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Himmels-Taler

Titel: Himmels-Taler Kostenlos Bücher Online Lesen
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Diese Aussicht beunruhigte sie, deshalb suchte sie nach Möglichkeiten, einen Mann zu erobern, ohne sich auf ausschließlich körperliche Vorzüge verlassen zu müssen. Das war zwar ein törichtes Unterfangen, weil sie wußte, daß Männer sich für nichts anderes interessierten. Wenn es ihr aber irgendwie gelingen sollte, einen Mann zu finden, der ein lebhaftes Mädchen mochte oder auch ein kluges, oder der ihres Talents bedurfte – na ja, dann gab es doch wenigstens eine kleine Chance, nicht wahr?
    Die Prinzessin wurde ernst. »Ich muß ihn heiraten, denn tue ich es nicht, muß ich sterben«, sagte sie. »Der Apfel, in den ich beiße, ist giftig. Seine erste Wirkung besteht darin, mich in einen tiefen Schlaf zu versetzen, so tief, daß ich nicht einmal mehr atme. Doch nachdem ich aufgewacht bin, bleibt dieser Apfel in mir, und der läßt sich nur durch wahre Liebe und Heirat auflösen. Also werde ich den Prinzen lieben, der mich weckt, und das wird das Gift unterdrücken, denn die Liebe ist größer als der Tod. Wenn er meine Liebe aber nicht erwidert und mich nicht heiratet, wird mir das Herz brechen, und dann wird es bluten, und ich werde langsam immer schwächer werden und sterben. Ich meine, wozu soll man denn sonst tausend Jahre schlafen, wenn man danach keinen Prinzen heiratet?«
    Electra mußte zugeben, daß das überzeugende Argumente waren. Und der Prinz würde die Prinzessin bestimmt lieben, denn sie war sehr anziehend und wußte ganz genau, was sie wollte.
    Doch als sie die Bettdecke in den Sarg legten, verspürten sie ein Beben. Eine steife Brise umwehte plötzlich das Haus. Electra eilte aus dem Raum, um aus einem Fenster zu blicken. Über dem Meer befand sich eine monströse, wirbelnde Wolke.
    Sie stürzte wieder in den Raum. »Eine Wolke ist im Anzug!« rief sie.
    »Murphys Fluch!« erwiderte die Zauberin, sie sah matt aus. »Alles, was schiefgehen kann, geht auch schief! Es passiert bereits!«
    »Wir müssen uns beeilen!« sagte die Prinzessin. »Laßt mich meinen Apfel hervorholen…«
    Aber als sie den Apfel aus seiner Schachtel holte, peitschte ein Windstoß durch den Raum, packte die Bettdecke und wirbelte sie ihr um den Kopf. Sie kreischte und ließ den Apfel fallen, um nach der Bettdecke zu greifen.
    Electra rannte hinüber zur Steintür, um sie zu schließen, wobei sie eine bestimmte Note summte, was dem bösartigen Wind zwar den Zugang abschnitt, das Brüllen der nahenden Wolke aber wurde immer stärker. Electra stürzte sich auf den über den Boden rollenden Apfel und nahm ihn auf. Dann eilte sie zur Zauberin zurück. »Hier ist er!« sagte sie und reichte ihr die Frucht.
    »Nicht mir, Kind!« protestierte die Zauberin. »Der Prinzessin. Mir mußt du den Himmelstaler geben!«
    »Oh.« Electra reagierte verlegen wegen ihrer Verwirrtheit, die sonst gar nicht ihre Art war. Mit der freien Hand nahm sie den an ihrer Brust hängenden Himmelstaler auf. Sie versuchte die Kette über den Kopf zu ziehen.
    »Sei vorsichtig, Kind, sonst aktivierst du ihn noch!« sagte die Zauberin und versuchte ihr zu helfen.
    »Nein, ich aktiviere doch nicht den Himmelstaler!« protestierte Electra.
    Plötzlich aber leuchtete der Taler auf, gab seine gespeicherte Energie in einem Lichtblitz ab, und seine Beschichtung verschwand. Mit einem Schlag erkannte Electra, daß sie durch einen unglaublichen Fehler soeben das Verbotene getan hatte. Der Taler sollte auf die Worte ›Ich aktiviere den Himmelstaler‹ reagieren, wenn man ihn in der Hand hielt; andere Worte wie ›doch nicht‹ erkannte er nicht.
    Entsetzt wich sie zurück. Dabei schlug sie mit den Kniekehlen gegen den niedrigen Sarg und stürzte hinein. Ihre wirbelnden Arme bogen sich an den Ellenbogen, und der Apfel in ihrer Hand prallte gegen ihren geöffneten Mund. Unwillkürlich biß sie zu. Sie versuchte zu schreien, doch da hatte die Lähmung sie bereits gepackt. Verängstigt, entsetzt und zutiefst niedergeschlagen sank sie in den Schlaf, der für die Prinzessin bestimmt gewesen war, von der Magie des Himmelstalers dort hineingeschickt, die eigentlich der Zauberin gegolten hätte.
    Und doch wußte sie selbst in diesem Augenblick noch, daß es nicht wirklich ihre Schuld gewesen war. Die schreckliche Magie des Magiers Murphy hatte dafür gesorgt. Alles, was hätte schiefgehen können, war schiefgegangen, und alle drei sahen ihre Hoffnungen und Pläne durch diese einzige, schreckliche Pechsträhne zerstört. Ein ungeeignetes Mädchen wurde tausend Jahre in die

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