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Himmels-Taler

Titel: Himmels-Taler Kostenlos Bücher Online Lesen
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dachte, daß er im Recht sei, aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.«
    »Ich schätze, der Nachthengst dachte wohl, daß du nicht richtig gehandelt hast«, meinte Dolph. »Aber das kleine Mädchen…«
    »Ja, das kleine Mädchen«, stimmte sie zu. »Kaum denke ich an ein kleines Skelettkind, da bringe ich es einfach nicht fertig, es umzubringen oder auffressen zu lassen.«
    »Nun, es sind doch nur Fragen«, meinte er. »Wir beantworten sie so gut, wie wir können. Auf diese hier müssen wir mit nein antworten.«
    Sie nickte, aber ihr Knochengesicht sah bleich aus, ihre Augen waren hohler als sonst.
    Er öffnete die NEIN-Tür. Die Frage im nächsten Raum lautete: WÜRDEST DU EIN TROLLDORF AUSLÖSCHEN, UM EIN MENSCHENKIND ZU RETTEN?
    »Das haben wir bereits beantwortet«, meinte Grazi schwach.
    »Schätze schon«, stimmte Dolph zu, und er fühlte sich dabei miserabel. Er öffnete die NEIN-Tür.
    Die nächste Frage war genauso grausam: WÜRDEST DU EIN MENSCHENKIND TÖTEN, UM EIN TROLLDORF ZU RETTEN?
    Dolph merkte, wie ihm die Tränen kamen. Er wußte, daß dies nur die Kehrseite der letzten Frage war, aber sie war noch schmerzhafter. Wenn das Trolldorf das Kind töten mußte, um zu überleben, war das dann Recht? Seine Gewißheit war erschüttert. Andererseits konnte er einfach auch nicht ja sagen.
    Er öffnete die NEIN-Tür. WÜRDEST DU EIN TROLLKIND TÖTEN, UM EIN MENSCHENDORF ZU RETTEN?
    Grazi vergrub das Gesicht in den Knochenhänden. »Ich kann das einfach nicht!«
    »Mir ist das auch zuwider!« gestand Dolph. »Warum können wir denn nicht einmal gute Fragen gestellt bekommen?«
    »Der Nachthengst macht es denjenigen, die sich gegen ihn stellen, nie leicht«, erklärte Grazi. »Es wird immer schlimmer und schlimmer werden, bis wir ihn schließlich um Gnade anflehen, und dann wird er sie uns nicht gewähren.«
    »Dann werde ich auch gar nicht erst danach fragen«, entschied Dolph und kämpfte gegen seine eigenen Tränen an. »Ich werde einfach nur so lange nein sagen, bis wir eine bessere Frage bekommen.« Er öffnete die NEIN-Tür.
    WÜRDEST DU EINE HARPYIE KÜSSEN, UM GANZ XANTH ZU RETTEN?
    Dolph gaffte. Das war ja eine Frage, mit der er einverstanden sein konnte! Er haßte Harpyien zwar, aber…
    Auf dem Weg zur JA-Tür blieb er stehen. Unterschied sich das Prinzip dieser Frage von denen in den anderen Räumen? Es war nicht so schlimm, eine Harpyie zu küssen, wie ein Kind zu töten, aber es war dennoch etwas, was er gewöhnlich nicht tun würde. Wenn er jetzt ja sagte, würde er möglicherweise wieder in die schlimmsten Entscheidungen hineingeworfen werden, wie beim ersten Mal, als er es bejaht hatte, etwas Unangenehmes zu tun, um etwas Gutes zu erreichen. Das führte nur in Schwierigkeiten!
    »Ich erinnere mich daran, wie mein Großvater Trent mal etwas über Mittel und Zweck gesagt hat«, sagte er, angestrengt überlegend. »Er meinte… Er sagte, daß der Zweck… die Mittel nicht heiligt. Ich wußte nie genau, was er meinte. Aber jetzt…«
    »Ist es recht, etwas Unrechtes zu tun, um etwas Gutes zu erreichen?« fragte Grazi und formulierte es weitaus geschickter, als er es zustande gebracht hätte. »Ich dachte immer, so wäre es, aber jetzt glaube ich es nicht mehr so ganz. Ich habe diesen Alptraum durcheinandergebracht…«
    »Nein«, rief Dolph. »Der Nachthengst will dich nur dazu bringen, so zu denken wie er, zu glauben, daß er im Recht ist, wenn er dich bestraft; ich weiß aber, daß das nicht recht sein kann, denn das, was du getan hast, war gütig. Ich werde doch nicht sagen, daß es schlimm ist, gütig zu sein!«
    »Aber vielleicht…«
    »Nein! Ich mach das nicht mehr mit! Das sind böse Türen!«
    Dolph drehte sich um und riß am Griff der Tür hinter ihnen, die grün war und ohne ein JA oder NEIN markiert war. Zu seiner Überraschung ging sie auf. »Komm!« rief er und ergriff Grazis Knochenfinger. »Wir verschwinden von hier!«
    Sie kehrten in den vorigen Raum zurück, und Dolph ging zur grünen Tür hinüber. Auch diese öffnete sich. Er zerrte das Gerippe mit.
    Es dauerte nicht lange, da waren sie wieder im ersten Raum, und erneut versuchte Dolph es mit der grünen Tür, die beim ersten Mal verriegelt gewesen war – doch sie blieb verschlossen.
    Seine kurz aufflackernde Hoffnung war zusammengebrochen. Auf diesem Weg konnten sie also doch nicht entfliehen.
    Aber er weigerte sich, seine Niederlage einzugestehen. »Diese Türen sind böse!« verkündete er. »Sie stellen… stellen

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