Himmel über Tasmanien
– und wie du schon gesagt hast, sind deine Umstände anders als meine.« Sie blies eine Rauchwolke an die mit Zierleisten versehene Decke. »Außerdem muss deine Gesundheit in Betracht gezogen werden.«
»Die Vorlesung über den desolaten Zustand meines Herzens hatte ich schon«, sagte Lulu und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Und ehrlich gesagt, kann ich sie bald nicht mehr hören.«
»Es ist eine Tatsache, Lulu. Das kannst du nicht ignorieren.«
»Ich weiß, aber es hat mir ja auch nicht geschadet, als Clarice mich vor all den Jahren hierhergebracht hat – und der Arzt sagt, ich sei jedes Mal, wenn er mich sieht, kräftiger.«
»Das sind ausgezeichnete Neuigkeiten.« Dolly legte den Kopf schief und schaute sie unverwandt an. »Hast du mit Bertie über diese schwierige Frage gesprochen?«
»Das hat keinen Sinn, bis ich einen Entschluss gefasst habe, und wenn ich beschließe zu bleiben, dann hat sich ja nichts geändert. Ich werde die Provisionen einstecken, das Geld auf die Bank tragen und die Ausstellungsstücke für das nächste Jahr in Angriff nehmen.«
»Du klingst nicht furchtbar überzeugt , Schätzchen, und Bertie wird vor Wut schier platzen , wenn du ihn über deine Pläne nicht auf dem Laufenden hältst. Was hat Maurice dazu gesagt? Ich nehme doch an, du hast mit ihm gesprochen?«
»Wir hatten heute Morgen einen ganz furchtbaren Streit«, gestand sie. »Er sagte mir, ich sei verrückt, auch nur daran zu denken, und zählte mir die Gründe auf, warum ich in England bleiben sollte.« Lulu lächelte schief. »Ich wurde den Eindruck nicht los, dass sein Rat eher seinen Bedürfnissen Rechnung trug als meinen. Aber so ist Maurice nun mal.«
Dollys Miene verhärtete sich. »Es wäre gut für ihn, wenn er ausnahmsweise mal auf eigenen Füßen stehen würde. Solange du in der Nähe bist, stützt er sich einfach auf dich, und ich habe schon oft gedacht, wie ermüdend diese Verantwortung sein muss. Fast so, als hätte man ein schwieriges Kind.«
»Ich weiß, du hältst Maurice für einen Parasiten, was er in gewisser Weise auch ist, aber ich weiß noch, wie er mal war, und kann ihn nicht einfach beiseiteschieben, so wie du es mit Freddy machst.«
»Warum bist du auf einmal so besorgt um Freddy?« Die grünen Augen blitzten. »Läuft da was zwischen euch?«
»Sei nicht albern, Dolly. Du bist heute ganz offensichtlich nicht gut drauf, und wenn du unbedingt Streit anfangen willst, gehe ich.«
»Blieb hier.« Dolly ergriff ihre Hand. »Tut mir leid, Schätzchen, ich hab’s nicht so gemeint.« Sie legte den Kopf schief und sah Lulu flehentlich an. »Verzeihst du mir?«
»Mach ich doch immer«, murmelte Lulu, »aber manchmal stellst du sogar die Geduld eines Heiligen auf die Probe, Dolly.«
Dolly lächelte und zuckte mit den Schultern, bevor sie unter einem Stapel Zeitungen und abgelegten Briefen nach ihrem Portemonnaie kramte. Sie nahm eine Münze heraus. »Ich möchte ein Experiment durchführen«, sagte sie geheimnisvoll. »Das habe ich schon oft gemacht, wenn ich vor einer schwierigen Entscheidung stand, und es lässt mich selten im Stich.«
»Meine Entscheidung kann nicht durch den Wurf einer Münze getroffen werden«, protestierte Lulu.
»Wir werden sehen.« Dolly warf die Münze hoch und fing sie auf dem Handrücken ein. Sie schaute Lulu durchdringend an. »Und jetzt möchte ich, dass du dich wirklich konzentrierst, Lulu, und den Wurf dieser Münze als Entscheidung behandelst, die du nicht zurücknehmen kannst – das Ergebnis ist endgültig, es gibt keine Alternative.«
Lulu hielt das für Unsinn, beschloss aber, mitzuspielen. Doch als sie ihre Gedanken auf einen Punkt richtete, war sie überrascht, wie sehr sie darauf bedacht war, die Münze willentlich zu zwingen, ihr eine Lösung anzubieten. »Na schön. Kopf heißt, ich fahre. Zahl, ich bleibe.«
»Bist du bereit?«
Lulu nickte, den Blick fest auf die Hände der Freundin gerichtet, die sich öffneten, um die Münze aufzudecken.
»Zahl.« Dolly betrachtete sie ernst. »Was ist deine spontane Reaktion?«
»Enttäuschung«, gab sie zu, »Verlust, Bedauern – eine furchtbare Traurigkeit.«
»Das dachte ich mir – und diese erste Reaktion ist vielsagend. Du wusstest die ganze Zeit, dass du fahren musstest – nenn es Neugier, Heimweh, das Bedürfnis nach Unabhängigkeit, was auch immer –, aber bis zu diesem Augenblick hattest du Angst, es zuzugeben.«
»Was ist mit Clarice, Bertie und Maurice?«
»Diese Entscheidung haben
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