Himmels-Taler
Platz zu nehmen. Das Geräusch kam aus einer Kiste am Heck. Dann setzte sich das Boot in Bewegung, und Dolph begriff, daß der Drache (oder was immer es war) es anschob, denn es gab kein Segel. Wie der Mann schon gesagt hatte: Die Wissenschaft Mundanias mochte zwar auf lächerlichen Grundannahmen fußen, aber sie schien immerhin fast so gut zu funktionieren wie die Magie Xanths.
Das seltsame Boot fuhr durch einen Meereskanal und richtete sich nach Norden aus. Nun fuhren sie fast direkt auf den Himmelstaler zu! Dann machte der Kanal eine Biegung nach Nordwesten, wodurch sie leicht westlich an dem Taler vorbeifuhren. Doch so weit sie auch fahren mochten, immer blieb der Himmelstaler in etwa vor ihnen. Aus seinen Erfahrungen mit der Magie des Triangulierens wußte er, daß der Taler vermutlich weit entfernt lag. Natürlich mochte diese besondere Magie in Mundania nicht so gut funktionieren. Dennoch machte es ihm Sorgen.
Und das war nicht das einzige. Wo war Nada? Angenommen, es war ihr etwas zugestoßen? Schon beim bloßen Gedanken daran wurde ihm mulmig zumute. Kurz bevor sie in den Kürbis eingetreten waren, war sie ziemlich schnippisch geworden, was aber an der Schlauschlinge gelegen haben mochte. Ihr normales Selbst war sehr viel liebenswürdiger, und er hatte sie sehr gern. Sie durfte einfach nicht verschollen gehen!
Nach einer Weile führte der Kanal zunächst nach Norden, dann in scharfem Bogen nach Westen. Turn sah ihn an. Dolph schüttelte den Kopf; der Himmelstaler befand sich immer noch weit hinter dem Meer. Sie schienen ihm nicht näher zu kommen.
Turn zuckte die Schultern und wendete. Dolph fühlte sich erleichtert, weil er sich im Augenblick mehr Sorgen um Nada als um den Himmelstaler machte. Sie kehrten zum Bootshaus zurück und von dort in den Garten. Dolph sah sich überall um, konnte Nada aber nicht entdecken.
»Das habe ich vermutet«, sagte Turn, als sie wieder im Labor waren und die Wissenschaftskiste zum Arbeiten gebracht hatten. »Der gesuchte Gegenstand befindet sich nicht auf diesen Inseln. Er muß irgendwie auf dem Festland von Florida sein. Dort wirst du nach ihm suchen müssen.«
»Wo?« fragte Dolph verwundert.
»Auf dem Festland Mundanias. Es tut mir leid, daß du deinen Himmelstaler nicht finden konntest, aber wenigstens hast du tatsächlich die Zentaureninsel danach abgesucht.«
Dolph begriff, daß er seine Mission hier tatsächlich beendet hatte. Jetzt hatte er wenigstens die erste Vorstellung davon, wo sich der Taler befand. »Ich kehre nach Xanth zurück«, entschied er. »Aber kann ich diese Uhr mitnehmen? Sie könnte nützlich sein.«
»Du darfst sie mitnehmen«, berichtigte ihn Turn nach der üblichen nervtötenden Art der Erwachsenen. Anscheinend hatte der Dolmetscher seine Worte perfekt übersetzt. »Ich bin mir nicht sicher, daß sie in Xanth funktioniert, weil sie ja auf wissenschaftlichen Prinzipien funktioniert, aber ich habe mehrere davon, und wenn das Gerät schon nichts anzeigen sollte, kann es wenigstens als Dekoration dienen, also nimm es ruhig mit.«
Dolph entschied, daß er diesem Mann wirklich vertrauen konnte. »Ich glaube, ich muß dich noch einmal um Hilfe bitten.«
»Ach, ja?«
»Ich… ich bin nicht allein hierher gekommen. Ich habe meine Verlobte dabei.«
»Du bist verlobt? Aber du bist doch noch so jung!«
»Es ist eine politische Verbindung«, erklärte Dolph. »Aber sie konnte nicht in ihrer normalen Gestalt kommen, daher…«
»In ihrer normalen Gestalt?«
»Es ist schwer zu erklären. Könntest du die Uhr vielleicht so einstellen, daß sie Nada Naga findet?«
Turn wühlte wieder in seiner Schublade. »Ich habe noch eine. Welche Form hat sie denn jetzt gerade?«
»Eine Schlange.«
»Eine Schlange! Du bist mit einer Schlange verlobt?«
»Nicht genau. Bitte, ich mache mir Sorgen um sie! Ich muß sie unbedingt finden!«
»Schlange«, sagte Turn zu der neuen Uhr.
Das Auge zeigte in den Garten. Sie durchwühlten das Gestrüpp. Schließlich gelangten sich an einen tiefen Graben mit glattgekachelten Wänden. Plötzlich wußte Dolph, was mit Nada passiert war. Sie war hineingefallen und nicht wieder herausgekommen!
Er sprang in den Graben und suchte nach ihr. Schließlich entdeckte er sie, ermattet im Wasser; den Kopf konnte sie nur noch mit Mühe an der Luft halten. Er beugte sich hinunter und nahm sie auf. »O Nada!« hauchte er.
Sie war erschöpft, aber gesund. Er hielt sie Turn entgegen. »Darf ich dir Nada Naga vorstellen.«
Turns Augen
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