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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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geschworen, mich an deinem Wohnsitz aufzunehmen, damit ich Amerika nicht zur Last falle.«
    »Es ist aber gar nicht aufgeräum t …«
    »Keine Ausreden! Oder hast du jemand versteckt, den ich nicht sehen darf?«
    Widerwillig öffnete Bobby die Tür. Das Treppenhaus mit seinem Schmutz und Gestank erinnerte Harry an seine alte Wohnung in Paris, nur dass es ungefähr zehnmal so viele Stufen gab, die er hinaufsteigen musste. Einen Aufzug gab es nicht. Bis in den neunten Stock musste er sich quälen.
    »Ich habe dich gewarnt«, sagte Bobby.
    Als Harry die Wohnung betrat, traute er seinen Augen nicht. Überall an den Wänden hingen fertige und halb fertige Bilder. Das Bett war mit einem alten Laken abgedeckt, das übersät war von bunten Farbklecksen, und in der Mitte des Raums stand eine Staffelei.
    Genau so sah es in der Wohnung eines jungen Malers aus!
    »Darum also wolltest du nicht, dass ich reinkomme«, sagte Harry, als er die Sprache endlich wiederfand.
    Statt einer Antwort blickte Bobby zu Boden. Er war so verlegen, dass sein Gesicht und Hals mit roten Flecken gesprenkelt war. Mit einem Gefühl, als würde er träumen, schaute Harry sich um. Wohin er auch sah, entdeckte er seltsam vertraute Szenen: üppig wuchernde Fauna- und Floralandschaften, tanzende Gestalten, halb Mensch, halb Tier, die aus länglichen, grünen Blättern hervorwuchsen, Fabelwesen im Kampf mit Rieseninsekte n …
    Bobby hob unsicher den Kopf. »Un d – was sagst du dazu?«
    Harry zögerte. Was hätte er darum gegeben, wenn Mathilde bei ihnen sein könnte, um diesen Augenblick mitzuerleben.
    »Und ich Dummkopf hatte immer gedacht, du würdest Kunst hassen«, murmelte er. »Weil ich sie dir verleidet hätte.«
    »Könntest du dich vielleicht ein bisschen präziser ausdrücken?«, erwiderte Bobby.
    Harry sah die Angst in seinem Gesicht. Er kannte diese Angst zu gut, er hatte sie selber auch gehabt, vor vielen, vielen Jahren. Es war die Angst eines jeden jungen Künstlers, der zum ersten Mal seine Bilder präsentiert.
    »Du willst von mir wissen, ob deine Sachen was taugen?«, fragte Harry.
    Bobby nickte. Die Flecken in seinem Gesicht hatten sich vermehrt, als hätte er Scharlach.
    »Du hast Talent, gar keine Frage«, erklärte Harry. »Großes Talent sogar. Aber, wie soll ich sage n – irgendwie kommt es mir vor, als wäre es noch von alten bösen Geistern gefangen, den Geistern deiner Kindheit. Wahrscheinlich, weil du dich immer gegen sie gewehrt hast. Davon musst du dich befreien, die Mauern einreißen, die du als Kind aufgerichtet hast. Aber wenn dir das geling t …« Er sprach den Satz nicht zu Ende. »Hast du schon mal daran gedacht, etwas Größeres zu malen?«
    »Ic h …ich habe eine Anfrage von einem Bekannten«, stammelte Bobby. »Er hat ein Haus in Greenwich Village. Darin gibt es ein riesiges Badezimmer. Dafür soll ich ein Fresko machen.«
    »Großartig«, rief Harry. »Aber ein Fresko ist keine einfache Sache. Das muss gut vorbereitet werden.« Er dachte kurz nach. »Vorschlag: Ich schicke dir in den nächsten Tagen ein paar ordentliche Malleinwände. Außerdem lasse ich bei Peterson’s Art Supplies ein Konto für dich eröffnen. Dort kannst du dann alles bestellen, was du brauchst. Pinsel, Farben, Terpentin. Auf meine Kosten!«
    »Abe r … aber ich weiß ja noch gar nich t …«
    »Kein Aber!«, schnitt Harry ihm das Wort ab. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich du mich machst. Mein halbes Leben habe ich darunter gelitten, dass du alles ablehnst, was mir so wichtig ist. Und jetzt stelle ich fest, dass mein Sohn ein wahrhaftiger Künstler ist!« Er stockte, plötzlich war ihm etwas eingefallen. »Habe ich dir eigentlich je gesagt, dass du es warst, der Dada erfunden hat?«
    »Dada? Ich? Dein Alter Eg o – un d …«
    »Über das Und wollen wir jetzt lieber schweigen!«, lachte Harry. »Du hattest als Kind ein Steckenpferd, erinnerst du dich? Irgendein Trottel hatte es dir geschenkt, statt mir ein Bild abzukaufen, obwohl du damals noch viel zu klein warst, um ohne Hilfe damit durch die Wohnung zu reiten.«
    »Du meinst das Steckenpferd, mit dem sie dich später für eine Zeitschrift fotografiert haben? Und das du dann mit nach Paris genommen hast?«
    »Genau! Das hattest du Dada getauft. Du hast es über alles geliebt, manchmal bist du mitten in der Nacht aufgewacht und hast gebrüllt, dass du dein Dada willst. Als ich dann den Einfall zu diesem Vogelwesen auf meinen Bildern hatte, brauchte ich dafür einen Namen. Da

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