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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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Träger anmietete, um Lebensmittel, Zelte, Kochgeschirr und sonstiges Gepäck ins Landesinnere zu befördern. Sie hatte einmal gelesen, dass kaum ein Lasttier eine Reise durch Urwald und Steppe überlebte, Pferde schon gar nicht, höchstens Ochsen oder Maultiere, aber auch die wurden oft vom Fieber dahingerafft oder von wilden Tieren gerissen.
    Die weißen Jagdgenossen schienen sich um die Anmietung der Träger nicht weiter zu kümmern, diese Aufgabe hatte ein braunhäutiger Mann übernommen, der einen Turban und eine halblange, weite Hose trug.
    Niemand kümmerte sich um sie, als sie vorüberging, und sie war froh darüber. Nun verengten sich die Straßen, bildeten Winkel und scharfe Ecken; halb verfallene Häuser waren zu sehen, aus einigen hatte man Steine herausgeschlagen und auf Karren geladen, sie schienen als Baumaterial zu dienen. Eine Rikscha rollte an ihr vorbei; ein hölzerner Kasten auf zwei Rädern, ähnlich einer kleinen Kutsche, die aber nicht von einem Zugtier, sondern von einem Eingeborenen bewegt wurde. Unter dem Baldachin aus Stroh saß ein bärtiger Europäer der– o Wunder– eine schwarze Anzugjacke und sogar einen dunklen Hut trug. Ein Missionar? Sie hatte gehört, dass es hier eine evangelische und auch eine katholische Missionsniederlassung gab.
    Es war der einzige Weiße, dem sie bislang auf ihrem Weg begegnet war. Wie merkwürdig. Wo waren sie alle? Saßen sie in ihren Büros, in den Wohnungen oder im Afrika-Hotel bei einem ausgiebigen Mittagessen? Und wo waren ihre Frauen? Einige wenige sollte es ja geben, aber die schienen sich nicht aus ihren Wohnungen herauszubewegen– vielleicht ließen sie alle Besorgungen durch schwarze Angestellte erledigen.
    Ein gelber Hund kläffte sie an, gleich darauf kam ihr eine Rotte lachender, kreischender schwarzer Kinder entgegengerannt, die jedoch erstaunlich geschickt zur Seite wichen, um nicht mit ihr zusammenzustoßen. Der warme Küstenwind wehte ihr einen Duft entgegen, der ihr bekannt und zugleich doch fremd vorkam: eine Mischung aus erregend würzigen Aromen und fauligem Gemüse, aus süßen Orangen und nicht mehr ganz frischem Hühnerfleisch; auch Petroleum war darin und der Geruch nach bitteren Kräutern, deren Namen sie nicht hätte nennen können. Hier musste irgendwo ein Markt sein. Bald vernahm sie auch die typischen Geräusche, die nicht sehr viel anders waren als die, die sie von daheim kannte. Das Stimmengewirr war rascher und schien ihr fröhlicher, es war nicht die betulich breite Sprechweise der Ostfriesen, doch auch hier wurde ganz offensichtlich die Ware angepriesen, gelacht, gefeilscht, mit Herzblut und Eifer gehandelt.
    Der Markt fand sich unter einem breiten Strohdach, umgeben von Palmen, Buschwerk und einigen kleinen Steinhäusern, die ganz sicher nicht von den deutschen Kolonialherren erbaut worden waren. Entzückt blieb sie stehen, um das bunte, bewegte Bild in sich aufzunehmen. Hier war das Leben, hier war Afrika, und es war wundervoll in seiner Farbenpracht. Was für Früchte mochten das sein, die dort auf Tüchern am Boden ausgebreitet lagen? Sie leuchteten flammend rot und orange, andere waren von matten Blautönen, grasgrün, nussbraun. Sie konnte Kokosnüsse und ockergelbe, sehr kleine Bananen erkennen, seltsam geformte weiße und bräunliche Wurzeln, ovale hellgrüne Früchte von erstaunlicher Größe. Melonen? Kürbisse?
    Sie musste vorwärtsgehen, um kein Hindernis für die Marktbesucher zu bilden, schritt langsam und noch ein wenig unsicher an den Verkäufern vorüber. Es waren fast nur Frauen, viele hatten kleine Kinder dabei, bezaubernde, schokoladenbraune Putten, die sich an die Mutter schmiegten oder einfach schlafend am Boden lagen. Charlotte fasste Mut und fragte hier und da nach dem Namen der Ware, erkundigte sich nach dem Preis, befühlte und beroch diese oder jene Frucht, wie es auch die anderen Käufer taten, spürte die pralle, glatte Oberfläche einer Mango, die stacheligen Blätter der Ananas, berauschte sich an den Aromen, die bald süß, bald fahl, dann wieder säuerlich und frisch waren.
    Wie gern hätte sie einige der leckeren Früchte gekauft. Sie trug ihr Geld in einem Lederbeutel um den Hals, doch sie besaß deutsches Geld, noch dazu viele Scheine, und sie vermutete, dass die Marktfrauen Pesa oder Rupien haben wollten. Außerdem schien es ihr nicht sehr klug, ihren Schatz so in aller Öffentlichkeit hervorzuholen, denn auf Märkten trieb sich stets allerlei Diebesgesindel herum, das würde in

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