Himmelsfern
setzte für einen Schlag aus, um dann in doppelter Geschwindigkeit weiterzurasen. »Egal was ihr verlangt. Ich sage euch, was ich weiÃ.«
»So, so.« Olivier spottete nicht. Er schien allerdings auch nicht erstaunt. »Wie kommt es zu diesem Sinneswandel?«
»Ein Geständnis und eine Bitte«, sagte Marlon und griff damit meine Worte auf. »Meine Freundin ist ein Mensch. Ich weiÃ, dass ihr solche Verbindungen verabscheut und bestraft.« Ach? »Ich will, dass ihr sie freilasst. Hier und jetzt. Ich will, dass sie unbehelligt nach Hause gehen kann.«
Olivier stand auf. »Tut mir leid. Wir haben keinerlei Interesse an deiner â wie nanntest du es? â Kooperation. Was sollen wir mit einem komischen Vogel, der singt, wenn wir zwei komische Vögel haben können, die beide früher oder später singen?«
Marlon atmete tief ein. »Sie ist keine Harpyie.« Sie weià nichts von dem, was ihr erfahren wollt. Wir haben ihr nichts gesagt.
»Das werden wir bald erfahren«, gab Olivier gelassen zurück.
Der Mann machte mir ernsthaft Angst. Er war glatt wie eine Eisfläche und ebenso kalt. Ich fragte mich, ob in ihm überhaupt noch ein Mensch mit Gefühlen steckte oder vielleicht eher eine programmierte Maschine. Aber dann erinnerte ich mich an das Frettchen, das er oft bei sich hatte. Ein Tierfreund konnte doch nicht vollkommen herzlos sein, oder? Dass Hitler seine Schäferhündin sehr geliebt haben soll, blendete ich aus.
»Was haben Sie mit uns vor?«, wollte ich wissen. Das Beben in meiner Stimme schien mir zugutezukommen.
Olivier gab keine Antwort, allerdings warf er mir einen abschätzenden Blick zu, steckte die Pistole in das Holster und zog eine Wasserflasche aus seinem Rucksack. Er drehte sie auf, kam auf mich zu und hielt sie mir an die Lippen. Ich trank etwas, doch aus der Flasche lief zu viel, sodass ich mich verschluckte und husten musste. Er kippte einfach weiter, schüttete mir das Wasser über Gesicht, Dekolleté und Brust. Beinahe hätte ich das Wasser mit den Händen abgewehrt und mich verraten.
»Verdammt, lass sie in Ruhe, du Mistkerl!«, brüllte Marlon.
Olivier schlug ihm die Flasche gegen die Schläfe und setzte einen Tritt gegen seine Brust nach. Marlon taumelte, konnte gefesselt das Gleichgewicht nicht halten und fiel um.
In Seelenruhe schüttete mir Olivier die letzten Wassertropfen über den Kopf. Dann schlug er mir mit der flachen Hand ins Gesicht. Diesmal verriet ich mich. Ich riss die Hände schützend vor meinen Kopf. Er schien das nicht einmal zu bemerken. Stattdessen verpasste er mir eine weitere schallende Backpfeife. In meinen Ohren klingelte es, dahinter hörte ich mich wimmern. Marlon trat nach Olivier und brüllte wüste Beschimpfungen.
Olivier fasste mir an die Stirn, ich wich zurück, aber er griff mir ins Haar und hielt mich fest. Die Flasche fiel herunter, zerbrach neben mir auf dem Boden. Ich spürte Scherben gegen meine nackten Unterschenkel springen.
Er legte mir erneut die Hand auf die Stirn, als würde er meine Temperatur fühlen. Dann lieà er mich los und machte einen Schritt auf Marlon zu. »Du streitest nicht ab, dich verwandeln zu wollen?«
Marlon antwortete mit einem hasserfüllten Blick.
Olivier seufzte. Er trat ihm gegen die Hüfte, holte ein weiteres Mal aus und traf ihn am Oberschenkel. Ãber Marlons Lippen kam ein unterdrückter Schmerzlaut.
»Aufhören!«, schrie ich. Ich verstand, was der Huntsman tat. Er dachte, durch Provokation die Verwandlung auslösen und uns damit als Harpyien identifizieren zu können. »Er wird sich verwandeln! Er hat es nie abgestritten, oder? Hören Sie damit auf!«
»Ist das wahr?« Olivier beugte sich über Marlon, der jeden Muskel anspannte, um sich vor weiteren Tritten zu wappnen. »Gibst du es zu, eine Chimäre zu sein?«
Marlon zuckte mit den Schultern. »Ich wünschte, ich könnte es abstreiten.«
Olivier nickte, wandte sich ab, verlieà mit der Frau die Garage und schloss zweimal hinter sich ab.
Ich sprang über die Scherben zu Marlon, wir rückten aus der Wasserpfütze und verbrachten einige stille Minuten damit, uns aneinanderzulehnen. Dann stand ich auf, trat zur Hintertür, schlug dagegen und brüllte Beschimpfungen, bis ich heiser war.
»Besser?«, fragte Marlon, nachdem ich mich beruhigt hatte.
»Nein.« Ich hockte mich hin und
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