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Himmel über London

Himmel über London

Titel: Himmel über London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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das auch getan –, aber in den letzten Tagen war so viel aus der Bahn geraten, dass sie es einfach nicht über sich brachte.
    Und wozu wäre es auch gut gewesen? Was hätte sie sagen sollen? Er ist mein Bruder, ich bürge für ihn?
    Das hätte diese Leute doch nicht die Bohne interessiert.
    »Ich habe heute Abend einen wichtigen Termin«, informierte Gregorius die Beamten jetzt mit einer Stimme, die wohl verantwortungsvoll und überzeugend klingen sollte, aber eher zittrig und jämmerlich daherkam. »Es ist von größter Wichtigkeit, dass ich den nicht verpasse.«
    »Je eher wir hier fortkommen, umso größer ist die Chance, dass Sie rechtzeitig wieder hier sind«, erklärte der Polizist, der ihn festhielt, und dann machte sich die ganze Gesellschaft, bis auf die beiden an der Rezeption und die Japanerin, auf den Weg zum Ausgang.
    »Irina!«, rief Gregorius, als er sie entdeckte. »Gott sei Dank, erkläre doch diesen Leuten hier, dass alles nur ein Missverständnis ist!«
    »Sie ist meine Schwester«, fügte er hinzu.
    Der andere Polizist ging zu Irina. »Stimmt das? Sind Sie die Schwester dieses Mannes?«
    Irina nickte und konnte endlich die Zunge vom Gaumen lösen, an dem sie schon seit einer ganzen Weile klebte. »Ja … das stimmt. Und er … er hat wirklich heute Abend einen wichtigen Termin. Wir werden um halb acht Uhr hier am Hotel abgeholt. Es ist … deshalb sind wir überhaupt hier in der Stadt.«
    Der Polizist schaute auf die Uhr. »Wenn er kooperiert und uns erklärt, was er getan hat, dann kann er rechtzeitig wieder hier sein.«
    »Scheiße, ich bin unschuldig«, stöhnte Gregorius.
    Der Polizist ließ Irina nicht aus den Augen. »Sagen Sie ihm, dass ihm seine Flüche nicht helfen. Absolut nicht.«
    Sie starrte ihren Bruder an und schüttelte den Kopf. Er starrte zurück, öffnete den Mund, aber ihm fiel offenbar nicht ein, was er eigentlich sagen wollte, denn er schloss ihn wieder. Sie dachte, dass er aussah, als säße er bereits im Gefängnis.
    Dann führten sie ihn hinaus zu dem wartenden Wagen. Das Mädchen und der Hund krochen auf die Rückbank eines anderen Autos, das soeben vor dem Eingang hielt. Aber erst, nachdem der Hund sein Bein am Hinterreifen gehoben hatte.
    Irina Miller blieb stehen und schaute ihnen hinterher. Als sie verschwunden waren, lief sie hoch in ihr Zimmer und dachte, dass sie das Spiel nicht mehr mitspielen wollte.

57

    L eya beendete ihre Arbeit bei der Bank um halb sechs Uhr. Bis dahin hatte sie für sich auch die Frage beantwortet, was sie tun sollte, und als sie auf die Kensington High Street trat, winkte sie sich sofort ein Taxi heran, bat den Fahrer, zum Rembrandt am Thurloe Place zu fahren, und zehn Minuten später stand sie vor dem Hoteleingang.
    Bevor sie eintrat, versuchte sie es noch einmal auf Milos’ Handy. Es war das siebte oder achte Mal, und wieder bekam sie keine Antwort. Sie hatte drei SMS geschickt, aber auch auf die gab es keine Reaktion.
    Wenn er mich reingelegt hat, dann ist es halt so, dachte sie. Aber ich muss es wissen.
    Sie ging zur Rezeption, wartete geduldig, während die blonde junge Frau hinter dem Tresen einem älteren Mann und einer noch älteren Frau, die einen einen Quadratmeter großen Stadtplan vor sich ausgebreitet hatten, das eine und das andere erklärte.
    »Entschuldigung«, sagte sie, als das Paar endlich zufrieden war und sich zum Ausgang getrollt hatte, »ich mache mir Sorgen wegen eines Ihrer Gäste. Milos Skrupka. Wenn er nicht auf seinem Zimmer ist, fürchte ich, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte.«
    Die junge Frau sog die Wangen ein und schien zu überlegen, ob sie Leya abspeisen sollte oder nicht. Erst einmal kontrollierte sie, ob Mr. Skrupka wirklich im Hotel wohnte.
    »Möchten Sie, dass ich auf seinem Zimmer anrufe?«
    »Ja, bitte.«
    Sie tat es, wartete einige Freizeichen ab und legte dann auf.
    »Tut mir leid. Er scheint nicht im Hause zu sein.«
    »Könnten wir einmal hochfahren und nachsehen?«
    Die Frau von der Rezeption räusperte sich und überlegte erneut.
    »Wer sind Sie? Ich muss Sie bitten …«
    »Ich bin seine Freundin«, erklärte Leya und zeigte ihren Ausweis. »Ich glaube, es ist ihm etwas zugestoßen. Aber es scheint mir dumm zu sein, die Polizei anzurufen, bevor wir nicht in seinem Zimmer nachgesehen haben.«
    »Die Polizei?«, fragte die junge Frau und klang plötzlich ganz erschöpft. »Ja, doch, natürlich. Warten Sie kurz, ich rufe einen Kollegen.«
    Innerhalb von weniger als einer Minute tauchte

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