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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Brunnen zu tun hat, dann muss es Durchfall bedeuten. Den bekommt man von dem Wasser da drin. Aber ich vermute mal, dass in dem Stein nicht bloß eine Warnung vor der Wasserqualität eingesungen ist.«
    Marlon grinste. »Mein Gedanke war eher: Durchgang. Ich werde morgen noch mal dort hingehen und schauen, was ich herausfinde. Heute wäre es besser gewesen, aber«, er wirkte fast verlegen, »es gab Wichtigeres zu klären und jetzt kann ich einfach nicht mehr. Ich bin völlig fertig.«
    Das verstand ich gut. Der Tag war, verglichen zu gestern, die reinste Wohltat gewesen. Trotzdem war auch ich vollkommen erschöpft. Man sah es Marlon dank seiner dichten Wimpern nicht auf den ersten Blick an, aber seine Lidränder waren gerötet und seine fahrigen Handbewegungen hatten mich den ganzen Abend schon vermuten lassen, dass er sehr müde war.
    Â»Hast du letzte Nacht geschlafen?«
    Â»Nicht wirklich«, gab er zu. »Mir tat der verdammte Arm weh und …« Er legte eine Hand auf sein Herz, was mich direkt in meins traf.
    Ich erklärte abendliches Waschen und Zähneputzen für überbewertet, streifte nur meine Hose von den Hüften, schob mich unter Marlons Decke und hielt sie für ihn hoch. Er stand auf, knipste das Licht aus und befreite sich von Jeans und T-Shirt. Das überdimensionale Pflaster, das die Schusswunde verbarg, leuchtete weiß im Dunkeln, wie ein handtellergroßes Gespenst, das auf mich zuflog. Mit einem leisen Stöhnen ließ er sich neben mich aufs Kissen gleiten. Meine Hand mogelte sich schneller auf seine nackte Brust, als ich das überdenken konnte.
    Â»Besser?«, fragte ich.
    Er kippte den Kopf in meine Richtung. »Viel besser. Nah dran an optimal.«
    Â»Wie wäre optimal?«
    Er zog mich an sich, sodass ich in seiner Armbeuge zum Liegen kam. »So.«
    Sein intensiver Geruch – ein wenig Zimt, viel Marlon – machte mich ganz schwindelig. Müde zu sein bedeutet nicht zwangsläufig, schlafen zu wollen. Ich nahm seine Hand, die zärtlich an meiner Wange lag, und führte sie zu meiner Brust. Er spürte sicher, dass mein Herz raste. Den Versuch, mich gelassen zu geben, konnte ich vergessen; aber das war nun unwichtig, spürte ich Marlons Herz doch ebenso rasen und seinen Atem rauer werden. Wir berührten uns. Hielten inne, um uns zu küssen, weil beides zusammen zu viel war. Irgendwann zerrte ich mir kurzerhand das T-Shirt über den Kopf und lag in Slip und BH neben ihm. Ich wollte an meinen Rücken greifen und den Verschluss öffnen, doch Marlon verhinderte, dass ich mich bewegte, indem er mich in eine steinharte Umarmung zog.
    Â»Genug, Noa«, flüsterte er heiser. »Sonst mag ich nicht mehr aufhören.«
    Â»Dann hör nicht auf.«
    Er atmete tief ein, stieß mit dem Ausatmen einen gewisperten Fluch aus und küsste meine Stirn. »Das muss ich aber. Denk an die Geschichte, die ich dir erzählt habe. An Brijans und Seirēns Kinder, und was mit denen geschah, die sie liebten.«
    Ich entwand mich ihm, richtete mich im Bett auf. »Das war doch nur eine Geschichte.«
    Im Dunkeln sah ich ihn an die Decke blicken, die Augen schwarzglänzend wie Glas und starr wie die einer Puppe. »Es sind nie nur Geschichten. Ich hätte es dir sagen müssen, aber ich habe gehofft, du würdest deine Schlüsse selbst ziehen. Ich fürchte, dass dieser Teil wahr ist. Ich kann nicht mit dir schlafen. Nicht heute und nicht morgen. Nie.«
    Â»Erklär es mir«, verlangte ich und streichelte ihn dabei, um nicht zu klingen wie ein bockiges, abgewiesenes Mädchen.
    Â»Ich habe dir doch erzählt, dass manche unsere Existenz als einen Fluch bezeichnen. Sie sagen, es koste uns einen Preis, nicht wie alle anderen am Boden zu bleiben, sondern zu glauben, der Himmel gehöre uns. Es heißt, wenn wir uns mit einem Menschen vereinen, fließt unsere Sehnsucht in diesen Menschen über und er wird nie wieder glücklich sein, sondern sich sein Leben lang nach dem Himmel sehnen.«
    Â»Du sehnst dich aber nicht danach zu fliegen. Also kann auch nichts davon in mich überfließen.«
    Er nahm mein Gesicht in beide Hände, ließ nicht zu, dass ich es abwandte, und zwang meine Stirn an seine. »Du möchtest es ausprobieren? Für ein bisschen Sex dein Glück riskieren? Dein Leben? Ich fürchte, so ein guter Liebhaber bin ich kaum.«
    Â»Und ich wette auf das

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