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Himmelskinder

Himmelskinder

Titel: Himmelskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Feldhausen
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würden. Den Mann, der noch am Sonntagabend aufgetaucht war, hatte er sofort als einen von denen erkannt. Er hätte nicht sagen können, wieso, er wusste es einfach. Aber selbst wenn er sich irrte, wollte er es nicht darauf ankommen lassen. Die Pflegemutter hatte gemeint, der sei sicher auch von der Presse. Aber die hatten sich anders benommen.
    Kleinigkeiten im Verhalten seines Stiefvaters hatten ihm oft gezeigt, wann es besser war, zu verschwinden. Und jetzt war es wieder so weit gewesen, ganz klar. Obwohl er die Pflegemutter mochte. Sie hatte lustige Augen. Außerdem hatte sie ihm abends zuvor Gulasch gemacht, der fast so schmeckte wie der von seiner Mutter.
    Er hatte sich montags, noch bevor es hell wurde, durch den Garten hinterm Haus abgesetzt. Im Abhauen machte ihm so schnell niemand etwas vor. Zum Glück hatte er seinen Freund Norbert im Park getroffen, der noch nicht völlig zugedröhnt gewesen war und ihm diesen Tipp gegeben hatte.
    Er kroch unter die Decken. Fast besser als in der Holzfrau. Und seit Tagen war er richtig satt. Ob er seinen neuen Freund nicht doch anrufen sollte? Vor- und Nachteile hielten sich die Waage. Das Mädchen hatte er nicht retten können, vielleicht, weil er sich erst gedrückt hatte und nicht gleich losgelaufen war. Wenn er jetzt herausfinden würde, wem der Mercedes gehörte, dann könnte er vielleicht etwas wiedergutmachen. Ihm würde bestimmt etwas einfallen. Er müsste erst mal an Namen und Adresse kommen. Die Nummer des Autos hatte sich in seinem Gehirn eingebrannt, und über das Kennzeichen konnte man den Besitzer feststellen, das wusste er. Aber würde man ihm den Namen sagen? Er verfluchte sein Alter, nicht zum ersten Mal in seinem Leben.
    Er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, als er den Motor eines Autos hörte. Es schien vor der Papiermühle anzuhalten. Wer hatte einen Grund, vor der Mühle zu halten? Er schlich zu dem winzigen Dachfenster und spähte hinaus, als gerade ein Mann um die Ecke der Mühle bog und auf den Schuppen zuging.
    Der Junge schaffte es in wenigen Sekunden zur Hintertür und war schon im Wald verschwunden, als er eine Stimme seinen Namen rufen hörte. Der Norbert hat gequatscht, dachte er, während er tiefer in den Wald hineinlief.
    Meiners sah sich in dem Schuppen um. Nichts, was auf die Anwesenheit des Jungen schließen ließ. Er stieg die Leiter hoch. Hier sah es anders aus. Er ging zu dem Lager und legte eine Hand unter die Decken. Noch warm, dachte er. Bis gerade hat hier jemand gelegen. Er schaute sich um und war sicher, dass es der Junge gewesen war. Nur Lebensmittel, kein Alkohol, Süßigkeiten. Er rief Alvermann an, der richtig ärgerlich wurde, was selten vorkam:
    »Der kennt dich doch nicht; klar, dass er abgehauen ist. Wer weiß, ob er sich traut, zurückzukommen. Mensch, Meiners, ab und zu mal nachdenken.«
    Damit legte er auf. Meiners musste ihm recht geben. Es war sinnlos, weiter nach dem Jungen zu suchen; der würde sich versteckt halten. Aber gut auch, wie schnell er reagiert hatte. Cleveres Kerlchen, dachte Meiners anerkennend.

37
    Bulleken hatte sich vorgenommen, Günter Karasch ohne Vorurteile entgegenzutreten. Der Mann, der ihm am Nachmittag die Tür öffnete, sah wie ein typischer Banker aus, gestriegelt und knitterfrei, so ziemlich das genaue Gegenteil von Masur.
    Bulleken zeigte seinen Ausweis: »Ich habe ein paar Fragen, die ich Ihnen aber nicht hier an der Tür stellen möchte.«
    »Jagdzeit eröffnet? Also bitte, wenn es sein muss. Habe mich schon gewundert, wo ihr bleibt. Aber besser ihr als ein Trupp selbstgerechter Spießer oder Schlimmeres. «
    »Wieso?«, wollte Bulleken wissen, als er eintrat.
    »Nach dem, was im Stettnerpark geschehen ist, rechne ich mit allem.« Die Stimme von Karasch klang weniger aggressiv als resigniert. Er führte Bulleken in einen hellen Wohnraum mit Blick über die Karlsbacher Innenstadt.
    »Also, stellen Sie Ihre Fragen, damit wir es hinter uns bringen.«
    »Haben Sie Probleme mit der Nachbarschaft?«
    »Seit meiner Haftentlassung musste ich schon einmal umziehen; es gab Unterschriftenlisten und Drohungen. Hier geht es bisher. Ich hoffe, dass es so bleibt.«
    »Haben Sie Ihren damaligen Nachbarn einen Grund geliefert, gegen Sie vorzugehen?
    »Ein Bewährungshelfer hat mich besucht, den einer der Nachbarn kannte. Und dann hat jemand meine Post geöffnet, zum Schutz der Allgemeinheit, versteht sich. Das war es dann. Ist das für Sie ein Grund?«
    Karasch stand auf und stellte sich ans

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