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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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mir Mühe geben. Ich will ja gar keinen der netten Jungs von nebenan.«
    Er fuhr mit dem Daumen meine Augenbraue nach. Ich schmiegte mein Gesicht in seine Hand und atmete durch. Mit Marlon zu streiten schmeckte, als würde ich in Gallseife beißen. Aber da war noch diese eine Frage, die ich ihm stellen musste, auch wenn ich mich vor der Antwort fürchtete. »Wo wir schon bei nebenan sind … Meine Nachbarin sucht immer noch nach ihrer Katze. Du hast sie nicht zufällig gesehen?«
    Â»Zu mir kommt keine Katze.« Ich spürte das winzige Zucken seiner Finger. »Das habe ich dir doch gesagt.«
    Ach, Marlon. Ewig kämpfst du gegen die Worte. Wie können dir die falschen so leichtfallen?
    Ich berührte seinen Handrücken, damit er die Hand nicht wegziehen konnte, und sagte leise: »Ja, aber du lügst. Du weißt, wo die Katze ist.«
    Irgendetwas veränderte sich. Die Luft atmete sich schwerer. Das Licht schuf tiefere Schatten. Ein Hauch von Gefahr wand sich um mich herum und drückte gegen meinen Körper.
    Das Misstrauen war zurück in Marlons Miene, so heftig wie nie zuvor. Als er meine Wange losließ und einen Schritt zurücktrat, durchströmte mich Erleichterung.
    Â»Woher weißt du das?«
    Ich kam mir vor, als sei ich bei etwas Bösem ertappt worden. Als wäre ich es, die gelogen hatte. »Ich weiß es eben.« Ihm zu sagen, dass ich mir Sorgen gemacht hatte und daher zur Hütte gegangen war, kam nach unserem Streit nicht infrage. Was mit seinem Katzengrab passiert war, sollte er schön selbst herausfinden, die Überraschung würde ich ihm nicht vermiesen.
    Seufzend ließ Marlon sich auf sein Bett fallen. »Okay. Ich habe sie vergraben. Hab sie auf der Straße gefunden, sie muss vor ein Auto gerannt sein – war kein schöner Anblick.« Er zuckte mit den Schultern, die Arme zu beiden Seiten ausgebreitet. »Was hätte ich machen sollen? Sie in einen Mülleimer werfen?«
    Â»Du hättest es mir sagen können.« Sagen müssen traf es besser.
    Â»Als ich klein war«, sinnierte er und sah aus dem Fenster, »ich meine, so ein richtig winziger Hosenscheißer, und unsere Eltern noch bei uns waren, da hatten wir einen Hund. Einen Mischling, hellbraun und zottelig wie ein Schaf. Er hat immer in meinem Bett geschlafen, am Fußende, und dabei so laut geschnarcht, dass ich ständig wach wurde. Und pupsen konnte er! Ein Zombie auf Gärungsstufe drei kann auch nicht schlimmer riechen. Doch dann ist er abgehauen und meine Mutter erzählte mir wochenlang von den Orten, an denen unser Benjie jetzt Ferien machte. Schöne Geschichten. Ich mochte sie. Bis ich erfuhr, dass der Hund gar nicht weggelaufen war. Krank war er gewesen und der Tierarzt hatte ihn einschläfern müssen. Ich fand die Vorstellung von Benjie im Urlaub aber immer angenehmer als von Benjie in der Tierverwertung.«
    Â»Und deshalb lügst du mich an?« Das meinte er doch nicht ernst! Er glaubte nicht wirklich, seine rührselige Kindheitsgeschichte würde mich davon überzeugen, dass er mit seiner Lüge etwas Gutes tun wollte. So dumm waren andere. Aber nicht Marlon.
    Â»Vergiss es«, entgegnete er. Ich spürte die Verzweiflung, mit der er nach einer Erklärung suchte, die es nicht gab. Sie machte ihn grob, ließ mich den aggressiven Marlon sehen. Den, der eine Waffe trug und mir noch immer ein wenig Angst machte.
    Â»Was verschweigst du mir? Ich dachte, wir hätten die Heimlichkeiten hinter uns gelassen.« Ich wäre gerne auf ihn zugegangen, hätte ihn gerne berührt, weil es ihm das Reden leichter machte. Aber sein Blick war kalt und bat um Abstand. Das tat weh, viel mehr als der Splitter aus Furcht. Ich fühlte mich bestraft. Und dass ich nicht wusste, was ich falsch gemacht hatte, machte es umso schlimmer.
    Â»Vielleicht was das ja ein Fehler?«
    Mir fehlten die Worte. Ich bemerkte, dass er meine Hände beobachtete, sah an mir herunter und stellte fest, dass sie zitterten.
    Â»Denn was«, sagte er gedehnt und sah mich skeptisch an, »verschweigst du mir?«
    Â»Ich verstehe überhaupt nicht, was du von mir willst. Ich verschweige dir nichts, denn es gibt nicht zu verschweigen!« Es kostete mich all meine Beherrschung, ihn nicht anzuschreien. »Was ist denn nur passiert? Warum plötzlich dieses Misstrauen?«
    Â»Zu viele Zufälle«, antwortete er und vermied dabei, mich

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