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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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die Nase, warf das Papiertaschentuch in einen Abfalleimer und sagte: »Wenn Sie sich nicht entscheiden können, dann tue ich es für Sie: Kehren Sie zu Harry zurück!«
    Laura glaubte, nicht richtig zu hören. »Wi e … wie können Sie so etwas vorschlagen? Sie lieben ihn doch genauso wie ich!«
    »Das ist allein mein Problem«, erwiderte Debbie, »und geht Sie nichts an . – Nein!«, schüttelte sie den Kopf, als Laura widersprechen wollte, »eine andere Lösung gibt es nicht. Und falls Sie glauben, mein Vorschlag wäre ein Ausdruck von Nächstenliebe, so irren Sie sich. Der Grund ist ganz und gar praktischer Natur: Harry braucht Ruhe für seine Arbei t – ich brauche Liebe zum Leben. Wir können uns beides nicht geben. Punkt!«
    »Aber warum glauben Sie, dass ausgerechnet ic h …«
    »Darum!« Debbie nahm ihre Hand und zerrte sie vor die Himmelsbeute . »Wenn Sie nicht den Mut haben, Ihren Gefühlen zu folge n – tun Sie’s für Ihre Kunst. Oder wollen Sie behaupten, das Bild wäre fertig?«
    »Nein, das ist es nicht«, sagte Laura. »Aber wie zum Teufel stellen Sie sich das vor?«
    »Das ist Ihre Sache. Sie sind die Künstlerin. Sie und Harry müssen das Bild vollenden. Für mein Museum. Es wird darin einen Ehrenplatz bekommen, als wichtigstes Exponat der gesamten Ausstellung.«
    »So einfach geht das nicht«, protestierte Laura. »Ich weiß ja nicht mal, was Harry daz u …«
    »Halten Sie endlich den Mund und machen Sie sich an die Arbeit!«, fiel Debbie ihr ins Wort. »Mein Museum wird in sechs Wochen eröffnet, und ich habe keine Lust, mir bei der Vernissage leere Wände anzuschauen!«
    16
    »Ich kann mich also darauf verlassen, dass Sie meine Ehre und die meiner Frau nicht antasten werden?«, wollte Roberto wissen. »Ihr Wort als Ehrenmann?«
    »Ich weiß nicht, ob ich so etwas bin«, erwiderte Harry. »Um ehrlich zu sein, ich hege gewisse Zweifel an meiner Satisfaktionsfähigkeit.«
    »Ich warne Sie! Ich werde mir jederzeit erlauben, das Atelier zu betreten. Ohne Ankündigung! Ich bin Mexikaner!«
    »Mach dich nicht lächerlich«, sagte Laura. »Nimm dir lieber ein Beispiel an Miss Jacobs. Apropos: Sie wartet im Salon darauf, dass du sie endlich verabschiedest.«
    Mit sanfter Gewalt schob sie ihren Mann die Treppe hinunter. Harry atmete auf. Nie hatte Debbie ihm ein schöneres Geschenk gemacht als mit ihrer unverhofften Eröffnung, Laura wolle mit ihm an der Himmelsbeute weiterarbeiten, um die Collage zu vollenden. Seit er aus Europa fort war, hatte er das Bild nicht mehr gesehen.
    Vor der Tür ihres Ateliers blieb Laura noch einmal stehen.
    »Auch wenn Roberto nur ein mexikanischer Stierkämpfer ist«, erklärte sie, »in einem hat er recht. Es geht ausschließlich um unser Bild.«
    »Wie wenig du mich kennst«, erwiderte Harry, halb amüsiert, halb beleidigt. »Habe ich mich je um etwas anderes gekümmert als um die Kunst?«
    Laura quittierte seine Auskunft mit einer erhobenen Braue. Dann öffnete sie die Tür und betrat das Atelier.
    Unsicher, was ihn erwartete, folgte Harry ihr nach.
    Es war, als folge er ihr in eine andere Welt. Plötzlich war er wieder daheim, in Sainte-Odile, in ihrem Zauberhaus. Ein Wald voller Zeichen und Symbole, der bevölkert war von tanzenden Feen und Kobolden, empfing ihn auf der anderen Seite. Geierköpfige Kavaliere spazierten zwischen schwarzgrünen Farnen und riesenblättrigen Bäumen an margeritenbewarzten Riesenbrüsten vorbe i … Fliehende Pferde flogen unter den Augen wachsamer Nachtigallen durch die Lüft e … Fleischfressende Pflanzen überwucherten Abgründe der Glückseligkeit. Und überall die Windsbraut und Dad a – die Windsbraut und der Große Zaubere r … Harry glaubte sogar, die leisen Töne eines Walzers zu hören, wie aus weiter, weiter Ferne, mit dem Knistern und Knacken einer uralten Schellackplatte.
    »Dafür hat es sich gelohn t …«
    »Was murmelst du da?«
    Harry drehte sich zu Laura um. »Habe ich dir eigentlich erzählt, wie viel ich riskiert habe, um die Himmelsbeute aus unserem Haus zu retten?«
    »Das brauchst du nicht«, erwiderte sie mit einem Lächeln, das alles verriet, was er von ihr wissen wollte. »Aber«, fügte sie nach kurzem Zögern hinzu, »darum geht es jetzt nicht.« Sie trat an ihren Malschrank und kramte in einer Schublade.
    »Sondern?«
    »Darum, wie wir das Bild fertig bekommen.«
    Während sie sprach, blitzte plötzlich ein Messer in ihrer Hand auf. Harry zuckte zusammen. Bevor er reagieren konnte, fing sie an, die

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