Himmelsdiebe
fiel mir dein Dada ein.« Bei der Erinnerung musste Harry schlucken. »Ich bin so stolz auf dich, mein Junge. Und wenn du es ganz offiziell hören willst: Ja, deine Sachen sind gut, manche sogar sehr gut, und wenn du möchtest, werde ich dir Bild für Bild zeigen, was dir bereits gelungen ist und was du noch besser machen kannst.«
»Das würdest du wirklich tun?«
»Und ob! Vorausgesetzt natürlich, du nimmst von einem alten Esel wie mir noch Ratschläge an.« Er öffnete die Kühlbox und holte den Champagner hervor. »Jetzt haben wir doppelten Grund, anzustoßen. Hast du zwei Gläser?«
»Gläser nicht, aber Tassen.«
Während Bobby zum Spülstein ging, um sie zu waschen, drehte Harry an dem Drahtverschluss der Flasche und löste den Korken.
Da klopfte es an der Tür.
»Willst du nicht nachschauen, wer das ist?«
Zögernd ging Bobby zur Tür. Als er aufmachte, hatte Harry zum zweiten Mal an diesem Tag Grund, an seinen Augen zu zweifeln.
»Laureen?«
Er hätte sie fast nicht erkannt. Seit Laura in New York war, hatte er den Kontakt zu ihr abgebrochen. Die Ähnlichkeit war einfach zu groß.
»Wo… woher hast du gewusst, dass ich hier bin?«
Harry stellte die Flasche auf den Tisch, damit sie ihm nicht aus der Hand fiel. Hoffentlich kam Laureen nicht auf die Idee, ihn zu küssen! Doch seine Sorge war überflüssig. Während er noch überlegte, wie er eine solche Peinlichkeit vermeiden konnte, nahm Laureen Bobby in den Arm, und ohne sich im Geringsten zu genieren, gab sie ihm einen Kuss, mitten auf den Mund.
Harry kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
»Wa s … was hat das zu bedeuten?«
Er brauchte ein paar Sekunden, bis er begriff. Wie eine Ratte fiel die Eifersucht über ihn her und nagte an seinem Ego. Doch bevor sie richtig zubeißen konnte, übermannte ihn die absurde Komik der Situation. Eine Commedia dell’Arte war im Vergleich dazu ein Trauerspiel!
»We r … wer zum Teufe l … hat sich das ausgedacht?« Er bekam einen solchen Lachanfall, dass er sich fast verschluckte. »Himmel, Arsch und Zwir n – mein eigener Sohn! Spannt mir die Freundin aus! Hinter meinem Rücken! Ha… Hatschi! Meinen alle r … allerherzlichsten Glückwunsch!«
Immer noch lachend, nahm er Bobby in den Arm. Als er sich ein bisschen beruhigt hatte, beugte er sich an sein Ohr, und so leise, dass Laureen ihn nicht hören konnte, flüsterte er: »Schlaft ihr miteinander?«
Bobby nickte, rot wie ein Puter.
Harry drückte ihn an sich.
»Na Gott sei Dank!« Er nahm das Gesicht seines Sohns zwischen die Hände und gab ihm einen Schmatz auf die Stirn. »Vielleicht verstehst du jetzt deinen missratenen Vater endlich ein bisschen besse r …«
14
Debbie und Harry standen mit einem Glas Wein in der Hand auf der Terrasse ihres Penthouse und genossen den lauen Frühlingsabend über New York. Während über dem Hudson die Sonne unterging, drang von der Straße das Rauschen des Verkehrs zu ihnen herauf wie das Rauschen aus einer anderen Welt.
»Ich möchte nicht wissen, was für ein dämliches Gesicht ich gezogen habe«, sagte Harry. »Zum Glück hat mich außer den beiden niemand gesehen. Mein Ruf wäre sonst für alle Zeit ruiniert.«
Vor lauter Lachen hatte er noch immer Tränen in den Augen. Seit er von Bobby zurückgekehrt war, hatte er die ganze Zeit von nichts anderem als von seiner unverhofften Wiederbegegnung mit Laureen in der Wohnung seines Sohnes erzählt. Er hatte so gute Laune, dass er trotz der vorgerückten Stunde keinerlei Anstalten machte, auf Schatzsuche zu gehen.
Debbie war hellauf begeistert. »Was für ein Triumph für Bobby. Ich glaube, das ist seine Unabhängigkeitserklärung! So was hat sich noch keiner bei dir getraut.«
»Außer meinem Sohn hätte ich das auch keinem anderen Mann gestattet.«
»Und ich hatte schon Angst, Bobby hätte einen Vaterkomplex.«
»Gott sei Dank hast du dich geirrt. Sonst hätte er mich womöglich nicht nur betrogen, sondern umgebracht!« Bei der Vorstellung war Harry für einen Moment sichtlich erschrocken. »Ich hoffe, du lernst Laureen bald kennen«, sagte er dann. »Ein tolles Mädchen. Stell dir vor, sie hat ihren Hund an der Columbia University eingeschrieben, nachdem man ihr verboten hatte, ihn mit in den Hörsaal zu nehmen. Jetzt ist der Köter rechtmäßig immatrikuliert, hat einen Studentenausweis, und niemand kann sie mehr hindern, zusammen mit ihm in die Vorlesung zu gehen. Sie will ihn sogar zum Examen anmelden.«
»Offenbar ist sie genauso verrückt wie
Weitere Kostenlose Bücher