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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Hölle war los.
    Marlon und ich rannten Richtung Wald, ohne nach links und rechts zu schauen. Autos, Bäume und Sträucher wurden zu verschwommenen Farbklecksen. Schreie und Schüsse vermischten sich zu einer Welle aus Krach, die sich hinter uns auftürmte und uns vor sich herjagte. Wir flohen vor den Jägern sowie Ebonys Zauber, der Marlon wie eine Druckwelle nachrollte und ihn zu Boden schleuderte. Ich packte nach ihm, zerrte an seinem Arm. Seine Haut glühte.
    Â»Weiter«, trieb ich ihn an.
    Sein Blick entsetzte mich. Seine Augen waren immer schwarz gewesen, aber für eine Sekunde war nichts Menschliches mehr in ihnen. Ich schlug ihm ins Gesicht und er kam zu mir zurück. Wir hasteten weiter, vernahmen Schüsse hinter uns, lautes Fluchen und das Gezeter eines Raben. Oder war es ein Lachen? Das Einzige, was ich wusste, war, dass Ebony ihren Kugeln entkam. Sie flog über uns hinweg und ich erkannte sie.
    Pinsel.
    Sie war Pinsel.
    Hinter uns schwoll ein Geräusch an, das mich zunächst erleichterte. Motoren. Mit ihren Autos konnten sie uns nicht in den Wald folgen, die Pappeln, Kiefern und Nusssträucher standen hier dicht an dicht. Dann zerbröselte diese Erleichterung, denn ich erkannte ein Motorrad, knapp dahinter ein zweites. Marlon warf sich herum, als sie näher kamen, zielte mit vor Anstrengung zitterndem Arm auf die Jäger. Sein Gesicht war wie von Schmerzen verzerrt, all die Kälte geschmolzen. Schweiß rann ihm über die Stirn, lief seinen Nacken hinab und versickerte in seinem T-Shirt.
    Â»Verpisst euch!«, brüllte er. Der Pistolenlauf schwankte zwischen den beiden Verfolgern hin und her. »Verschwindet, bleibt zurück oder ich knall euch ab!« Die Waffe in seiner Hand zitterte wie eine Schlange, die nicht wusste, welchen Angreifer sie beißen sollte. Das Zögern kostete uns den Kampf.
    Ich presste mich an Marlons ungeschützte Seite und versuchte, die Tränen zurückzuhalten, während die Motorräder auf uns zukamen. Wir hatten immer noch die Waffe. Und dennoch keine Chance, das erkannte ich jetzt. Marlon würde nicht als Erster schießen. Er war nicht skrupellos. Kein Mörder. Er wollte niemanden töten, hatte es nie gewollt. Ich schloss die Arme um ihn, schmiegte mein Gesicht an seine Schulter, ohne die Jäger aus den Augen zu lassen. Irgendwie tröstete es mich, dass er nicht kaltblütig abdrückte.
    Â»Es ist gut«, stammelte ich, nur damit er wusste, dass ich ihm keinen Vorwurf machte.
    Er hob die Hand, als Zeichen der Kapitulation, rief unseren Verfolgern zu, dass er sich ergeben würde. Ich spürte, wie Marlons Herz polterte, wie er Atem holte, um mir etwas zu sagen.
    Ein peitschendes Geräusch verschluckte seine Worte. Mir blieb schlagartig die Luft weg. Marlon brüllte übelste Beschimpfungen. Schüsse donnerten, ich roch Rauch. Er schoss! Marlon feuerte die Waffe mehrfach hintereinander ab. Mein Blick fiel auf meine Hüfte, wo sich ein kühles Prickeln ausbreitete. In meinem Fleisch steckte ein Pfeil. Ein albernes Ding mit neonpinkfarbenen Federn. Ich griff danach. Sie waren erstaunlich weich. Ganz harmlos, ich hatte nicht einmal Schmerzen. Ein leichter Schwindel erfasste mich. Ich zog an dem Pfeil, aber er entglitt meinen Händen. Ich spürte, wie Marlon mich zu stützen versuchte, aber ich rutschte trotzdem zu Boden. Sein Brüllen hörte nicht auf, nur die Lautstärke nahm ab. Statt der Schüsse hörte ich nun ein Klicken. Ein unaufhörliches klick , klick , klick . Klickklickklick. Ein Kranz aus Dunkelheit umrahmte mein Blickfeld, in der Mitte wurde es immer heller. Ich spürte noch, dass Marlon mich an sich zog, wie betrunken meinen Namen lallte. Was dann geschah, zerlief in Nebel.
    Es schmerzte dort, wo meine Hände sein sollten. Bewegen ließen sie sich nicht. Ich blinzelte mehrmals, damit sich der Schleier vor meinen Augen lichtete. Langsam kam ich zu mir – zumindest mein Kopf. Mein Körper schien noch fest in der Hand der Ohnmacht. Ich hörte Stimmen, fremde Stimmen, schloss die Augen, da ich niemanden wissen lassen wollte, dass ich wach war, und lauschte. Es dauerte einen Moment, ehe ich sie durch das Rauschen in meinen Ohren verstehen konnte.
    Â»â€¦Â permanent ein Mann vor dem Haus positioniert. Wir können bedenkenlos bis Sonntag hierbleiben und die Aktion wie geplant starten.«
    Â»Mal im Ernst, Olli. Sie glauben doch nicht, dass es hier

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