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Himmelskinder

Himmelskinder

Titel: Himmelskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Feldhausen
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gesessen.
    Nachdem er das Rotlichtviertel verlassen hatte, lag die Kaiserallee vor ihm. In Richtung Oper wurden die Straßen immer ruhiger, kaum noch Menschen unterwegs. Die beiden hinter ihm hielten Abstand. An den Schaukästen der Oper blieb er stehen und schaute sich Fotos und Plakate an. Lange her, dass er die heiligen Hallen der klassischen Musik besucht hatte, und das hatte er auch nur einer Frau zuliebe getan. Wagner. Bis zum bitteren Ende hatte er durchgehalten und sich geschworen: nie wieder. Während der Begeisterungsstürme des Publikums und seiner damaligen Freundin hatte er sich ernsthaft gefragt, ob er etwas an den Ohren hätte. Er erinnerte sich jetzt deutlich an sie; Marie hatte sie geheißen. Winzige Hände und Füße, blaue Augen und kurze schwarze Haare. Sie hatte sich an dem Abend so bemüht, ihm die Welt der Oper zu erschließen. Für Masurs Verhältnisse waren sie lange zusammengeblieben, aber in die Oper hatte sie ihn nie mehr mitschwatzen können.
    Wieso hatten sie sich getrennt? Er wusste es nicht mehr und machte sich jetzt auf den Rückweg.
    Er überquerte die Markusstraße, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Zwischen den geparkten Autos in Höhe der Einfahrt des Opernparkhauses hatte sich eine Frau gezeigt und war gleich wieder verschwunden. Seine beiden Begleiter grölten maßvoll in zirka zwanzig Metern Entfernung einen Karnevalsschlager.
    War sie das gewesen? Aufs Äußerste angespannt ging er in die kleine Straße hinein. Kurz vor dem Parkhaus blieb er stehen, kramte in seinen Taschen und tat so, als suche er etwas. Auf einem Autodach legte er seine Brieftasche ab und schaute in alle Fächer, leise vor sich hin fluchend. Er hörte seine Kollegen, bevor er sie sehen konnte. Da war wieder eine Bewegung, deutlicher diesmal, auf der gegenüberliegenden Straßenseite zwischen zwei Blumenkästen. Dann zeigte sie sich: die Frau, auf die er neunzig Minuten gewartet hatte. Seine Kollegen bogen gerade in die Straße ein. Sie blieben stehen, krakeelten überzeugend weiter. Masur griff nach der Brieftasche und steckte sie ein. Sollte er rübergehen oder war es besser, wenn sie zu ihm kam? Es war hier zu leer, verdammt, warum hatte sie sich ausgerechnet diesen Ort ausgesucht, um sich bemerkbar zu machen? Sie musste ihn seit Verlassen des Bordells beobachtet haben. Wenn er jetzt zurückging in das belebtere Rotlichtviertel, würde sie ihm folgen? Er war sich nicht sicher. Prüfend blickte er in beide Richtungen, zögerte noch und überquerte dann die Straße.
    Dann ging alles rasend schnell. Aus dem Parkhaus kam ein Auto mit hoher Geschwindigkeit und hielt wenige Meter vor Masur. Zwei Männer sprangen heraus. Der eine hielt seine Waffe auf Masur gerichtet und bedeutete ihm zurückzugehen. Der andere lief auf die Frau zu und schoss dabei mehrmals. Masur glaubte, sie schreien zu hören. Er hastete zurück hinter die parkenden Autos und ging in Deckung, gleichzeitig zog er seine Waffe. Vorsichtig schaute er durch die Fenster eines der abgestellten Wagen, duckte sich aber gleich wieder, als eine Kugel die Scheiben zertrümmerte und Glasscherben auf ihn niederregneten. Die Zeit schien stillzustehen. Masur hatte die Augen fest geschlossen und meinte, die ganze Szenerie aus der Vogelperspektive sehen zu können, sah sich hinter dem Fahrzeug hocken und sah gleichzeitig die Frau leblos auf der Straße liegen.
    Die Geräusche von quietschenden Reifen drangen in die Bilder. Er kam wieder hoch und merkte, dass er blutete. Seine Kollegen hatten ihn erreicht, einer hielt bereits ein Handy am Ohr und alarmierte die Kollegen. Der andere musterte kurz die blutenden Schnitte und lief dann auf die andere Straßenseite. Masur folgte ihm. Die Frau lag hinter den Blumenkästen auf dem Boden. Mehrere Schüsse hatten sie getroffen, einer war in ihren Kopf gedrungen. Masur sank neben ihr auf die Knie und suchte nach ihrem Puls. Seine Finger zitterten, sonst spürte er gar nichts. Einer der Kollegen vom Sondereinsatz schob ihn zur Seite und legte seine Fingerspitzen an ihre Halsschlagader.
    »Nichts.«
    Er stand auf und half Masur auf die Beine.
    Alvermann hatte das Gefühl, gerade erst eingeschlafen zu sein, und weigerte sich, wach zu werden, bis es Masurs Stimme über den Anrufbeantworter zu ihm ins Bett schaffte:
    »Werd wach, Penner. Komm schon, ich brauche dich. Geh ran!«
    »Ja, Herrgott noch mal! Was ist los, hast du sie getroffen?«
    »Ja, aber die anderen waren schneller. Sie ist tot: Fahndung nach

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