Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelsjäger: Roman (German Edition)

Himmelsjäger: Roman (German Edition)

Titel: Himmelsjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
man sie ins Herz aufnimmt, ist man in der Lage, sie auf dem Weg zu führen, den einem die eigene Weisheit gezeigt hat.
    Er schüttelte sich. Diese Erkenntnis stammte aus einem neuen Teil von ihm, dem ruhelosen Teil seines Bewusstseins, das bald ihr Bewusstsein sein würde. Denn für Memor hatte die fiebrige Phase der Veränderung begonnen.
    Nicht unbedingt die beste Zeit für die Konfrontation mit einer Krise, wie es sie seit acht hoch zwei Generationen nicht mehr gegeben hatte. Lebensformung sollte in Zeiten des Friedens vollbracht werden, aber Memors Schicksal sah etwas anderes vor. In einigen wenigen Zyklen würde er weiblich sein, doch er hatte noch nicht den männlichen Sinn für Weite und Freude verloren, den Tanz. Er konnte sogar das Schäumen des Früchte tragenden Wandels in sich riechen. Hormone tobten; Moleküle kämpften in seinem Blutkreislauf um Vorherrschaft. Fieberschübe kamen wie chemische Meldungen von einem Schlachtfeld. Diese Veränderungen waren von den Gründern und den nachfolgenden Generationen geplant worden und inzwischen Äonen alt. Memor erkannte seine heftigen Stimmungsschwankungen und das Zittern als notwendigen Preis für den Erwerb größerer Weisheit. Trotzdem blieb es eine schwere Last gerade in Krisenzeiten.
    »Ordnung senkt sich herab!«, rief der Präfekt im uralten Ton für die Versammlung der Astronomen.
    »Ordnung obsiegt«, kam die Antwort, als sie ihre Ruheplätze unter der großen Kuppel einnahmen.
    Memor ließ die Details der nachfolgenden Diskussionen über sich hinwegstreichen. Sein Körper blieb unbewegt, während sein innerer Geist voller Sorge über die vagabundierenden Impulse in seinem sich verändernden Selbst nachdachte. Selbst der normalerweise gelassene und abgeklärte Untergeist zeigte nun eine von Winden des Ärgers und der Gereiztheit gekräuselte Oberfläche. Wellen des Unbehagens durchzogen ihn.
    Die technischen Zusammenfassungen, die er hörte, kannte er bereits. Ein Raumschiff von geradezu verwegen simpler Konstruktion hatte sich von hinten genähert. Die rückwärtigen Beobachtungselemente hatten gesehen, wie es sich drehte und herankam, obwohl die Schale nicht sein ursprüngliches Ziel gewesen war. Wollte es vielleicht zu dem Stern voraus, zu dem Sonnensystem, aus dem die Gravitationswellen kamen?
    Das aus Astronomen bestehende Publikum murmelte. Spe kulationen führten zu aufgeregtem Geschnatter. Bei der Überwachung des Schiffes waren mehrere Signalfolgen in die Richtung festgestellt worden, aus der das fremde Schiff kam. Satelliten, die der Schale folgten, hatten sie aufgefangen, doch bei den gründlichen Analysen der Linguisten ergaben sich nur einige Hinweise auf Grammatik und kontextbezogene Konstruktionen. Die Sprache deutete auf einen nicht sonderlich bemerkenswerten Geist hin. Lineare Logik und nur wenige Bedeutungsschichten. Die Fremden schienen wie ihr Schiff zu sein: primitiv, ja, aber auch ambitioniert genug, um sich mit einem so fragilen Gefährt auf eine interstellare Reise zu begeben. Die beratenden Techniker – kleine Wesen, schüchtern in der Nähe der großen Astronomen – wiesen auf sonderbare Merkmale der magnetischen Konfiguration hin und gaben zu verstehen, dass sie das lange, schlanke Schiff gern untersuchen würden. Darauf folgten weitere angeregte Diskussionen.
    Das überlieferte Wissen unterstützt die Tänzer, dachte Memor. Was nicht sonderlich überraschte: Geschichten der Veränderung waren immer interessanter als Geschichten des Stillstands. Der Wandel war die Essenz der Geschichte, von den strikten Diktaten der Evolution dem Geist einprogrammiert.
    Frühere Astronomen hatten auf viele fremde Schiffe gefeuert, für gewöhnlich mit der Gammalanze. Sie waren an vielen Planeten vorbeigekommen, hatten sie erforscht und dann ignoriert. Was diese Fälle betraf, gab es nicht viele Geschichten. Die Wächter bezogen sich immer wieder auf sie.
    Memor streckte sich und versuchte, aufmerksam zu wirken. Wächter waren langweilig und behäbig. Andererseits, Memor war noch immer männlich, und wie alle Tänzer bevorzugte er Vielfalt und Engagement. Weisheit kam später. Die Wächter waren fast alle weiblich.
    Memor steckte hier also in der Mitte. Deutlich fühlte er die kommenden Veränderungen, doch er hatte noch nicht die nach außen gerichtete Haltung des männlichen Geschlechts verloren.
    Die Versammlung nahm sich viel Zeit, um die gewaltige Bibliothek der Vergangenheit durchzugehen. Memor glitt so durch die alten Aufzeichnungen,

Weitere Kostenlose Bücher