Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
Vom Netzwerk:
auf.
    »Lassen Sie eine Umfrage unter den Gefangenen durchführen, Colonel. Wer im Lager bleiben will und wer sich freiwillig zum Abtransport meldet.«
    »Wozu soll das gut sein?«
    »So können Sie die Häftlinge voneinander unterscheiden«, erklärte Harry. »Wer sich freiwillig den Gefahren der Flucht aussetzt, ist mit Sicherheit ein Emigrant, der Angst hat vor den Deutschen. Kein vernünftiger Mensch würde sonst ein solches Wagnis auf sich nehmen. Schließlich sind wir in Feindesland. Nur die Nazis werden im Lager bleiben. Sie haben von ihren Landsleuten nichts zu befürchte n …«
    24
    »Wo hast du mein Schaf hingebracht?«, wollte Laura wissen.
    »Wo es hingehört, in den Stall«, erwiderte Geraldine. »So ein stinkendes Vieh in der Wohnun g – das ist ja ekelhaft!«
    »Bist du deshalb aus London hierhergekommen? Um mir mein Schaf wegzunehmen?«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Geraldine. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Der Brief, den du mir geschickt hast, war so wirr wie von einer Geisteskranken. Aber darüber können wir ein andermal reden. Jetzt haben wir Wichtigeres zu tun.« Wie immer, wenn sie es ernst meinte, zog sie ihr Gouvernantengesicht. »Wir müssen raus hier! Das ganze Dorf ist schon voller Flüchtlinge. Belgier, Holländer, Franzosen. Die Deutschen können jeden Tag hier sein.«
    »Und wo sollen wir hin?«
    »Erst nach Spanien, und dann weiter nach Lissabon.«
    »Ich kann nicht weg. Ich habe kein Sauf-conduit . Ohne das darf sich in Frankreich niemand vom Fleck rühren.«
    »Ich habe mit Madame Lulu gesprochen. Sie kennt einen Notar. Der kann alle nötigen Papiere besorgen.«
    »Du meinst Maître Simon?«
    »Ja, ich glaube, so heißt er. Er hat sich jedenfalls schon bereit erklärt, die Sache für dich zu erledigen.« Geraldine zwinkerte ihr zu. »Ein heimlicher Verehrer?«
    »Unsinn«, erwiderte Laura. »Er ist Anwalt und will für alles Geld. Womit soll ich ihn bezahlen? Ich habe keinen Pfennig. Nur Schulden.«
    »Du kannst das Haus verkaufen.«
    »Das Haus?«
    »Warum nicht? Wenn du fort bist, brauchst du es sowieso nicht mehr.«
    »Wie stellst du dir das vor? So was dauert Wochen, wenn nicht Monate.«
    »Madame Lulu bietet an, das Geld für den Notar vorzustrecken. Du brauchst ihr nur eine Vollmacht zu geben, dass sie das Haus in deinem Namen verkaufen darf. Dann sind auch deine Schulden erledigt. Wenn du mich fragst, sie ist wirklich ein Schatz, deine Lulu.«
    »Trotzdem«, sagte Laura. »Ich weiß nich t …«
    »Was gibt es da zu überlegen? Die Deutschen machen vor nichts Halt. Ich habe gehört, dass sie sogar Frauen vergewaltigen. Willst du riskieren, dass sie über dich herfallen? Für diese Bruchbude?«
    Laura zuckte zusammen, als hätte ihre Freundin ihr eine Ohrfeige gegeben.
    »Siehst du?«, sagte Geraldine. »Darauf hast du keine Antwort.«
    Laura musste schlucken. Ihre Freundin hatte ja recht. Das Haus war eine Bruchbude, alles war schäbig und alt, und die letzten Wochen darin waren die Hölle gewesen. Aber es war ihr Haus. Nirgendwo war sie in ihrem Leben so glücklich gewesen wie hier, hier hatte sie ihr Kind empfangen. Wenn sie das Haus verließ, würde es sein, als würde sie sich ein Stück Fleisch aus dem Leib reißen.
    Konnte sie das?
    Geraldine sah ihre Unsicherheit. »Das Haus ist gar nicht der Grund, nicht wahr? Du willst nicht weg wegen ihm .« Sie zeigte auf das Porträt von Harry auf der Staffelei.
    Laura nickte. »Ich muss doch auf ihn warten. Vielleicht kommt er ja doch noch zurück.«
    »Das glaubst du doch selber nicht!« Geraldine schüttelte energisch ihren blonden Pagenkopf. »Erinnerst du dich noch, was ich in London gesagt habe? Dass Harry dein Vater sein könnte ? – Nein, hör mir jetzt zu«, sagte sie, als Laura widersprechen wollte. »Du hast dir eingeredet, dieser Mann wäre dein Geliebter. Aber er war nur ein Vaterersatz. Schau dein eigenes Bild a n – es ist der Beweis. Ein alter, hartherziger Mann. Und für den hast du alles aufgegeben, was du hattest.«
    »Alles, was ich getan habe, habe ich für mich selbst getan«, sagte Laura.
    »Red keinen Quatsch. Mir kannst du nichts vormachen.« Geraldine versuchte ein Lächeln. »Warum tust du nicht, was jede vernünftige Frau in deiner Situation tun würde? Schlaf mit irgendeinem anderen Mann, um ihn zu vergessen!«
    »Halt sofort deinen Mund, ode r …«
    Statt den Satz zu Ende zu sprechen, öffnete Laura den Atelierschrank und holte daraus die zusammengefaltete Leinwand hervor, die sie dort

Weitere Kostenlose Bücher