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Himmels-Taler

Titel: Himmels-Taler Kostenlos Bücher Online Lesen
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unwahrscheinlich geworden, daß sie noch gegen Grazi stimmen würde. Auch Gunter Ganter bekundete seine Zustimmung durch Nicken. Kinder waren ihm sehr wichtig, weil sein Volk mehr davon brauchte.
    »Wenn sie also jemanden bestrafen sollte, der gerade ein Kind vor Schaden bewahrt hatte, würdest du dann sagen, daß das gerechtfertigt…«
    »Einspruch!« rief Ivy. »Das ist eine Beeinflussung der Zeugin!«
    »Stattgegeben«, verkündete der Richter.
    Doch Dolph hatte seine Position klargemacht. Schon nickten auch andere Geschworene anerkennend. Es war kein Zweifel gewesen, daß Grazi den Alptraum für Tristan Troll zerstört hatte. Sie hatte es getan, weil sie Mitgefühl für die Leute hegte. Warum sollte sie dafür verurteilt werden?
    »Mela, wenn du in einem Alptraum mitspielen müßtest, beispielsweise in einem, wie Grazi…«
    »Einspruch!« rief Ivy. »Irrelevant und irreführend!«
    »Einspruch stattgegeben!«
    Nun gut, einen Versuch war es immerhin wert gewesen. »Keine weiteren Fragen«, sagte er.
    Ivy hatte auch keine Fragen. Mela würde Grazi nur besser aussehen lassen.
    Als nächstes rief er Tristan Troll auf. Durch das Publikum ging ein Raunen. Das war ein gewagter Zug! Aber Dolph wußte, daß er etwas wagen mußte, wenn er für Grazi auch nur eine faire Chance herausschinden wollte.
    »Tristan, warum hast du das kleine Mädchen laufen lassen?« fragte er. »Bitte erzähle das dem Gericht in deinen eigenen Worten, und zwar so ausführlich, wie du es für nötig hältst.« Er wußte, daß das eine rührende Geschichte abgeben würde.
    »Einspruch!« rief Ivy. »Das gehört nicht zur Sache! Wir brauchen nicht zu wissen, warum er es getan hat; es genügt, daß es so war – und wir müssen uns damit beschäftigen, was die Angeklagte daraufhin tat.« Natürlich wollte sie nicht, daß diese anrührende Geschichte erzählt wurde.
    »Dies ist immerhin die Tat gewesen, die alles ins Rollen brachte«, wandte Dolph ein. »Wir müssen uns darüber Klarheit verschaffen, denn schließlich war es der Alptraum, durch den Grazi in Schwierigkeiten geraten ist. Wie sollen wir sie beurteilen, wenn wir nicht einmal genau wissen, was sie zu ihrer Tat bewogen hat?«
    Immer mehr Köpfe in der Jury nickten; langsam begann er sie für seine Sache zu gewinnen! Er war überrascht von seiner eigenen Logik; möglicherweise besaß er einen schärferen Verstand, als er vermutet hatte.
    »Abgelehnt«, sagte der Richter. Einen Augenblick war Dolph enttäuscht, weil er glaubte, verloren zu haben; doch dann begriff er, daß der Einspruch abgelehnt worden war und nicht sein Einwand dagegen.
    »Ich habe die Menschen immer für bloße Tiere gehalten«, begann der Troll. »Nichts als Fleisch, das nur gefangen und aufgefressen werden will. Aber als das kleine Mädchen dann mit mir sprach und mir erzählte, wie schlimm sich ihre Familie fühlen würde, wenn sie sie verlieren sollte, da dachte ich an meine eigene kleine Jungtrollin, die ich mir immer gewünscht, aber nie bekommen habe, und ich erinnerte mich daran, wie einsam ich ohne sie war, und das wollte ich keinem anderen Wesen antun, nicht einmal Menschen. Deshalb ließ ich sie laufen. Ich weiß, daß es töricht war, weil niemals Trolle Menschen schonen, ebensowenig wie die Menschen die Trolle schonen, aber so war das eben.«
    Dolph hielt es für genug. Jeder der Geschworenen, der selbst ein Kind hatte, würde es verstanden haben. »Dein Zeuge.«
    »Aber du hast doch gewußt, daß du etwas Unrechtes tatest, nicht wahr?« fragte Ivy den Troll. »Und daß du also auch eine Bestrafung verdient hattest?«
    »Einspruch!« rief Dolph.
    »Ziehe die Frage zurück«, sagte Ivy feixend. Doch der Schaden war schon angerichtet. »Keine weiteren Fragen.«
    Schließlich rief Dolph das kleine Mädchen als Zeugin auf. Sie kam in den Stand und sah schier unglaublich klein und süß aus.
    »Verstehst du, was die Trolle mit dir vorhatten, bevor Tristan dich laufenließ?« fragte er.
    Das kleine Mädchen brach in Tränen aus. Gunter Ganter sah wütend aus und Vida Vila wäre fast aus dem Geschworenenstand gesprungen. Beide ertrugen sie es nicht, wenn Kinder gequält wurden.
    »Deine Zeugin«, sagte Dolph.
    »Keine Fragen«, erwiderte Ivy hastig. Sie sah nicht besonders glücklich aus.
    Nun mußten Anklage und Verteidigung ihre Abschlußplädoyers vorbringen, bevor die Geschworenen ihr Urteil fällten. Das war der springende Punkt. Dolphs Hände waren feucht vor Schweiß. Er hatte keinerlei Vorstellungen, was

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