Himmelskrieg: Roman (German Edition)
sich verpflichtet fühlte, ihn im Gegenzug dorthin einzuladen.
Was Harley von diesem Tag in Erinnerung geblieben war – außer der Tüchtigkeit der Crew, dass ständig Verpflegung zur Verfügung stand und wie attraktiv die mitwirkenden Frauen aussahen, selbst wenn sie Laborkittel trugen – war die Tatsache, dass man Kirk pausenlos mit Fragen bestürmte. Beleuchtung. Objektive. Text. Zeiten. Garderobe. Make-up. Einmal hatte er seinen Freund gefragt: »Bist du für all das zuständig?«
»Teufel noch mal, nein! Ich bin nichts weiter als ein Angestellter. Jede wichtige Entscheidung trifft derjenige, der die Show produziert.« Er hatte gelächelt. »Aber ich bin der Regisseur am Set, und deshalb fragen mich alle immer wieder, nur um nichts falsch zu machen.«
Genauso fühlte sich Harley Drake, als sein erster Tag als Bürgermeister sich dem Ende näherte. Dauernd kamen Leute zu ihm und verlangten von ihm eine Entscheidung, die sie entweder selbst hätten treffen können, oder die Harley Drake gar nicht treffen konnte. Er rieb sich die Augen.
»Wie läuft unsere Ermittlung?«
Weldon zuckte die Achseln. »Ach, ich glaube nicht, dass da irgendein Zweifel besteht. Jemand hat der jungen Frau das Genick gebrochen.«
»Wer könnte das gewesen sein?«
»Jones beschäftigt sich damit. Das erste Szenario, das er erarbeitet hat, mutet ziemlich banal an. Die Frau könnte mit einer anderen Person in Streit geraten sein – zum Beispiel wegen Trinkwasser oder Nahrung.«
»Und wie stellt sich das zweite Szenario dar?«
Weldon zögerte.
»Shane?«
»Ein Bauchgefühl sagt mir, dass es in dieser Umgebung irgendeine feindselige Kraft gibt, vielleicht eine Entität, die wir nicht begreifen.«
»Feindselig? Meinst du einen Alien, der Menschen ermordet? Ist das nicht etwas weit hergeholt, Shane?«
»Denk daran, was Zack über diesen Wächter gesagt hat. Dieses Habitat scheint nur leer von fremdartigen Wesen zu sein. In Wahrheit könnten sich überall alle möglichen Lebens formen verstecken oder frei nach Belieben ein- und ausgehen.«
Harley hob eine Hand, als könne er durch diese Geste Weldons gesamte Weltanschauung verändern. »Wir sind bloß Leute, die hierher verschleppt wurden, Shane! Wir befinden uns nicht im Krieg.«
»Unser Planet wurde angegriffen, man hat uns entführt und hier abgeladen. Bei allem Respekt, Mr. Bürgermeister, mir kommt das vor wie ein Krieg.«
»Polen zuerst?«, fragte Harley.
»Ein Vergleich mit Pearl Harbor wäre stimmiger.« Shane Weldon hatte jedoch nicht in der gnadenlosen Welt der NASA und des Johnson Space Center Karriere gemacht, indem er sich auf eine offene Konfrontation einließ. Er schlug einen versöhnlichen Ton an. »Allerdings gebe ich zu, dass ich nicht frei von Vorurteilen bin. Von mir aus nenne mich paranoid.«
»Zur Kenntnis genommen.«
»Ich kam hierher, um dich zu fragen, wie es dir geht.«
»Bestens«, log Harley. »Und was ist mit dir? Wie geht es den anderen?«
»Ich kann mich nicht beklagen, Harls«, sagte Weldon. »Es gibt nichts Schöneres, als keine Verantwortung zu tragen.«
»Wie hast du es überhaupt geschafft, dich vor dem Job des Bürgermeisters zu drücken?«
»Mit List und Tücke, denke ich.« Er legte Harley eine Hand auf die Schulter. »Ich kann mir ziemlich gut vorstellen, was du mitmachst. Und wenn du meine Meinung über das Befinden der anderen Leute wissen willst – nun, ich habe den Eindruck, dass sich die Lage zum ersten Mal seit unserer Verschleppung merklich gebessert hat. Die Leute wirken nicht mehr so angespannt und unglücklich. Heute war ein guter Tag für die Houston/Bangalores.«
Harley lachte. »Jedesmal, wenn ich diesen Ausdruck höre, kommt es mir vor, als würdest du von einem Unterliga-Baseballteam reden.«
»Wenn die erfolgreiche Arbeit im Tempel so weitergeht wie heute, dann sind wir bald bereit für die richtig großen Sachen.«
»Glaubst du?«
»Die Situation wird zunehmend stabiler. Wasser ist natürlich ein Problem. Aber da es uns schon gelungen ist, das Tem pelsystem trinkbare Flüssigkeiten produzieren zu lassen, denke ich, dass wir auch die Trinkwasserfrage in den Griff kriegen.« Weldon schmunzelte. »Nicht mehr lange, und wir können anfangen, diese Umwelt zu beeinflussen.«
»Vermutlich müssen wir hier eine Umweltschutzbehörde einrichten, um zu verhindern, dass wir das Habitat ver seuchen.«
»Nur über meine Leiche«, protestierte Weldon.
Harley wusste, dass Shane Weldon die meisten Regierungs verordnungen
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