Himmelskrieg: Roman (German Edition)

Pav glaubte nicht, dass er reagierte, als er seinen Namen hörte, denn er schien zu schlafen. Er fragte sich, wovon Hunde wohl träumten? Dass sie andere Tiere jagten? Sie auffraßen?
    Und welcher Art mochten die Träume von Revenant-Hunden sein?
    Der Gedanke an Nahrung veranlasste Pav, Yvonne zu fragen: »Gibt es etwas zu essen, wenn wir das Kontrollzentrum erreichen?«
    Sie lächelte. »Das will ich doch hoffen. Ich habe nichts mehr gegessen, seit ich getötet wurde.«
    »Das ist richtig gruselig«, sagte Pav.
    »Was meinst du?«, fragte Yvonne.
    »Ich frage mich, warum Sie das alles tun? Warum Sie uns helfen, warum Sie das Kontrollzentrum suchen und der ganze Kram. Wenn ich tot gewesen und zum Leben wiedererweckt worden wäre, würde ich erst mal versuchen, alles darüber in Erfahrung zu bringen.«
    Sie lachte schnaubend. »Ich würde nichts lieber tun.« Danach schwieg sie eine Weile. »Ich habe Mist gebaut«, sagte sie. »Einen größeren Fehler hätte ich gar nicht machen können.«
    »Mein Dad sagt, Houston und Washington seien an allem schuld.«
    »Aber ich war da «, sagte Yvonne. »Ich war diejenige, die … Angst bekam und die Bombe zündete. Und deshalb betrachte ich das hier als eine Chance, Wiedergutmachung zu leisten.« In ihren Augen lag ein abwesender Blick. Pav wurde unbehaglich zumute, es kam ihm vor, als betrachte er einen Geist.
    Dann sagte Yvonne: »Ich würde zu gern wissen, weshalb Pogo auf einmal durchgedreht ist.«
    »Keine Ahnung«, sagte Pav. Er kannte nur die Fakten. Pogo Downey, einer der vier amerikanischen Astronauten, war getötet worden und hatte sich dann in einen Revenant verwandelt. Später hatte er versucht, in den VENTURE -Lander einzudringen.
    »Bis jetzt hatte ich noch keine Zeit, darüber nachzudenken«, sagte Yvonne und schüttelte den Kopf angesichts des unfassbaren Mysteriums, das ihr widerfahren war. »Es kommt mir vor, als sei alles erst eine halbe Stunde, bevor ich euch traf, passiert. Ich dachte, Pogo wollte den Lander kapern. Ihn starten und damit zur DESTINY fliegen. Und nicht nur seine Kameraden auf Keanu im Stich lassen, sondern obendrein als eine Art Alien zur Erde zurückkehren. Aber soll ich euch etwas verraten? Mittlerweile frage ich mich, ob er nicht versuchte, mich zu provozieren – die NASA und das Weiße Haus zu provozieren – diese Bombe zu zünden und dadurch zu verhindern, dass Wesen von Keanu auf die Erde gelangen.
    »War ihm das denn überhaupt möglich?«, zweifelte Pav. »Ich meine, werdet ihr … Revenants … denn nicht gesteuert? «
    Yvonne lachte. »Na ja, so genau weiß ich das auch nicht. Aber im Augenblick glaube ich, dass wir Boten sind oder Vermittler. Wir sollen zwischen den Architekten und euch eine Verbindung herstellen. Wir verfügen über Informationen, aber wir sind keine Marionetten.«
    Dann bewegte sich Rachel, setzte sich anders hin, und Pav wurde abgelenkt. Yvonne streckte die Hand nach dem Hund aus, und der magische Moment ging vorüber.
    Pav hatte nichts dagegen. Er fühlte sich, wie er sich stets dann gefühlt hatte, wenn sein Vater mit ihm über Wirtschaft oder Politik gesprochen hatte und sein Mangel an selbst grundlegendem Wissen ihm den Eindruck vermittelte, er sei dumm. Und dieses Gefühl mochte er überhaupt nicht.
    Rachel öffnete das Tablet, das auf ihrem Schoß lag, und rief das Bild ihrer Mutter auf. »Darf ich?«, fragte sie.
    »Ist schon okay«, erwiderte er. Obwohl er das Tablet an einem Riemen trug, obwohl er dieselbe Masse besaß wie ein Printmagazin, war er es leid, ihn durch diverse Tunnel zu schleppen, vor allen Dingen, wenn er auf der Flucht vor Long Legs um sein Leben rannte.
    Er war es leid, Angst zu haben, er könnte das Tablet verlieren. Aber wenn erst die Batterie leer war, konnte ihm das Ding ohnehin nichts mehr nützen, egal, wann der Fall eintrat, ob morgen oder nächste Woche, es machte keinen Unterschied.
    Upps, er dachte schon wieder an den Tod. Hör auf damit. Denk lieber an das Kontrollzentrum, von dem Yvonne gesprochen hat. Von dort aus kann man das Sternenschiff steuern und hat Zugang zu den anderen Habitaten  …
    Pav betrachtete die Tattoos an seinem Arm. Er wusste noch, wie erpicht er darauf gewesen war, sich eines machen zu lassen. Es war das Einzige, wodurch der Sohn des Vyomanauten sich vorübergehend das Image verschaffen konnte, er sei cool. Eine Möglichkeit, sich aus der Welt der Wissenschaftsfreaks auszuklinken und sich fest in der Musik zu verankern. Er wünschte sich, er