Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
Vom Netzwerk:
heißem Sommertag, unverkennbar
Ecki.
    »Ecki?«, rief ich
leise.
    Ich drehte eine
Runde durch die dunkle Wohnung, fand ihn weder in der Küche noch im Wohnzimmer.
Für einen Augenblick hatte ich wirklich gedacht, er sei noch hier und ich
könnte ihm endlich mein wundes Herz entgegenstrecken, ihm den Kopf waschen, ihn
ohrfeigen, ihn auf die Knie zwingen und ihn mit all den Vorwürfen und Fragen
bombardieren, die sich in den letzten Tagen angehäuft hatten.
    Wieder hatte er
mich enttäuscht. Wenn er aber nicht meinetwegen zurückgekommen war, was hatte
er dann gesucht? Ich riss Schranktüren und Schubladen auf. Zwei Hemden, drei T-Shirts,
die Sportschuhe fehlten und der Reisepass, der in der zweiten
Schreibtischschublade immer obenauf lag. Fiebrig fuhr ich den Rechner hoch und
sah mir die zuletzt aufgerufenen Seiten im Internet an. Fluggesellschaften, die
Flüge nach Übersee anboten. Da wollte sich einer aus dem Staub machen.
    Die wirre
Aufregung, die das frische Heu in mir ausgelöst hatte, das kurzfristige Hoffen
und Bangen, das dann folgte, all das reduzierte sich auf ein einziges Gefühl:
Wut. Ich kochte, ich schäumte, ich spuckte Feuer, als ich nach meinem Handy
griff und Eckis Nummer wählte.
    »Untersteh dich,
hier noch einmal aufzulaufen, du widerlicher Feigling«, drohte ich der Mailbox.
»Du elender Betrüger, du Miesnick, du Pissnelke, du strunzdummer
Schlappschwanz, du Volltrottel, du Waschlappen!«
    So lärmte ich
weiter auf die seelenlose Box ein und trat dabei gegen die Wand, bis mir der
Fuß wehtat und die Schimpfworte ausgingen. Das Schimpfen und Treten verhalf mir
zu einem Gefühl der Leere, das der Müdigkeit Platz machte. Ich warf mich aufs
Bett, vergrub den glühenden Kopf im Kissen und schlief tatsächlich ein.
    Ich träumte von
kernigen Masseuren inmitten von Weizenfeldern und von auf Kellnern reitenden
schwarzen Witwen, die diesen gern die Peitsche gaben. Wirres Zeugs, wie ich am
nächsten Morgen merkte, als mich das Telefon aus dem Bett klingelte.
    »Ja«, nuschelte
ich schlaftrunken, die kernigen Masseure und reitenden Witwen noch genau vor
Augen.
    »Oh, habe ich Sie
geweckt? Ist zehn Uhr morgens für Köche eine unchristliche Zeit?«, erkundigte
sich Sabine Mombauer. Ihre Stimme klang viel frischer, als ich sie in
Erinnerung hatte.
    »Schon zehn Uhr?«,
wunderte ich mich und tastete nach meinem Wecker.
    Tatsächlich.
    »Sie können sich
vorstellen, dass ich gestern not amused war, als Sie
mich mit dem Vertrag in der ›Weißen Lilie‹ haben sitzen lassen«, begann sie,
und sofort war wieder ein vorwurfsvoller Ton in ihrer Stimme.
    War das erst
gestern gewesen?, staunte ich. Es fiel mir schwer, die Ereignisse der letzten
Tage zeitlich einzuordnen.
    »Aber dann habe
ich mit Irmchen gesprochen, die mir von Ihren Sorgen und Nöten erzählt hat. Ich
wusste ja nur von Ihrer ermordeten Spülfrau. Wie furchtbar, die Sache mit Ihrem
Freund!«
    Die Wohnung, der
Pachtvertrag, die Zukunft der »Weißen Lilie«. Für mich allein würde ich die
Wohnung auf keinen Fall mieten wollen. Wieder kochte die Wut auf Ecki hoch, der
all diese schönen Pläne zerstört hatte.
    »Männer, da könnte
ich Ihnen auch Geschichten erzählen«, griff Frau Mombauer das Thema auf. »Nur
leidvolle Erfahrungen. Was glauben Sie, warum ich allein lebe? Mein vorletzter
ist sang- und klanglos aus meinem Leben verschwunden, nachdem ich
herausgefunden hatte, dass eine andere von ihm schwanger war. Dabei hatten wir
schon von Zusammenziehen gesprochen. Und mein letzter hatte es nur aufs Geld
abgesehen. Und dann war da noch der Supermarktchef aus Euskirchen, dem ich jede
freie Minute widmen sollte.«
    Die kernigen
Masseure und peitschenden Witwen galoppierten aus meinen Kopf hinaus, ich
konnte also Frau Mombauer zuhören. Aber ich verstand nicht, warum und wieso sie
bereitwillig ihr unglückliches Liebesleben vor mir ausbreitete.
    »Kurzum,
menschliche Enttäuschungen sind mir nicht fremd, da bin ich eine Schwester im
Leid sozusagen. Und als alte Feministin ist für mich Frauensolidarität nicht
nur ein hohles Wort«, sprudelte es weiter aus ihr heraus.
    War das ein
Angebot, dass ich mich bei ihr ausheulen konnte, oder was? Nie und nimmer!
Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, dachte ich und
sagte: »Frau Mombauer, ich kann die Wohnung Ihres Vaters nicht mieten.«
    »Das verstehe ich
doch, was meinen Sie, warum ich Sie anrufe?«
    Sie lachte, so wie
man lachte, wenn das Gegenüber schwer von Kapee war. Irgendwie

Weitere Kostenlose Bücher