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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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anzusehen. »Ich weiß bald nicht mehr, was ich denken soll. Es tut mir leid. Was immer auch passiert, es tut mir leid. Ich wollte das alles nicht.«
    Mein Herz raste. Ich fürchtete mich. Nicht vor ihm, aber vor dem, was er andeutete. Er war in etwas verwickelt, das er mir nicht anvertrauen wollte.
    Â»Ich habe keinen blassen Schimmer, wovon du jetzt schon wieder redest, Marlon. Aber es gefällt mir nicht. Es macht mir Angst. Ich möchte gehen.« Ich musste nachdenken, musste mich beruhigen. Ich brauchte eine Aussage von Marlon, ob er mir vertraute, ob er überhaupt noch irgendetwas für mich empfand außer dem Misstrauen, das wie Hitze von ihm abstrahlte. Böse Hitze. Aber zunächst musste ich sicherstellen, was ich selbst empfand. Gestern war mir das so klar gewesen, aber heute kam es mir so vor, als würde ich Marlon in einem Zerrspiegel betrachten.
    Alles schien fremd. Nichts stimmte mehr. Wer war er überhaupt?
    Ich ging, versuchte zu ignorieren, mit wie viel Schmerz in den Augen er mir nachsah. Ich ignorierte auch sein flehendes »Warte!«, obwohl es so unglücklich klang, als würden die beiden Silben ihn entzweireißen.
    Doch bevor ich die Zimmertür erreicht hatte, wurde diese von außen geöffnet. Corbin und Emma standen mir gegenüber. Zorn und Abscheu in ihren Gesichtern. Ich wich unweigerlich zurück.
    Â»Verrätst du uns?«, zischte Emma mich an. »Sag schon, bist du das verlogene Miststück, für das wir dich halten? Hast du ihn verraten?« Sie wies mit einer weit ausholenden Geste auf Marlon.
    Ich erstarrte zur Salzsäule, als ich in ihrer Hand eine Pistole erkannte. Das alles konnte nicht real sein. Wie kam sie nur auf diesen Unsinn? Was sollte diese Waffe bedeuten? Waren hier eigentlich alle verrückt geworden?
    Tränen bildeten sich in meinen Augen und alles verschwamm. Ich warf Marlon einen Hilfe suchenden Blick zu, den er unbeantwortet ins Leere gehen ließ. Auch er wirkte wie versteinert, aber ich sah ihm keinen Schrecken an, nicht einmal Entrüstung. Er verstand, was hier geschah, hatte es kommen sehen.
    Ein schrilles Kichern quoll aus meiner Kehle. Ich versuchte, es zu unterdrücken. Biss mir auf die Zunge. Vergeblich. Tränen rannen mir übers Gesicht und ich kicherte hysterisch, konnte nichts dagegen tun. Vielleicht verliert man den Verstand, wenn zu viele schlimme Dinge in so kurzer Zeit auf einen eindreschen. Es war keine vierundzwanzig Stunden her, dass man auf uns geschossen hatte, ganz zu schweigen davon, was am Tag zuvor alles passiert war. Und nun hielt mir schon wieder jemand eine Pistole ins Gesicht?
    Emma trat näher, sah mich berechnend an. Ein paar Haarsträhnen hatten sich aus ihrem strengen Zopf gelöst. Ihr Gesicht war kalkweiß, ihre Augen sahen animalisch aus. »Verräterin … Falle gestellt!« war alles, was ich verstand.
    Marlon hob die Hände und bewegte sich langsam auf mich und Emma zu. »Em! Emma, nimm sofort die Waffe runter, das geht zu weit!«
    Â»Halt den Mund!«, keifte sie und wedelte mit der freien Hand. »Bleib weg von ihr, sonst knall ich sie sofort ab! Sie hat uns verraten! Das Miststück hat uns verraten!«
    Marlon trat näher zu mir. Emma entsicherte die Pistole.
    Â»Ganz ruhig!«, rief er, seine Stimme klang merkwürdig. »Ich tu, was du sagst, aber bleib ruhig.«
    Â»Sie ist schuld, dass du angeschossen wurdest!« Emma klang atemlos. »Unser Verdacht, den du als ach so absurd bezeichnet hast, war richtig! Sie hat dich in eine Falle gelockt, Marlon. Sie wusste, dass die Huntsmen im Wald sein würden.«
    Â»Das stimmt nicht!«, widersprach ich und war erstaunt darüber, eher empört, statt bis ins Mark verängstigt zu klingen.
    Corbin wirkte ebenso wütend wie traurig. Enttäuscht. »Du hast ihn doch dort hingeführt! Gib es zu.«
    Â»Nein!«, erwiderte Marlon, aber es klang eher wie: nicht direkt. Ich hatte ihn zum Friedhof geführt, wo er den Hinweis zum Steintor gefunden hatte.
    Â»Sie hat Kontakt zu Olivier!« Emma zerrte etwas aus der Gesäßtasche ihrer Hose und knallte es auf den Tisch. Mein Handy. Hatten sie etwa schon wieder darin herumgeschnüffelt? »Und von ihr haben sie auch unsere Adresse!«
    Â»Bullshit!«, schrie ich. »Ich habe ihn ein einziges Mal getroffen, um –«
    Das Chaos brach aus.
    Emmas Hand zuckte nervös. Marlon brüllte: »Emma, nein!«,

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