Himmels-Taler
nicht, wie du ausgerechnet jetzt darauf kommst«, bemerkte Dolph, »aber soll das heißen, daß du unsere Verlobung auflöst?«
»Natürlich nicht!« rief sie empört. »Warum sollte ich?«
»Ich weiß es nicht. Aber wenn du dich schuldig fühlst…«
»Dolph, das ist eine arrangierte Verlobung, und das weißt du auch. Der Preis, den mein Vater dafür verlangte, um dir zu helfen. Du hast die Sache sehr gut bewältigt. Ich bin sicher, daß wir es hinbekommen. Aber…«
Er versuchte ein verlegenes Lachen, doch es gelang ihm nicht. »Na ja, wenn wir schon dabei sind… Ich weiß ja, daß ich noch sehr jung bin, aber das bist du auch, und es könnte schon stimmen, daß ich dich…«
»Ach, Dolph, bitte! Ich wünschte…«
»Ich weiß auch, daß wir nur Kinder sind, aber wenn du mich so magst, wie ich dich mag, dann könnten wir das mit der Zeit vielleicht wirklich so nennen…«
»Dolph, ich…«
»Es ist eine arrangierte Verlobung, genau wie du sagst. Wir sind uns nie zuvor begegnet. Wir hätten einander auch verabscheuen können, dennoch wäre es eine gute Verbindung. Ich bin ein Prinz, davon verstehe ich etwas. Mein Großvater König Trent hat meine Großmutter Königin Iris auch nicht geliebt; er hat sie geheiratet, damit sie den Thron sichern und ihm einen Erben bescheren würde. Meine Mutter Irene hat meinen Vater Dor gehaßt, als sie noch Kinder waren, aber sie wollte ihn heiraten, um sich mit ihm den Thron zu teilen.«
»Ja«, sagte Nada matt.
»Aber dann haben Dor und Irene sich trotzdem ineinander verliebt. Manchmal geschieht so etwas. Meine Eltern waren erwachsen geworden, als es ihnen passierte. Es könnte auch uns passieren. Jetzt sind wir vielleicht noch zu jung, aber wenn wir erst einmal älter geworden sind…«
»Nein«, sagte sie, und wieder brach sie in Tränen aus.
»Ich begreife, daß du mich jetzt nicht… nicht magst, aber wenn…«
»Ach, Dolph, und ob ich dich mag!« rief sie. »Ich finde, du bist wunderbar! Aber ich werde dich niemals lieben.«
»Woher willst du wissen, was du empfinden wirst, wenn du erst einmal erwachsen bist und ich auch? Vielleicht wird dann…«
»Ich bin doch schon fast erwachsen«, sagte sie.
Er sah sie verblüfft an. »Aber…«
Sie atmete tief ein, riß sich zusammen und sagte mit fester Stimme: »Ich wollte nicht, daß du es jemals erfährst, aber nun ist es zu wichtig geworden, und ich will dich nicht belügen. Ich bin vierzehn Jahre alt.«
Dolph war wie vor den Kopf gestoßen. »Das kann unmöglich sein!«
»Wenn du dich selbst davon überzeugen willst, kann ich in meiner Mädchengestalt auch mein natürliches Alter annehmen. Ich kann in eine jüngere Gestalt zurückkehren, weil ich sie bereits hinter mir habe, kann mich aber nicht älter machen, als ich bin.«
»Äh, ja«, sagte Dolph. Ausdrücken wollte er damit, daß er diese Art von Begrenzung kannte; auch er hatte bisher nie die Gestalt eines Erwachsenen annehmen können, ob als Mensch oder als Tier.
Sie aber verstand sein Stottern als Aufforderung, ihr natürliches Alter anzunehmen. So nahm sie erst die Naga- und dann die Mädchengestalt an.
Dolph fielen fast die Augen aus dem Kopf. Sie war eine junge Frau, nicht so üppig wie Vida Vila oder Mela Meerfrau, aber mit Sicherheit alt genug, um den Storch rufen zu können. Tatsächlich glich sie seiner großen Schwester Ivy.
Entsetzt wandte er sich ab. Einen schlimmeren Verrat hätte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausmalen können. Sie war schon die ganze Zeit so alt gewesen!
»Dolph, Dolph!« rief sie. »Laß mich dir wenigstens erklären, warum!«
Wie betäubt ging er von ihr fort. »Dein Vater brauchte die Verbindung, und daher hast du dein Alter gefälscht«, sagte er kalt. »Ich verstehe schon.«
Sie folgte ihm. »Ach, Dolph, ich bitte dich, bitte löse die Verlobung nicht auf! Ich tue alles, was du willst!«
Er drehte sich zu ihr um. »Ich mag vielleicht ein Kind sein, aber ich bin auch ein Prinz. Ich habe mein Wort gegeben. Deine Leute haben ihren Teil geleistet. Ich werde die Verbindung nicht lösen. Wir bleiben so lange verlobt, bis du die Verbindung aufkündigst.«
Sie sank zu Boden, immer noch strömten die Tränen. »Oh, danke, Dolph! Ich bin ja so dankbar.«
Sein Herz fühlte sich an wie Stein. Er verabscheute es, sie so mitansehen zu müssen, in Tränen, auf dem Boden liegend und erwachsen. Es war ihm peinlich, ganz abgesehen von dem Schmerz, den der Verrat in ihm hinterließ. »Bitte, tu das nicht.«
»Ja,
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