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Himmelsjäger: Roman (German Edition)

Himmelsjäger: Roman (German Edition)

Titel: Himmelsjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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solltest.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja. Jene, die ihre Meinung äußerten, waren dir gegenüber recht freundlich eingestellt.«
    »Ich strebe keine leitende Funktion bei der Jagd an.«
    Die Federn an Sarkos Hals raschelten. »Aber du kennst die Fremden …«
    »Ist es dir jemals in den Sinn gekommen, dass ich versagen könnte?«
    »Ah, nein. Du kannst auf so viele ausgezeichnete Leistungen zurückblicken …«
    »Dies sind die ersten fremden Eindringlinge seit zahllosen Zwölf-hoch-drei-Zyklen. Uns fehlen Erfahrungen. Niemand bekam es je mit so verschlagenen kleinen Geschöpfen zu tun.«
    Erstaunen erschien in Sarkos eindrucksvollen violetten Augen. »Aber du! Alle sagen …«
    »Niemand hat meinen Weg beschritten. Ich möchte nicht einen Pfad zum Tod gegen einen anderen eintauschen. Die Jagd könnte fehlschlagen. Die Fremden könnten großen Schaden anrichten, vielleicht sogar weitere von uns töten.«
    Enttäuschung breitete sich in Sarkos Gesicht aus. »Du kannst doch nicht …«
    Das Geläut des Einberufens erklang und hallte laut durch den Flur. Memor atmete tief durch und schmeckte plötzlich … Galle?
    Wieder im Saal wurden weitere Öko-Angelegenheiten vor getragen. Die Bewegungen des Volkes entsprachen nicht dem Plan. Memor hörte nur halb zu und gab ihrem Untergeist Gelegenheit, sich frei zu entfalten.
    Auf den großen Ebenen der Schale waren alle Lebensformen in Bewegung. Aber die größeren, weniger intelligenten Angehörigen des Volkes, die als Primitive lebten und ihre Ernährung erweiterten, indem sie Büsche und Bäume abweideten, mussten weiterziehen und das Grasland, das auf den Verlust von Büschen und Bäumen folgte, Grasfressern überlassen. Die betreffenden Primitiven zählten nicht zu den Getreide anbauenden Angehörigen des Volkes und sollten in ihrem wilden Zustand verbleiben.
    Ganze Populationen mussten sich bewegen, ohne Gelegenheit zu erhalten, sich für längere Zeit an einem Ort niederzulassen und Dörfer und Städte zu errichten. Die Gruppenmeisterin traf eine weitere Entscheidung und beauftragte Dienstler, die einfachen Siedlungen zu zerstören und das Sub-Volk dadurch zu zwingen weiterzuziehen. Es hatte eine Rolle im Plan und sollte daran erinnert werden.
    Die Gruppenmeisterin rief es allen ins Gedächtnis: Die Ursprünglichen hatten die Große Wahrheit erfahren, die sie alle regierte. Dem Volk, so lautete diese Wahrheit, war endloses Land gegeben worden, damit es die weiten Räume füllte und sie mit Zerstörung heimsuchte. Wenn die Ressourcen in einem bestimmten Bereich knapp wurden, sollte es weiterziehen und gegen Nachbarn um mehr Raum kämpfen. In den Wirren der ersten Bevölkerungsexplosion während der Ursprungszeit hatten Wilderer und Holzfäller Land und Wald in Schlachtfelder verwandelt.
    Der Kodex, verwaltet von den Savants, wurde erst nach vielen Kämpfen etabliert, die solche Ausmaße gewannen, dass sie die Existenz der Schale bedrohten. Es gab keine Alternative zu konstanter, Sicherheit gebender Ordnung. Eine weitere Offenbarung bestand darin, dass der Tod nicht gestattete, den Zyklus zu verlassen. In manchen Gesellschaften der Himmelsschale versuchte das Volk, die eigene Rolle zu leugnen. Sie legten ihre Toten in Särge und bestatteten sie in Mausoleen, verbrannten sie auf Scheiterhaufen oder froren sie ein, damit sie irgendwann in der Zukunft ins Leben zurückgeholt werden konnten. All das war falsch, denn die Schale brauchte die Leichen.
    »Käfer und Würmer sollen uns bekommen«, sagte die Gruppenmeisterin. »Das ist der Zyklus, und ihm muss gehorcht werden. So will es der Plan. Der Kodex beschützt die Länder und Meere nicht vor dem Volk, sondern bewahrt sie für das Volk – indem er sich die lange Sicht zu eigen macht. Der Kodex lehrt Demut, denn er zeigt uns, dass wir Teil des ewigen Tanzes der Natur sind, zusammen mit allen anderen Spezies.«
    Memor neigte den Kopf, als sie diese Binsenweisheiten hörte, und überlegte, was dies alles für sie bedeuten mochte. Die Gesichter der anderen wirkten recht streng, was nichts Gutes verhieß.
    Sarko meldete sich zu Wort. »Ich denke, die Botschaft hier lautet: Man kann nie das Verhalten eines Systems vorhersagen, das komplexer ist als man selbst. Und wenn man möchte, dass ein Projekt auch dann von Bestand bleibt, wenn man selbst nicht mehr existiert, so übergibt man die Kontrolle nicht etwas, das eigene Pläne hat.«
    Ah, dachte Memor. Sarko zog die Aufmerksamkeit auf sich, um die Anspannung im Saal zu verringern.

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