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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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auf Grundlage meines Verstands. Statt stillzuhalten und darauf zu hoffen, eine Erklärung abgeben zu können, kreischte ich los.
    Mit den Hacken trat ich gegen die Schienbeine meines Peinigers, schlug mit den Fäusten nach ihm und rammte sie ihm in die Rippen. Ich versuchte, ihm die Fingernägel quer übers Gesicht zu ziehen, ertastete jedoch nur Stoff. Er trug eine Skimaske, wie die Gangster in den billigen Filmen. Ich schrie gegen eine Hand in Lederhandschuhen an, die sich mir auf Mund und Nase presste. Er knurrte mich an, ich solle das Maul halten.
    Schemen huschten an uns vorbei, aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass die Typen Schwarz trugen und ihre Gesichter alle hinter Sturmhauben verborgen hielten. Ich hörte einen Knall. Einen Schuss? Bei den verzweifelten Bemühungen, die Hand von meinem Mund zu reißen, bekam ich etwas zwischen die Zähne und biss zu. Der Mann in meinem Rücken brummte nur unwirsch und verstärkte den Druck gegen meine Kehle. Aber endlich ließ er meinen Mund frei.
    Ein japsender Atemzug.
    Ich schrie.
    Etwas Dunkles tauchte wie aus dem Nichts neben meinem Auge auf.
    Schmerz und Blitze aus gleißendem Licht. Überall.
    Filmriss.

 

    Wie man sich irren kann
    Ich erwachte mit der Nase im Kissen. Oh Gott, was für ein Albtraum! Erleichtert über das Aufwachen rekelte ich mich … und wurde von höllischen Kopfschmerzen aus meiner Illusion gerissen.
    Ein Traum? Von wegen. Im Traum tut weder der Kopf noch ein verstauchtes Handgelenk weh.
    Das war weder ein Albtraum gewesen noch war das mein Kissen. Es war nicht einmal mein Bett oder mein Zimmer! Wo zum Geier war ich? Meine Zunge hing wie eine in Bier ersoffene Nacktschnecke in meinem Mundwinkel. Mühsam blinzelte ich gegen grelles Licht und versuchte mich zu orientieren. Ich war allein, das war schon mal unter positiv zu verbuchen. Und immerhin konnte ich noch positiv denken – das schloss schwerere Schockzustände aus. Demnach war mir nichts Traumatisches passiert – zumindest noch nicht –, von der Entführung einmal abgesehen.
    Ein karger, fast leer stehender Raum schwankte vor meinen Augen. Mir war ein wenig übel; offenbar hatten meine Entführer damit gerechnet, denn neben der Matratze, auf der ich lag, stand ein Eimer bereit. Neben meinem Gesicht sickerte Feuchtigkeit aus einem Lappen ins Kissen. Meiner kühlen Stirn und dem feuchten Pony zufolge hatte er eben noch auf meinem Kopf gelegen. Ganz reizend, wie man sich um mich sorgte. Ein kurzes Abtasten meiner Sachen ergab, dass man mir Handy und Schlüssel weggenommen hatte. Ich sah mich um. Die Matratze lag auf blankem Betonboden, auch die Wände waren, bis auf ein paar Tapetenreste, nackt. Zwei Umzugskartons standen wie Tische angeordnet im Raum, um sie herum lagen ein paar platt gesessene Kissen. An der Decke brannte eine Glühbirne, die Jalousien waren heruntergelassen, sodass ich nicht erkennen konnte, ob es Tag oder Nacht war. Keine Ahnung, wie lange ich hier schon lag. Der pelzige Modergeschmack in meinem Mund ließ mich drei Wochen vermuten. Ich steckte mir ein paar Streifen Kaugummi gleichzeitig in den Mund – wenigstens das hatten mir meine Entführer gelassen – und warf das Papier bockig mitten in den Raum. Ob es mir etwas nützen würde, um Hilfe zu schreien? Nein, vermutlich hatte man mich nicht entführt, um mich dann in einer belebten Wohngegend gefangen zu halten. Guter Gott, und jetzt?
    Mühsam richtete ich mich auf und kam auf die Beine. Meine Knie fühlten sich an wie Pudding, aber der Schwindel wurde nicht schlimmer. Ich trat ans Fenster, doch der Gurt, an dem man die Rollläden hochziehen konnte, war durchtrennt. Ich betrachtete meine Reflexionen in der Scheibe. Über meiner linken Augenbraue prangte eine pochende Beule. Ich erinnerte mich nur langsam, dass der Kerl mir ins Gesicht geschlagen hatte. Tränen brannten in meinen Augen, ich zwinkerte sie fort. Ich ging zur Matratze, bückte mich nach dem feuchten Tuch und drückte es gegen die Schwellung. Was auch passierte, ich musste um jeden Preis die Nerven behalten.
    Für einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, auszutesten, ob die Tür verschlossen war. Ebenso könnte ich SOS gegen die Wände klopfen oder wenigstens versuchen, Hilfe herbeizubrüllen. Doch mir fehlte der Mut, denn wenn ich auf mich aufmerksam machte, musste ich mich meinen Entführern stellen.
    Ich wagte es, an der Tür zu

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