Himmelsdiebe
du. Hattest du dich damals deshalb in sie verliebt?«
»Ach Debbie, das sind doch olle Kamellen.« Er stellte sein Glas ab und nahm ihre Hände. »Ich hoffe so sehr, dass die beiden glücklich miteinander werden.«
»Das Mädchen kenne ich ja noch nicht«, sagte Debbie, »aber um Bobby mache ich mir keine Sorgen.« Mit einem Grinsen fügte sie hinzu: »Bei dem Vater.«
Halb geschmeichelt, halb entsetzt, schaute er sie an. »Glaubst du, dass der Junge mal so wird wie ich?«
»Du meinst, ein Mann, den die Frauen lieben?« Debbie erwiderte zärtlich seinen Blick. »Ich muss dir ein Geständnis machen, Harry. Auch wenn ich weiß, dass ich es besser nicht tun sollte.«
»Nämlich?«
»Dass du der liebenswerteste Mistkerl bist, den ich kenne.«
»Danke für die Blumen! Das ist ja ein wunderbares Kompliment.«
»Nein, Harry, das meine ich im Ernst. Obwohl du mich so oft betrogen hast, hast du mich nie hintergangen, sondern immer mit offenen Karten gespielt. Dafür bin ich dir dankbar.«
Harry war für einen Augenblick stumm. »Weißt du eigentlich, was für ein großartiger Mensch du bist?«, fragte er schließlich. Er zog sie zu sich und gab ihr einen Kuss. »Ach ja«, sagte er, als ihre Lippen sich lösten, »fast hätte ich es vergessen. Ich habe eine Überraschung für dich.«
»Eine Überraschung? Was denn?«
Harry zuckte die Schultern. »Nichts Besonderes, nur eine Kleinigkeit . – Ein Bild!«
Debbie stieß einen Freudenschrei aus. Aufgeregt folgte sie Harry ins Atelier. Während er zwischen gerahmten Leinwänden, indianischen Totempfählen und bunten Kachinapuppen kramte, klopfte ihr das Blut in den Adern. War das Wunder eingetreten, auf das sie so lange vergeblich gewartet hatte? Hatte sie doch einen Platz in seinem Herzen?
»Ah, da ist es ja!«
Endlich hatte er gefunden, wonach er suchte. Das Bild war hinter einer Gruppe Kachinapuppen versteck t – ungefähr fünfzehn mal fünfzehn Zentimeter Leinwand auf einem Keilrahmen.
»Das ist für dich. Mein Hochzeitsgeschenk.«
»D a … danke«, stotterte Debbie. »Wi e … reizend von dir.«
Irritiert nahm sie das winzige Bild in die Hand. Es zeigte eine gepanzerte Rittergestalt mit einem Pferdekopf, der Harrys Züge trug. Dem Mann gegenüber war eine Frau abgebildet, in der Debbie sich selbst wiedererkannte. Die Frau griff dem Ritter brutal zwischen die Beine.
»Du musst auch auf die Rückseite schauen«, sagte Harry.
Sie drehte das Bild um. Er hatte eine Widmung darauf gekritzelt: Von Harry Winter für Debbie Jacobs . Sechs Worte, einschließlich der Vor- und Nachnamen. Sie versuchte zu lächeln, aber sie schaffte es nicht. Die Widmung war noch schlimmer als das Bild. So förmlich und lieblos wie die Unterschrift unter einem Vertrag oder auf einem Scheck.
Debbie spürte, wie ihr die Tränen kamen. Sie hatte immer gewusst, dass Harry sie nicht liebte. Aber noch nie hatte er es ihr so deutlich zu verstehen gegeben wie mit diesem Geschenk zu ihrer Hochzeit.
»Was ist?«, fragte er. »Gefällt es dir nicht?«
Das Bild in der Hand wie ein totes Stück Holz, hob Debbie den Kopf.
»Hat es schon einen Namen?«, fragte sie.
»Ja«, sagte Harry. »Es heißt Die Gegenpäpstin .«
Durch den Schleier ihrer Tränen sah Debbie die Bilder rings umher an den Wänden. Überall, wohin sie schaute, erblickte sie immer nur ein Gesicht: Laur a – wieder und wieder.
15
Laura schaute voller Anspannung auf den Umschlag des Briefs, der soeben für sie gekommen war. Der Absender war ein New Yorker Verlag, dem sie vor zwei Monaten ihr Manuskript geschickt hatte. Um den Brief ungestört lesen zu können, eilte sie die Treppe hinauf in ihr Atelier, das Roberto unterm Dach für sie eingerichtet hatte. Seit sie das Manuskript abgeschickt hatte, lauerte sie jeden Morgen auf den Postboten. Zum Glück war es ihr gelungen, den Briefkasten vor ihrem Mann zu leere n – Roberto hätte sonst keine Ruhe gegeben, bis sie ihm verraten hätte, was es mit dem Brief auf sich hatte.
Mit klopfendem Herzen drehte sie den Umschlag in den Händen. Die erste Reaktion auf ihren Tex t – wie würde das Urteil lauten?
Kurz entschlossen öffnete sie das Kuvert, faltete den Bogen auseinander und begann zu lesen.
Sehr geehrte Mrs. Jiménez,
mit großem Interesse haben wir Ihr Manuskript gelesen. Zu unserer Freude können wir Ihnen heute mitteilen, dass wir den Text sehr gern in unser Verlagsprogramm aufnehmen würden.
Diese Mitteilung darf ich Ihnen im Namen unserer gesamten
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