Himmel über London
das Hotel heißt und wo es liegt. Dein Arbeitsplatz, der ist doch irgendwo hinterm Central Park, oder?«
»Das stimmt«, bestätigte Leya. »Aber es heißt Kensington Gardens.«
»Ach so?«, sagte Milos. »Ja, ehrlich gesagt fühle ich mich ein wenig schwindlig. Aber das geht sicher vorbei. Was glaubst du, was werden die sagen, wenn ich zu der Feier mit einem Verband um den Kopf komme?«
»Die?«, fragte Leya nach, »wir wissen doch nicht einmal, wer die sind, oder?«
Milos seufzte. »Nein, da hast du auch wieder Recht. Weißt du, wenn ich darüber nachdenke, dann habe ich fast das Gefühl, als würde ich die ganze Zeit nur träumen. Und als ich im Krankenhaus lag und schlief, da habe ich wirklich etwas Merkwürdiges geträumt.«
»Was denn?«
»Ich habe geträumt, dass ein Mensch in meinem Kopf saß … ein anderer Mensch. Er hat über alles bestimmt, was mit mir passiert … alles, was ich denken, sagen und tun sollte, und es war … ja es schien fast, als würde er mein ganzes Leben lenken. Darüber bestimmen, es lenken und sich mit allem beschäftigen.«
Leya dachte eine Weile nach. »Aber warst du das nicht selbst, der da saß?«
»Über diese Möglichkeit habe ich auch nachgedacht«, sagte Milos. »Aber ich hatte den Eindruck, es war jemand anderes. Das war wirklich ein bisschen unheimlich.«
»Vielleicht lag es an dem Schlafmittel, das sie dir gegeben haben«, schlug Leya vor und drückte seine Hand. »Es kann Stunden dauern, bis das wieder aus dem Körper ist.«
»Das wird es wohl sein«, sagte Milos. »Weißt du, Leya, ich liebe dich, habe ich dir das schon gesagt?«
»Das hast du letzte Nacht gesagt«, erinnerte Leya ihn. »Ich liebe dich auch, Milos.«
Er wollte gerade seinen Arm um sie legen und sie küssen, da wurden sie von dem Piepsen ihres Handys unterbrochen. Sie entschuldigte sich und zog es aus der Manteltasche.
»Wie merkwürdig …« Sie schaute aufs Display.
»Was ist merkwürdig?«, fragte Milos.
»Ich habe gerade eine SMS gekriegt, von … dir!«
»Von mir?«, fragte Milos. »Aber ich habe es doch verloren …«
»Lass sie mich erst einmal lesen«, sagte Leya. »Hallo, Leya. Ich habe dieses Handy gefunden, und ich nehme an, dass du den kennst, dem es gehört. Wo kann ich es abgeben? Wohne in Richmond. Karen.«
»Das ist ja toll«, sagte Milos. »Ich muss es verloren haben, als ich niedergeschlagen wurde. Schlau, meine letzten Gespräche zu überprüfen. Wir rufen sie an und verabreden uns mit ihr.«
»Ich glaube, eine SMS reicht«, sagte Leya. »Ist ja witzig, dass sie in Richmond wohnt, schließlich sind wir gerade auf dem Weg dorthin.«
Sie beugte sich vor, öffnete das kleine Fenster und bat den Fahrer, die Zieladresse zu wiederholen. Dann schrieb sie Karen eine Nachricht, dass der Besitzer des Handys sich den ganzen Abend im Terracotta Restaurant am Paved Court befinden würde und dass sie sie gern irgendwo in der Nähe treffen würden oder wo es ihr passte.
»Dann habe ich auch etwas zu tun, während du auf der Feier bist.«
»Willst du denn nicht mitkommen?«
»Nie im Leben«, wehrte Leya ab. »Ungebeten auf eine Geburtstagsfeier kommen, bist du nicht ganz gescheit? Aber es gibt in Richmond ja wohl auch Cafés und Kneipen.«
»Sag ihr, dass es einen Finderlohn gibt!«, sagte Milos.
»Okay«, stimmte Leya zu und tippte ein: Verspreche eine Belohnung für die Mühen, vielen Dank!
Und bevor Milos endlich seinen Arm um sie legen konnte, war die Antwort schon da:
Wie witzig. Ich wohne gleich um die Ecke. Lasse von mir hören. K.
»Das ist ja merkwürdig«, sagte Milos. »Fast zu schön, um wahr zu sein.«
Und Leya hatte inzwischen eine Falte zwischen den Augenbrauen bekommen. »Finde ich auch«, sagte sie. »Fast zu schön. Dieser Mann, der dich niedergeschlagen hat, hast du irgendwas von ihm sehen können?«
»Kein bisschen«, sagte Milos. »Aber die Mädchen haben gesagt, dass er einen langen Mantel trug und dass er sofort weggerannt ist, als er merkte, dass er beobachtet worden war.«
»Hm«, überlegte Leya, und die Falte glättete sich. »Weißt du, ich finde, du siehst richtig flott aus mit deinem Verband. Wie ein Scheich oder so.«
66
D as Terracotta Restaurant war nicht groß, hatte aber den Ruf, ein Lokal für Feinschmecker zu sein. Da es nur Platz für zirka fünfzehn Gäste bot, hatte Leonard das ganze Etablissement gemietet, und als er zusammen mit Maud hereinkam und den schön gedeckten Tisch mit sechs Gedecken, vier Gläsern an jedem Teller,
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