicht es«, sagte er in gütigem, aber strengem Ton. »Du musst dich zusammenreißen, Sarah. Es gibt eine Menge zu tun.«
»Sie hatten keine Chance! Ich wünschte, die Elefanten hätten die Schweinekerle angegriffen und sie zertrampelt. Ich habe Judith schreien gehört, Dan! Ihre Stimme hätte ich überall erkannt. Wenn sie aufgebracht war und losgestürmt ist, hatte sie einen durchdringenden Ton, der am Schluss nach oben ging. Das war bei keinem der anderen so.«
»Ich weiß. Es ist schrecklich. Nach einer Weile hängt man an ihnen wie an der eigenen Familie. Du hast eine anstrengende Nacht hinter dir. Am besten bringen wir dich jetzt zurück ins Camp, damit du duschen und dich hinlegen kannst. Anschließend schreibst du deinen Bericht. Die Wildschutzbehörde wird so viele Informationen wie möglich brauchen.«
Sarah holte tief Luft und versuchte sich zu beruhigen. »Glaubst du, man wird sie erwischen?«, fragte sie.
»Das bezweifle ich«, entgegnete Dan. »Diese Typen sind gewieft. Sie huschen über die Grenze, um ein bisschen zu wildern oder ein manyatta zu überfallen, wo sie das Vieh und die Frauen stehlen können. Manchmal töten sie auch ein paar moran und schneiden ihnen als Trophäen die Hoden ab. Und dann verschwinden sie wieder nach Somalia. Früher kamen sie zu Fuß, aber inzwischen besitzen sie Lastwagen. Ich bin ziemlich sicher, dass sie hier Komplizen haben, besonders wenn es darum geht, die Rhinozeroshörner und das Elfenbein zu verkaufen. Damit lässt sich viel Geld machen. Obwohl es verboten ist, kannst du sicher sein, dass dabei auf beiden Seiten der Grenze eine Menge Leute mitmischen – Politiker und Geschäftsleute ebenso wie gewöhnliche watu .«
»Man muss doch irgendetwas tun können, um ihnen das Handwerk zu legen!« Sarah bemerkte, dass ihre Stimme schrill klang.
»Es ist immer dieselbe alte Leier. Dazu wären mehr Wachen nötig, die sich die Wildschutzbehörde nicht leisten kann. Die Regierung ist korrupt und nicht fähig, so etwas zu organisieren. Außerdem bräuchten wir ein Naturschutzprogramm, das auch den hiesigen Stämmen nützt. Nur dann werden sie einsehen, dass es sinnvoller ist, die Wildtiere zu schützen, anstatt sie abzuschlachten.«
Dans Ton war sachlich, und Sarah erkannte, dass er ihr die Möglichkeit geben wollte, sich wieder zu fassen. Also stand sie auf, fest entschlossen, sich nicht mehr so gehen zu lassen. Dan betrachtete ihr staubiges, tränenverschmiertes Gesicht, und sie begriff, dass er sich Sorgen machte. Er half ihr beim Einsteigen.
»Ich weiß, wie viel dir die Elefanten bedeuten«, begann er, während er sich auf dem Fahrersitz niederließ. »Du möchtest sie schützen, koste es, was es wolle. Allerdings darfst du nicht vergessen, dass du in erster Linie Wissenschaftlerin bist.« Als sie ihm widersprechen wollte, unterbrach er sie. »Nein, jetzt hör mir mal zu, mein Kind. Deine Aufgabe ist es, die Tiere zu beobachten und Aufzeichnungen zu machen. Wir sind hier, um die Gewohnheiten dieser Herden zu studieren, ihr Verhalten zu verstehen und festzustellen, wie sie auf unterschiedliche Bedingungen reagieren. Für ihren Schutz können wir nur sorgen, wenn wir wissen, welches Ökosystem ihr Überleben sichert und welche Umstände sie am meisten gefährden. Ansonsten werden wir nicht weit kommen. Wir untersuchen das Leben der Elefanten in ihrer natürlichen Umgebung.«
»Aber was gestern Nacht geschehen ist, hatte nichts
Weitere Kostenlose Bücher