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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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als ich aus dem Krankenhaus gekommen war, und ich wusste mit einem Mal mit absoluter Gewissheit, dass er es gewesen war. » Du solltest nicht hier sein!«
    Marlon wühlte auf dem Tisch herum. Fluchte. Erst jetzt sah ich, dass auch auf dem Boden Blätter lagen. Der Wind musste sie herumgewirbelt haben.
    Â»Du verstehst überhaupt nichts«, murmelte er. Es klang, als spräche er mehr zu sich selbst als mit mir.
    Â»Erklär’s mir.«
    Er fuhr sich durch die Haare. Ordnete dann in hektischen Bewegungen seine Unterlagen. Ein Blatt riss ein und Marlon donnerte mit der Faust auf den Tisch. So hatte ich ihn noch nicht erlebt.
    Â»Was ist denn passiert?«, fragte ich leise und machte ein paar Schritte in die Hütte. Die Dielen ächzten unter meinem Gewicht. Marlons Bewegungen hatten keinen Laut verursacht.
    Â»Nichts«, presste er widerwillig hervor, aber seine Wut bröckelte. Er war gar nicht wütend, stellte ich fest. Er tat nur so, aber in Wahrheit steckte etwas anderes dahinter.
    Â»Nichts, was du mir sagen willst.«
    Er lehnte sich gegen den Tisch und nickte, sodass ihm die Haare ins Gesicht fielen. Ich sollte verdammt sein, denn alles, woran ich denken konnte, war, sie ihm aus der Stirn zu streichen. Ihn noch einmal zu fragen, warum er aufgebracht war und dabei so müde aussah. Ich hatte ihn nie zuvor so schwach gesehen. Sein Anblick ging mir nahe, doch gleichzeitig erkannte ich meinen Vorteil. Wenn es einen Moment gab, in dem ich ihm wehtun konnte – und dazu hatte ich jedes Recht! –, dann war er jetzt gekommen. Er konnte mir nichts anhaben. Im schlimmsten Fall konnte ich ihm drohen, ihn an Stephan Olivier zu verraten. Meine jähe Kaltschnäuzigkeit hätte mich schockieren sollen, doch ich nutzte die Chance, weil ich nicht wusste, ob es eine zweite geben würde.
    Â»Du machst es dir zu einfach. Du platzt in mein Leben, stellst alles auf den Kopf und trampelst auf Dingen herum, die mir etwas bedeuten. Du verfolgst mich wie ein Stalker. Du machst mich wütend und behauptest, damit das Richtige zu tun. Du nimmst dir, was du willst. Alles, was ich bekomme, sind vage Andeutungen. Du machst mir Angst wegen irgendetwas, das ich weder sehen noch verstehen kann. Etwas, das vermutlich nicht einmal existiert. Du beantwortest keine der wirklich wichtigen Fragen. Das geht so nicht. Ich will Antworten.« Mit jedem Satz war ich näher an ihn herangetreten, bis ich so dicht vor ihm stand, dass ich mich in seinen Augen gespiegelt hätte, wenn er aufsähe. Was er nicht tat. »Sofort!«, setzte ich nach.
    Â»Was passiert sonst?« Marlons Stimme war gefährlich leise, und dass er weiterhin mit hängendem Kopf die Dielen anstarrte, verstärkte mein Unbehagen. »Sagst du sonst deinem Papi, dass ich dich geärgert habe?«
    Er hätte die Drohung nicht gezielter platzieren können. Der Schuss kam unerwartet und traf mich tief. Doch damit war er zu weit gegangen. Ich ließ mich nicht länger einschüchtern. Meine Handflächen kribbelten. Wie gerne hätte ich ihm mitten ins Gesicht geschlagen! Das wütende Verlangen, ihm wehzutun, schrie danach, gestillt zu werden. Eine schallende Ohrfeige hätte das Jucken in meinen Händen durch ein angenehmes Brennen nach dem entscheidenden Schlag ersetzt. Ich kämpfte gegen die bittersüße Vorstellung an. Mühsam.
    Und dann, als ich gegen meine Wut gewonnen hatte … trat ich ihm mit voller Wucht gegen das Schienbein.
    Man hätte meinen können, mir wäre ein Affe aus dem Hintern gekrochen, so verwirrt sah Marlon mich an. Ich selbst war nicht weniger perplex, stand still wie ein Stein. Fehlte nur, dass ich zu singen begann. Der Gedanke veranlasste mich zu einem albernen Kichern und das wiederum ließ mir das Blut in den Kopf steigen. Wie peinlich. Marlon blieb an den Tisch gelehnt stehen und runzelte lediglich die Stirn. Verdammt, ich hatte ihn nicht treten wollen. Nicht wirklich. Ich biss mir auf die Unterlippe. Magere Selbstkasteiung.
    Â»Du hast recht«, sagte er schließlich, was meine Verwirrung in den kritischen roten Bereich trieb. Noch ein wenig mehr und mein Kopf würde explodieren. Puff und weg.
    Â»Noa, guck nicht wie ein Zäpfchen kurz vor dem Einführen. Du hast tatsächlich recht. Aber ich bin nicht allmächtig und kann es nicht mehr ändern. Ich bitte dich ein letztes Mal um Verzeihung. Danach ist Schluss, ich krieche nicht länger vor dir im

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