Himmel un Ääd (German Edition)
und hinunterschauen auf die Welt
zu unseren Füßen. Auf die Insel Nonnenwerth, die wie ein großes gülden
gefärbtes Blatt im silbernen Band des Rheins glänzt. Der Fluss und die Weite
für Ecki, die feste Burg und den Boden unter den Füßen für mich. Sich an den
Händen halten, still sein, die Zeit vergessen, wissen, dass dies Glück ist.
Weil nichts fehlt, weil alles gut ist.
Der Geschmack von
Salz vertrieb die Bilder. Ich schreckte hoch und merkte, dass ich meine Tränen
abgeleckt hatte, doch zumindest das T-Shirt klebte mir nicht wieder am Leib,
und mit einem Mal wusste ich: Die Hitzewallungen waren keine Boten der
Wechseljahre, und dieses Foto von Ecki und Minka war falsch. Eine Montage, ein
Fake, heute ließ sich so etwas problemlos machen. Alles ließ sich heute
fälschen. Angela Merkel mit Adenauer am Frühstückstisch, Lenin mit Hitler Arm
in Arm, Osama bin Laden zu Füßen von Barack Obama, Minka mit Ecki im Kuss
vereint, alles kein Problem für einen, der geschickt war. Jemand wollte Ecki
und mich auseinanderkriegen. Jemand trieb ein verdammt mieses Spiel mit uns.
Aber so leicht ließ ich mich nicht ins Bockshorn jagen.
Noch einmal
telefonierte ich mit Eckis Mailbox. »Ich weiß, dass man uns linken will, mein
Liebster. Wir haben schon so viel miteinander durchgestanden. Wir klären das.
Ruf mich an, uns kann niemand auseinanderbringen.«
Bestimmt war sein
Akku leer. In der Hoffnung, dass Ecki vielleicht bei ihm untergekrochen war,
rief ich Benedikt, Eckis einzigen Wiener Kumpel in Köln, an. Der war nicht
ausgeschlafen und mies gelaunt. So erfuhr ich nur, dass er seit Wochen nichts
von Ecki gehört hatte und jetzt wieder ins Bett musste. Ich dagegen schleppte
mich unter die Dusche, rüstete mich mit frischen Kleidern, kochte Kaffee und
briet mir Speckeier. Ich brauchte Kraft für den Tag.
FÜNF
Ich suchte mein
Auto. Es stand nicht am Von-Sandt-Platz, wo ich sonst meist noch irgendwo einen
Parkplatz fand. Ich lief die Siegesstraße bis zum Finanzamt hinunter, ohne es
zu entdecken. Hatte ich es auf dem Gotenring im absoluten Halteverbot geparkt?
Hatte ich damit einen Unfall gebaut? Sosehr ich mich auch anstrengte, ich
erinnerte mich nicht daran, wie ich gestern Nacht nach Hause gekommen war. Die
Zeit zwischen dem Betrachten von Brandts Foto und dem Öffnen der Haustür in der
Kasemattenstraße füllte nichts als ein schwarzes Loch.
Am Gotenring
parkierten wie immer einige Wagen im absoluten Halteverbot, aber nicht meiner.
War die Karre abgeschleppt worden? Oder sollte ich so klug gewesen sein, den
Wagen vor der »Weißen Lilie« stehen zu lassen? Bevor ich die Telefon-Odyssee
durch die Kölner Abschleppfirmen in Angriff nahm, wollte ich in Mülheim
nachsehen.
Am Stadthaus nahm
ich die Linie 4 und ließ mich damit zur Keupstraße bringen. Alle Zeitungen, die
um mich herum gelesen wurden, titelten mit der Finanzkrise. Mehrmals las ich,
dass die Kanzlerin sauer auf Griechenland war. Die Märkte, die Experten, die
Politiker, überhaupt alle waren in Sorge um den Euro. Entgegen der allgemeinen
politischen Großwetterlage hatten meine persönlichen Sorgen ausnahmsweise mal
nichts mit Geld zu tun.
Die kleinste
meiner Sorgen wurde ich schnell los. Mein Wagen stand tatsächlich brav zwischen
zwei Bäumen vor dem Spielplatz, wo ich ihn gestern nach dem Besuch bei der
Polizei abgestellt hatte.
Als das geklärt
war, drängten sich die größeren Sorgen in die erste Reihe. Wer hatte die
Fotomontage von Ecki und Minka gemacht? Oder sie in Auftrag gegeben? Was für
eine Rolle spielte Minka dabei? Hatte dieses Foto etwas mit ihrem Tod zu tun?
Fragen über Fragen und nicht die leiseste Idee einer Antwort. Wieder wählte ich
Eckis Nummer, diesmal hörte ich, dass der Teilnehmer zurzeit nicht erreichbar
sei. Hatte er das Handy ausgestellt? War sein Akku leer? Wo steckte er?
Autohupen ließ
mich zusammenfahren, Herr Yildiz parkte seinen Getränkelaster vor der Tür der
»Weißen Lilie«. Stimmt, heute war Donnerstag, Yildiz kam immer am Donnerstag,
nur ich hatte heute nicht an ihn gedacht.
»Schützenfest …«
Yildiz deutete beim Aussteigen auf die blau-weiß-roten Fähnchen, die im
Zickzack über die Straße gespannt waren. Fähnchen, die jedes Jahr zum
Schützenfest aufgehängt wurden. Auch die hatte ich bisher nicht gesehen. »Wenn
die Schützen in den nächsten Tagen so ein Wetterchen haben, dann geht im Festzelt
ordentlich Kölsch weg. Das ist ein Sönnchen, was, Frau Schweitzer?«
Stimmt, auch dass
die
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