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Himmelskinder

Himmelskinder

Titel: Himmelskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Feldhausen
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Fenster, mit dem Rücken zu Bulleken. Als er sich umdrehte, war er blass geworden.
    Bulleken versuchte erst gar nicht, sich die Situation vorzustellen, wenn es denn überhaupt so gewesen war.
    »Sie sind aus der Haft entlassen und saßen wegen Kindesmissbrauchs? Seit wann sind Sie draußen?«
    »Ich bin am zweiten August letzten Jahres entlassen worden, habe meine Strafe also abgesessen. Und jetzt mache ich eine Therapie.«
    »Hilft Ihnen die Therapie?«
    »Ja, aber nicht vor euren Nachstellungen.«
    »Herr Karasch, wo waren Sie in der Nacht zum achtundzwanzigsten Mai, also in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch letzter Woche?«
    »Hier, in meinem Bett. Und, nein, keine Zeugen.«
    »Bei wem machen Sie eine Therapie?«
    »Ich glaube nicht, dass ich Ihnen das sagen muss.«
    »Nein, Sie müssen hier und jetzt gar nichts.«
    »Maciek Piecek. Seine Praxis ist auf der Schillerstraße. Er bietet Gruppentherapie für solche wie mich an.«
    Bulleken wurde hellhörig. Schon wieder der Matjes. Schien gut im Geschäft zu sein.
    »Würden Sie ihn, falls nötig, von der Schweigepflicht entbinden?«
    »Falls möglich, nein! Sicher nicht.«
    »Er ist zurzeit in Urlaub, oder?«
    »Ja, ausgerechnet jetzt, wo sie Trüstedt umgebracht haben.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    Bullekens Hirn lief auf Hochtouren.
    Karasch ging durch den Wohnraum und drehte sich an der Tür zu ihm um.
    »Das hat uns alle mitgenommen. War es das jetzt? Sind wir fertig?«
    »Herr Karasch, bitte beantworten Sie mir die Frage, was Trüstedt mit dem hier zu tun hat.«
    Karasch versuchte erst gar nicht zu verbergen, welchen Verdruss ihm diese Frage bereitete.
    »Er war mit mir in der Gruppentherapie, bis er in diesem Hotel krepiert ist. Sicher die gerechte Strafe für so einen, nicht? Dabei hatte er gerade seine Depressionen überwunden und wollte anfangen zu leben.«
    Am nächsten Morgen, als die Gruppe sich zu einem kurzen Informationsaustausch traf, schlug Bullekens Bericht wie eine Bombe ein.
    Sie holten Bergen dazu, und Masur genoss es in Erinnerung an Bergens Vortrag neulich, ihm jetzt von den neuesten Erkenntnissen berichten zu können.
    Gemeinsam trugen sie den Stand der Ermittlungen zusammen, und Meiners kam zu der Erkenntnis, dass Trüstedt als Kinderschänder und Besitzer des Gutshofs, den er an eine Menschenhändlerbande verpachtet hatte, tief mit im Sumpf gesteckt haben musste.
    Warum sie ihn liquidiert hatten, blieb noch ein Rätsel.
    »Vielleicht«, überlegte Bulleken, »wurde ihm mulmig angesichts all dessen, was er da im Norden ermöglichte, und ist hingefahren, um den Pachtvertrag zu beenden. Und dann gab es Krach. Irgendwas in dieser Richtung, was meint ihr?«
    »Entweder zu beenden oder mehr rauszupressen, das bleibt erst mal offen. Vielleicht hat er ja aber auch nichts von den Sauereien gewusst, die auf seinem Grund und Boden veranstaltet wurden«, hielt König für möglich, »wobei das schon ein merkwürdiger Zufall wäre.«
    Bergen hörte eine Weile zu und mischte sich dann ein:
    »Herr Piecek ist noch in Urlaub. Möglicherweise weiß er, warum Trüstedt an die Elbe gefahren ist. Wobei ich nicht glaube, dass er uns viel mitteilen wird. Da steht seine Schweigepflicht dagegen, was ich persönlich für sehr richtig halte, nicht wahr? Gerade solche Menschen brauchen Schutz, sonst können sie sich nicht auf ein tiefer gehendes Gespräch einlassen.«
    Masur faltete die Hände und nickte andächtig, und bevor Bergen sich weiter dem Thema Schweigepflicht hingeben konnte, bedankte Alvermann sich für seine Hilfe und verabschiedete ihn mehr oder weniger deutlich. Bergen zog ab. Er hatte der alvermannschen Truppe noch etwas beibringen können, so viel stand fest.
    »Wenn der Geburtstag hat«, meinte Meiners, »sollten wir ihn fragen, was er persönlich von der Schweigepflicht hält. Kostet nichts, und er hätte seine helle Freude.«
    Masur hielt das für keine gute Idee, weil er nämlich Bergen überhaupt keine helle Freude machen wollte.

38
    Frederik war immer tiefer in den Wald hineingelaufen. Irgendwann konnte er nicht mehr und setzte sich auf einen umgestürzten Baum. Sein Herz schlug wild. Mit dem Zipfel seines Hemds wischte er sich den Schweiß vom Gesicht. Er war kurz davor aufzugeben und den Polizisten anzurufen. Aber war auf den Verlass? Sein Stiefvater hatte immer gepredigt: keine Bullen. Wenn es was zu klären gibt, nimmt man das selbst in die Hand.
    Wenn er bloß nicht so ein verdammter Feigling gewesen und gleich zum Krankenhaus

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