Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
Vom Netzwerk:
mehr aushielt.
    Â»Passt dir das etwa auch nicht?« Marlon fuhr mit solchem Tempo an, dass ich hastig nach dem Sicherheitsgurt griff und mich anschnallte. »Ich hätte dich gestern schon gehen lassen. Aber wir mussten uns darüber erst einig werden.« Seine Stimme klang seltsam abweisend, aber ich hatte keine Lust, Rücksicht auf seine Launen zu nehmen.
    Â»Und weshalb sollte Emma mich erschießen?« Ich biss mir auf die Unterlippe. Die Frage war die ganze Zeit in meinem Kopf herumgegeistert, aber sie laut auszusprechen, ließ mich erschauern.
    Marlon sah mich erschrocken an. »Was?«
    Â»Du warst es doch, der ihr das zugerufen hat.« Ich würde diese Stimme nie vergessen. »Du hast gerufen: ›Erschieß sie, Em!‹ Warum?«
    Sein nächster Atemzug klang fast wie ein erschöpftes Stöhnen. Für einen Augenblick wirkte er, als hätte er tagelang nicht geschlafen. »Mit sie meinte ich nicht dich, sondern unsere Feinde. Wir mussten befürchten, dass es mehrere waren, nicht nur Stephan Olivier. Um ehrlich zu sein, dachte ich, dass du zu ihnen gehörst. Am Tag davor hatte ich dich in der Stadt beim Brunnen wiedergesehen, erinnerst du dich? Ich dachte, du würdest mir folgen und mich ausspionieren.«
    Â»Wie bitte? Ich bin da einfach nur entlanggegangen. Und wir sind uns nie zuvor begegnet.« Das wüsste ich.
    Ich hatte den Eindruck, dass Marlon etwas entgegnen wollte, sich aber nicht traute. »Glaub mir einfach, dass es ein seltsamer Zufall war, aus dem ich falsche Schlüsse gezogen habe. Besser kann und werde ich es dir nicht erklären. Das Ganze hat uns reichlich Nerven gekostet. Unseren Feinden ist einfach alles zuzutrauen.«
    Ich verstand überhaupt nicht, was er da redete. »Feinde«, wiederholte ich verwirrt. »Das klingt, als wärt ihr im Krieg.«
    Â»Das sind wir auch.«
    Ich hatte neulich erst in der Zeitung gelesen, wie viele Kriege es aktuell weltweit gab. Mir fiel die genaue Zahl nicht mehr ein, doch es waren erschreckend viele. Aber doch nicht in Deutschland! Nicht in unserer Stadt!
    Â»Was soll das für ein Krieg sein? Geht es um Bandenstreitigkeiten oder Religion?«
    Marlon schüttelte den Kopf. »Es geht darum, dass wir in ihren Augen keine Daseinsberechtigung haben. Sie jagen uns, wollen unser Vol… uns auslöschen.«
    Viele Fragen lagen mir auf der Zunge, doch ich konnte mich nicht entscheiden, welche ich ihm zuerst stellen sollte. Da war zunächst mal ein entrüstetes: Und darum dreht ihr den Spieß um, jagt sie und nehmt dabei unschuldige Opfer in Kauf? Doch ebenso wollte ich fragen: Warum jagen sie euch? sowie: Was meinst du mit euer Volk? Von welchem Volk bist du denn ?
    Letztlich schwieg ich, weil ich nicht wusste, ob ich diesem Jungen mit den schwarzen Augen überhaupt ein Wort glauben sollte. War es nicht viel wahrscheinlicher, dass er bloß seine Haut zu retten versuchte? Vermutlich hatten sie mich entführt, weil sie Geld erpressen wollten. Nachdem dann feststand, dass meine Familie keins hatte, musste man mich loswerden, und nun tischten sie mir bewegende Lügenmärchen auf, damit ich sie nicht an die Polizei verriet.
    Â»Darf ich dich um eins bitten?«, fragte Marlon, während er auf die Autobahn fuhr.
    Langsam dämmerte mir, dass wir in einer mir vollkommen fremden Stadt waren. Ich versuchte mir die Wege zu merken, aber er fuhr so schnell und war im Stadtverkehr derart oft abgebogen, dass ich nur noch ein Gewirr aus Straßennamen im Kopf hatte.
    Â»Noa.« Er sah mich fordernd an, als ich nicht gleich antwortete.
    Â»Woher kennst du eigentlich meinen Namen?«
    Er griff in die Potasche seiner Hose, zog mein metallisch blaues Handy hervor und hielt es mir hin. »Daher. Lass es bitte ausgeschaltet, bis du zu Hause bist.« Meinen Schlüssel fischte er aus seiner Hemdtasche.
    Ich nahm ihm beides aus der Hand und gab acht, seine Finger nicht zu berühren. Sie hatten also meine SMS durchstöbert. Wunderte mich das? Ich musste gegen das Gefühl ankämpfen, völlig nackt zu sein, und rief mir ins Gedächtnis, dass er mich gerade freiließ.
    Ich seufzte. »Worum wolltest du mich bitten?«
    Marlon zögerte, fuhr sich durch die Haare und sah mich länger an, als es bei 160   Sachen auf der mittleren Spur vernünftig war. »Halte dich von Olivier fern. Hau ab, solltest du ihn sehen. Lauf weg, egal wie albern es dir erscheint.«
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher