Himmel un Ääd (German Edition)
sich als
Restaurant-Scout. Er wird von Personen oder Firmen engagiert, die geeignete
Objekte für die Gastronomie suchen. Da Eilert landesweit
›All-inclusive‹-Restaurants eröffnen will, ist es Pfeifers Job, dafür die
richtigen Immobilien zu finden.«
Das war nun
wirklich etwas Neues. Ich dachte sofort an Minkas Schulheft. Hatte sie die
»Weiße Lilie« im Auftrag von Pfeifer ausgekundschaftet? Hatte Pfeifer sie als
Standort für die rechtsrheinische »All-inclusive«-Filiale festgelegt? Und was
für Vorgaben hatte Eilert Pfeifer gemacht? Es war an der Zeit, Brandt endlich
von Minkas Heft zu erzählen. Vielleicht bot es ihm Aufschlüsse, die mir
verborgen blieben.
»Ich will jetzt
gar nicht wissen, warum Sie mir nicht schon viel früher von diesem Heft erzählt
haben.« Brandts Stimme klang ein wenig vorwurfsvoll. Dann trank er einen
Schluck Wein und überlegte. »Und das hört sich tatsächlich nach zwielichtigen
Methoden an. Aber bitte schön, Frau Schweitzer! Mit diesem
Wirtschaftsgemauschel wollen Sie doch nicht ernsthaft die Verdachtsmomente
gegen Herrn Matuschek entkräften!«
»Und was ist mit
dem ›El Solare‹? Haben Sie Pfeifer danach gefragt?«
»Am Anfang einer
Ermittlung gibt es Tausende von Spuren und Hinweise. Immer muss man sich
entscheiden, welcher man zuerst und welcher man als Nächstes nachgeht. Manchmal
hat man Glück, und man erwischt früh den richtigen Faden, manchmal eben nicht«,
holte Brandt aus. »Bei meinem ersten Gespräch mit Thomas Pfeifer habe ich
diesem Prospekt in Frau Nowaks Wohnung noch keine Bedeutung beigemessen. Das
wurde erst interessant, als wir es auch in Matuscheks Unterlagen und bei Frau
Mombauer gefunden haben.« Er verschränkte seufzend die Arme hinter dem Kopf und
lächelte dann erfreut die Bedienung an, die ihm seinen Nachtisch auf den Tisch
stellte. »Natürlich werde ich Pfeifer zum ›El Solare‹ befragen«, versicherte er
mir, bevor er zum Löffel griff.
»Wissen Sie, wo
dieser Pfeifer wohnt?«
Brandt atmete tief
durch und legte den Löffel zur Seite. »Ich war in diesem Gespräch sehr offen
und habe Ihnen vieles erzählt, was ich eigentlich nicht durfte. Weil ich Ihnen
glaube, dass Sie mir bei der Aufklärung helfen wollen. Aber es gibt Grenzen …«
»Minka hat Arîn
erzählt, dass er in luftigen Höhen wohnt.«
Brandt grinste und
griff wieder zum Löffel.
»So viele
Möglichkeiten gibt es doch in Köln gar nicht, wenn man über den Dächern der
Stadt wohnt. Das AXA -Hochhaus, der
Gerling-Bleistift, das Uni-Center, das Herkules-Hochhaus.«
»Sie vergessen
Chorweiler, den Köln-Berg, und ich weiß nicht was.«
»Die liegen alle
an der Peripherie. Von dort aus hat man keinen Blick über die Dächer der
Stadt.«
Brandt gab mir
nicht den kleinsten Hinweis, seine Auskunftsfreude war erschöpft. Er vertiefte
sich in seinen Nachtisch. Ich rührte meinen Espresso und beobachtete ihn. Er
war ein guter Esser. Die Augen auf den Teller gerichtet, schabte er sich eine
Mischung aus Sabayon, Sorbet und Beeren auf den Löffel, schob diesen in den
Mund, nicht ohne vorher daran zu schnuppern. Er schluckte die Mischung nicht
sofort hinunter, sondern ließ sie zuerst auf der Zunge zergehen. Ich versuchte,
ihn mir in seinem Schrebergarten vorzustellen oder als nächtlichen
Kartoffelpflanzer auf einem Verkehrskreisel. Es gelang mir nicht.
»Wollen Sie
probieren?«, bot er mir wieder an.
Ich lehnte dankend
ab und trank nur einen winzigen Schluck Espresso. Der Kaffee war eine
Fehlbestellung gewesen, ich wollte mich nicht mehr aufputschen. Das Gespräch
hatte mich erschöpft, mir war nicht mehr nach Reden, zumindest nicht über
schwierige Dinge.
»Guerilla-Gärtnern«,
sagte ich. »Ich habe mal einen Film gesehen über Hühnerhaltung auf den
Dachgärten von Manhattan und Tomatenspaliere in Pariser Straßen.«
»Sie müssen gar
nicht in die Ferne schweifen. In Köln gibt es das auch schon«, berichtete
Brandt, und seine Augen bekamen den gleichen Glanz wie in den Momenten, wo ihm
ein neuer Gang serviert wurde. »Schon vor Jahren hat Pfarrer Meurer die
Vingster aufgefordert, die Flächen rund um die Straßenbäume zu bepflanzen.
Herausgekommen sind viele individuelle Straßengärten. In den Kreisel Ecke
Bonner und Teutoburger Straße hat ein Scherzkeks eine Bananenstaude gepflanzt,
die sogar, dank eifriger Pflege, den letztjährigen harten Winter überstanden
hat. Und die Brache der ehemaligen Dom-Brauerei in Bayenthal, die den Anwohnern
schon lange ein Dorn im
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