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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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morgen eine Metamorphose geben wird. Wir sollten die beiden einladen und verschwinden. Die Vögel flattern davon, von denen sehen wir hier keinen mehr.«
    Â»Bei allem Respekt, General, aber das denke ich nicht.« Eine Pause dehnte sich aus und zerrte an meinen Nerven. Dann sprach Olivier weiter. »General, die Familienbande dieser Kreaturen scheinen eng, besonders bei den Raben. Der Schwarm wird in der Nähe bleiben, solange der Junge hier ist. Außerdem ist da noch der ältere Bruder. Der ist schon zwanzig und hat keine Zeit mehr. Es wird eine Metamorphose geben, vertrauen Sie mir.«
    Â»In Ordnung, warten wir also noch ab. Auf den Tag kommt es nicht an. Übrigens, gute Arbeit, Olli.«
    Â»Gute Arbeit wäre es gewesen, wenn wir Adrian nicht verloren hätten«, erwiderte Olivier bitter. »Der Junge hat ihn mit drei Kugeln erwischt, er war sofort tot.«
    Â»Tut mir leid für Sie. Sie haben lange zusammengearbeitet, richtig?«
    Â»Vier Jahre, General.«
    Â»Der Junge wird seine Strafe bekommen. Was macht eigentlich Ihr Arm? Ich habe gehört, Sie sind auch getroffen worden.«
    Â»Glatter Durchschuss, kaum der Rede wert.«
    Ich hielt die Luft an. Wenn Marlon seine Strafe bekommen würde … dann war er noch am Leben.
    Schritte näherten sich. Ich spürte, dass mir mein Rock über die Oberschenkel gerutscht war, meine Beine lagen nackt auf kaltem Steinboden. Das Stillhalten fiel mir so schwer wie noch nie in meinem Leben, aber ich hatte nicht den Mut, diesen Leuten ins Gesicht zu sehen.
    Â»Was ist mit dem Mädchen?«, fragte der Mann, den Olivier General genannt hatte. Ich spürte seine Blicke auf mir. Mir wurde ganz schlecht. »Gibt es schon Gewissheit, was sie ist?«
    Â»Noch nicht, General. Zu den Raben gehört sie nicht, so viel steht fest. Sieht eher aus wie ein Spatz. Der Junge hat gestammelt, sie hätte nichts damit zu tun, bevor er das Bewusstsein verloren hat.«
    Â»Natürlich nicht«, höhnte der General. »Diese Vögel haben ja nie mit irgendetwas zu tun.«
    Â»Die reinsten Friedenstäubchen. Verwunderlich ist nur, dass dieses Spätzchen ständig um unsere Vögel herumflattert. Aber um ehrlich zu sein, halte ich sie eher für ein Opfer dieser Kreaturen.«
    Â»Armes Ding.« Der Tonfall des Generals klang spöttisch und ich hasste ihn dafür. »Nun, wir werden es bald genau wissen.«
    Die beiden Männer entfernten sich, ich verstand nicht mehr, was sie sagten. Ich hörte ein rollendes Donnern, schließlich einen Knall und dann folgte tiefste Stille. Erst jetzt wagte ich, die Augen wieder zu öffnen. Ich lag mit dem Gesicht einer nackten Wand zugewandt. Zunächst versuchte ich hastig, meinen Rock nach unten zu ziehen, was sich als schwierig herausstellte, man hatte mir die Hände auf dem Rücken zusammengebunden. Ich warf mich herum und ein Schrei brach über meine Lippen – Marlon lag auf der anderen Seite der Garage, sein Gesicht ruhte in einer Blutlache. Was hatten sie ihm nur angetan? Ich mühte mich auf die Knie, kroch zu ihm und presste die Lippen an seine Halsbeuge. Seine Haut war kühl, aber darunter spürte ich einen Puls. Ich wisperte seinen Namen. Mehr als ein Zucken seiner Lider bewirkte ich damit nicht. Sein linkes Auge war völlig zugeschwollen, die Lippe aufgeplatzt. Seine Hände waren wie meine gefesselt. Mit Kabelbindern, wie ich jetzt erkannte. Eilig sah ich mich nach etwas um, womit ich uns befreien konnte, aber die Garage war vollkommen leer. Nur ein stinkender Ölfleck am Boden und eine Leuchtstoffröhre an der Decke leisteten uns Gesellschaft. Lieber Gott, das sah böse aus.
    Ich stieß Marlon an, aber erreichte nur, dass er mit dem Gesicht über den Boden schrammte. Das ging so nicht, ich musste etwas tun. Ich riss an meinen Fesseln. Sinnlos. Wenn ich die Arme wenigstens vor den Körper bekäme, dann würde ich mich nicht mehr wie ein Käfer fühlen, den man aufs Kreuz gelegt hatte. Ich machte den Rücken rund, rollte mich zu einer Kugel zusammen und schob die gefesselten Hände unter meinem Po hindurch. Es war Millimeterarbeit, ich brauchte viel Kraft und die Kabelbinder schnitten mir in die Handgelenke. Wären meine Arme nur einen Zentimeter kürzer gewesen, hätte ich es unmöglich geschafft. Ich kippte um, stieß mir schmerzhaft die Schulter, doch es gelang. Mit den Beinen durch das O zu schlüpfen, das

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