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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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wie ein Knistern.
    Â»Sicher, dass du mich nach Hause fährst?«
    Marlon schüttelte den Kopf, räusperte sich. Ȇberhaupt nicht.«
    Â»Dann darf ich bleiben?«
    Er sagte nichts, reichte mir nur sein Handy.
    Verdammt! Ob ich bleiben durfte, hatte unerfreulicherweise mein Vater zu entscheiden. Ich rief ihn an, wandte mich ab, weil ich nicht wollte, dass Marlon in meiner Miene forschte, während ich mir Papas Meinung über Jungs und Nächte und für mich geeignete Betten anhören musste. Meine Ohren glühten bereits, als er abnahm.
    Â»Papa?« Ich versuchte eine Mixtur aus Bitte, bitte, liebster Papi und Alter, mach bloß keinen Stress in meinen Unterton zu legen. Hoher Schwierigkeitsgrad, denn wenn ein Extrem zu deutlich durchschimmerte, lautete die Reaktion meist: Auf gar keinen Fall!
    Â»Ich habe ein Geständnis und eine Bitte.«
    Ich lauschte. Hinter seinem fragenden Brummen hörte ich ein leises Lachen. Ein leises und sehr weibliches Lachen. Er hatte Besuch von Corinna. Wie schön. Für mich.
    Â»Das Geständnis ist, dass es sich mit der rein platonischen Freundschaft erledigt hat.«
    Papa atmete tief ein. Ich hoffte, er würde, ohne zu fragen, an Dominic denken. Denn ihn kannte er, von ihm erwartete er nichts Schlimmes.
    Â»Die Bitte«, fuhr ich eilig fort. »Darf ich über Nacht bleiben? Du brauchst nichts sagen, ich höre deine Bedenken in meinem Kopf und bin vollkommen einverstanden. Du hast total recht, ehrlich, und alles, was du sagen willst, stimmt.« Ich verstellte die Stimme, als wollte ich eine Klatschreporterin synchronisieren. »Herzlichen Glückwunsch, Herr Grau, Ihre Tochter ist bestens erzogen, erstklassig aufgeklärt und wunderbar vorbereitet. Wir gratulieren zu diesem einmaligen Erfolg, der ganz allein Ihnen zuzuschreiben ist.« Mein Fehler war es, Marlon einen Blick zuzuwerfen. Er presste die Lippen zusammen, um nicht laut aufzulachen. Ich prustete los und brachte meinen Werbetext nicht zu Ende.
    Â»Noa?«, fragte Papa ernst. »Noa, hast du Drogen genommen?«
    Â»Nee, da muss ich dich enttäuschen, die Wilde-Mädchen-Nummer habe ich immer noch nicht drauf. Tut mir leid, ich werde mir mehr Mühe geben. Was ist jetzt? Ist es okay?«
    Â»Moment, warte mal eben.« Ich hörte leises Raunen. Vermutlich beriet er sich mit Corinna, hielt aber eine Hand über den Hörer. Schließlich seufzte er ins Telefon. »Na schön. Aber erinnere deinen feinen Freund an unseren Deal mit der Schnabeltasse.«
    Noch einmal riss ich mich zusammen, antwortete mit einem gewollt lässigen »Logo«, verabschiedete mich und hielt Marlon das Handy entgegen.
    Â»Wir haben jede Menge Zeit«, sagte ich langsam und sehr leise. »Erzähl mir mehr von der Stimme im Stein.«
    Marlon zog einen Block mit einem daran festgeklemmten Kuli unter seinem Bett hervor und kritzelte darauf herum. Vor meinen Augen entstand der torbogenartige Stein. Dann trug Marlon an unterschiedlichen Stellen Worte ein, manche schrieb er deutlich, andere deutete er nur mit wenigen Buchstaben an. Viele Fragezeichen gesellten sich dazu.
    Â»Es ist schwer zu beschreiben, wie ich die Stimme wahrgenommen habe«, erklärte er, »aber am ehesten verstehst du es so.«
    Ich betrachtete seine Zeichnung. Viel Sinn ergab sie nicht. Nur drei Worte waren erkennbar: Spiegel , Sohn und Wächter.
    Marlon deutete auf das letzte Wort. »Es könnte auch Fechter, Pächter oder Schlächter bedeuten, aber Wächter erschien mir logischer. Was fällt dir zu Wächter ein, Noa? Denk gezielt an diese Stadt.«
    Â»Unser Wahrzeichen wird Stummer Wächter genannt. Der Löwe vom alten Stadtwappen.«
    Marlon nickte und sah mich vielsagend an. »Und wo sieht man dessen Spiegelbild?«
    Ich musste nach Luft schnappen. »Im Brunnen, über dem er sitzt.« Dort, wo ich Marlon zum ersten Mal gesehen hatte. Ich griff nach dem Kuli und nagte nervös auf seinem Ende herum.
    Erneut nickte Marlon, doch nun wirkte seine Miene verbissen. »Ich wusste, dass dort etwas war. Ich habe es gespürt, konnte aber nicht lokalisieren, woher es kam. Es ist nicht in der Löwenstatue, aber inzwischen glaube ich zu wissen, wo.« Er deutete auf eins der Worte, die er nur zur Hälfte aufgeschrieben hatte; die Buchstaben standen am höchsten Punkt des Torbogens. Durch…?
    Â»Durchfall!«, rief ich. Kein Zweifel. »Wenn es etwas mit dem

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