Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
Vom Netzwerk:
gelingt?«, fragte er.
    »Wenn das die Rechnung nicht unnötig in die Höhe treibt.«
    »Weil du dir nicht eingestehst, dass du mich immer noch liebst.«
    Laura zuckte zusammen. Wieder versuchte er, sie anzuschauen. Aber noch immer hielt sie den Blick gesenkt.
    »Hör endlich auf, dir was vorzumachen«, sagte er. »Ich weiß auch so Bescheid. Jeder Augenaufschlag, jedes Lächeln verrät dich.«
    »Halt endlich den Mund«, zischte sie mit bleichem Gesicht, »Als ob ich das nicht alles selber wüsste, du gottverdammter Klugscheißer!«
    17
    Wie leicht und einfach war alles gewesen, früher, als Laura sich entschlossen hatte, London und ihre Eltern zu verlassen, um die Apfelmalerei bei Professor Bonenfant aufzugeben und mit Harry nach Paris zu ziehen. Keine Sekunde hatte sie damals überleg t – der Himmel hatte für sie entschieden, und sie war dieser Entscheidung gefolgt, als gäbe es gar keine andere Wahl.
    Aber jetzt?
    Noch nie in ihrem Leben war sie so unsicher gewesen wie in diesen Wochen, in denen sie Tag für Tag mit Harry zusammen war, ohne seine Frau zu sein. Wenn er da war und sie miteinander arbeiteten, war sie glücklich, erfüllt von einer Ruhe, die sie seit ihrer Zeit in Sainte-Odile nicht mehr empfunden hatte. Stunden um Stunden verbrachten sie in nahezu vollkommener Selbstvergessenheit, oft ohne zu sprechen, weil ein Blick oder eine Geste genügte, um einander zu verstehen, und ihr Gespür füreinander war wie damals so sicher und intensiv, dass sie, ohne sich umzudrehen, wussten, wann immer der eine hinter dem anderen stand. Doch wenn Harry abends fortging, war das Atelier so groß und still und leer, dass die Verzweiflung Laura überkam wie ein riesiger schwarzer Vogel und sie nur darauf hoffte, dass das Telefon klingelte und sie wenigstens seine Stimme noch einmal hören konnte, bevor die Nacht sie verschluckte. Schon ein Dutzend Mal hatte sie ihren Koffer gepackt, um zu ihm zurückzukehren. Und genauso oft hatte sie den Koffer wieder ausgepackt und war bei Roberto geblieben.
    War es ein Fehler gewesen, die Schuhe, die Dr. Retroverria ihr geschenkt hatte, über Bord zu werfen? Manchmal, wenn sie schlaflos an Robertos Seite im Bett lag und in der Dunkelheit ein Paar hellblauer Augen sah, die sie mit ihren Blicken sezierten, hatte sie Angst, wieder verrückt zu werden. Nur wusste sie nicht, wann die Gefahr größer war: wenn sie bei Roberto blieb oder wenn sie zu Harry zurückkehrte.
    »Ich glaube, es hat keinen Sinn«, sagte sie und warf das Stück Leinwand hin, das sie und Harry seit über einer Stunde auf dem Boden hin und her geschoben hatten, um den passenden Platz für das Bild in der Collage zu finden. »Bis zur Vernissage sind es keine zwei Wochen mehr, und wir haben immer noch keine Lösung.«
    »Wundert dich das? Kunst ist noch nie aus einer Lüge entstanden.«
    »Fängst du schon wieder damit an?«
    »Ich habe niemals damit aufgehört. Herrgott, Laura, du musst diesen Stierkämpfer verlassen!«
    »Damit ich wieder im Irrenhaus lande?«
    »Und das hie r – ist das kein Irrenhaus?«
    Sie stand auf und trat ans Fenster. Auf der Straße spielten ein paar Kinder. Sie hatten einem Hund eine Blechbüchse an den Schwanz gebunden und bogen sich vor Lachen, während das arme Tier wie vom Teufel gejagt vor sich selbst davonrannte.
    »Du hast ja keine Ahnung, was ich durchgemacht habe«, flüsterte sie.
    »Du meins t – in San Sebastian?«, erwiderte er ebenso leise.
    Laura nickte. »Ich will das nicht noch mal erleben, Harry. Und du kannst mich nicht davor bewahren, im Gegenteil.«
    »Wahrscheinlich hast du recht. Ich allein würde das nicht schaffen. Aber zusamme n …« Er sprach den Satz nicht zu Ende. »Wo ist dein Vertrauen geblieben, Laura? Hast du das schon per Post nach Mexiko geschickt? Als Opfergabe für deine Maya-Tempel?«
    Wütend drehte sie sich zu ihm um. »Hast du noch immer nicht begriffen? Wenn ich zu dir zurückkehre, könnte ich genauso gut wieder nach London fahren, zu meinem Vater.«
    »Habe ich dich je wie dein Vater behandelt? Habe ich dich eingesperrt oder gefoltert?«
    »Ich halte das nicht mehr aus! Ich will nüchtern sein, Harr y – NÜCHTERN ! Hörst du?«
    »Auch wenn du dein Eheversprechen brichst, brauchst du mich nicht anzuschreien. Erstens habe ich noch ganz gut funktionierende Ohren, trotz meines Alters, und zweiten s …«
    »Zweitens?«
    Er zögerte. Dann sagte er: »Weil es mir wehtut, Laura.«
    Seine Augen waren ganz leer. Bei seinem Anblick, wie er da auf dem

Weitere Kostenlose Bücher