Himmelsjäger: Roman (German Edition)
Schultergurte hinein. Voraus wirkte die Schale wie eine gewaltige Ebene mit einem Loch in der Mitte. Sie sah die komplexen Rippungen am Rand der Öffnung, ein Grat, der das Astloch umgab. Vielleicht Schaltkreise für den Strom im Jet, größer als Kontinente? Etwas musste die magnetischen Felder erzeugen, die das von der roten Sonne stammende Plasma bündelten – Kraftfelder, die sich dem Schiff entgegenstemmten; es würde durch einen gewaltigen Sturm fliegen müssen.
»Kein Problem mit der Entschleunigung«, sagte Beth in einem sachlichen Ton. Sie brauchte sich nicht umzudrehen – sie konnte die Sorge der anderen riechen . Das Schiff schwamm jetzt im Jet stromaufwärts, und die magnetische Abbremsung war schlimmer als alles, was die SunSeeker bisher ertragen hatte. Sie schüttelte sich und stöhnte laut, während die Schale schnell näher kam. Die brummenden Vibrationen wurden stärker als zuvor, ließen Beths Sessel erzittern und rüttelten auch alles andere durch.
Konzentrier dich. Sie lenkte das Schiff durch die Öffnung, durch das Astloch, wie Redwing sie genannt hatte, und hielt sich dabei dicht am Rand, damit es nicht ins heiße Innere des Jets geriet und verbrannte. Eine Schlinge aus Magnetfeldern ging von den Kanten der Öffnung aus, schnürte den Plasmastrom zusammen und beschleunigte ihn, wie eine Verengung, die Wasser schneller fließen ließ. Der Widerstand, mit dem die SunSeeker fertigwerden musste, wuchs immer mehr, und die Stoßwellen, auf denen sie ritt, wurden heftiger. Beth beobachtete, dass die Schale beim Astloch besonders dick war – um größere Belastungen auszuhalten? Sonderbare, geisterhafte Leuchterscheinungen flackerten am Rand der Öffnung.
Sie beauftragte eine KI, die magnetische Geografie des Astlochs zu kartografieren, und wenige Sekunden später erschien eine farblich codierte dreidimensionale Darstellung auf dem Schirm. »Dipolare Felder begrenzen die Schlinge, durch die wir fliegen«, sagte sie geistesabwesend. »Und die Dipole sind mit einem anderen Kraftfeld abgestimmt, das senkrecht zu ihnen verläuft. Deshalb bekommen die magnetischen Spannungen keinen Kontakt, der zu einem Ausgleich führen würde. Nicht schlecht.«
Hinter ihr murmelten Stimmen. Analysen, nervöses Gerede, aufmunternde Worte – für Beth waren es unwichtige Hintergrundgeräusche.
»Außerdem, meine Damen und Herren, ist es hier verdammt radioaktiv«, fuhr sie munter fort. »Aber ein interstellares Surfbrett – damit meine ich uns – wird damit fertig.«
Die SunSeeker raste weiter durch den Jet und wurde langsamer. Beths Hände blieben auf den Kontrollen in Bewegung, passten den Kurs des Schiffes immer wieder an. Es ist der Ritt meines Lebens. Ich hoffe nur, wir überleben ihn …
Der Bug wollte sich zur Seite neigen, aber sie zwang ihn zurück. Und noch einmal. Und ein weiteres Mal. Sie gewöhnte sich daran; jedes Mal fiel es ihr ein wenig leichter. Irgendwann merkte sie, dass sie schweißgebadet war. Kein Wunder, dass ich die Furcht der anderen nicht mehr rieche …
Etwas glühte vor ihnen im strömenden Plasma, eine kleine rote Kugel, die ihnen entgegenzufliegen schien: Wickramsinghs Stern. Die Schale wurde flach, zu einem Horizont, der sich auf beiden Seiten erstreckte. Das gequälte Schiff heulte.
Für Beth verlor die Zeit ihre Bedeutung. Sie reagierte auf jede Drehung, auf jeden Strudel im wilden Strom des Plasmas, hielt das Schiff gerade, fluchte und schwitzte, blinzelte sich Schweiß aus den Augen …
Und dann lag die Öffnung hinter ihnen.
Der Himmel öffnete sich, und von einem Augenblick zum anderen stiegen sie über einer silbrigen Ebene auf. Der Jet hämmerte noch immer auf sie ein. »Wundervoll!«, entfuhr es Cliff, und er beugte sich von den Gurten gehalten vor. Die anderen jubelten. Eine gewaltige weiße Ebene erstreckte sich unter ihnen, und die SunSeeker wurde langsamer – und drehte sich erneut.
»Wir verlassen den Jet«, sagte Beth wie beiläufig. Wenn sie länger im Jet blieben, mussten sie damit rechnen, noch langsamer zu werden und vom Plasmastrom durchs Astloch zurück nach »draußen« getragen zu werden.
»Wir kriegen ziemlich viel ohmsche Wärme in der Außenhülle«, sagte Abduss sorgenvoll.
»Ich kann den Vektor kaum halten«, fügte Mayra hinzu. Ihre Stimme klang ruhig, aber Beth hörte trotzdem die Anspannung darin.
Die weiße Plasmafahne wurde dünner und schien sich dann zur Seite zu wenden. Grobe Turbulenzen schüttelten das Schiff, warfen Beth und die
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