Himmelskrieg: Roman (German Edition)
amerikanisches Bier.
Doch außer blauen Flecken und Prellungen hatte er sich nichts eingehandelt.
Seine Teilnahme an der Aktion, die als ein hektisches Grapschen nach Proviant begann – eine von einem Dutzend Prügeleien, die Jaidev mitangesehen hatte – endete damit, dass Daksha Saikumar, auch ein Ingenieur, der bei der BRAHMA -Mission mitwirkte und für die Lebenserhaltungssysteme zuständig war, ihm einen heftigen Schlag verpasste. Daksha war neununddreißig, zehn Jahre älter als Jaidev, und so behaart und behäbig, dass unfreundliche Kollegen ihm den Spitznamen »Gorilla« gegeben hatten. Jaidev hatte Daksha nie als einen Freund betrachtet, aber er hatte auch nicht damit gerechnet, dass er ihn zur Seite stoßen und das Manöver mit einem Fausthieb ins Gesicht krönen würde.
Danach blieb Jaidev gar nichts anderes übrig, als am Rande der Flüchtlingsmenge auf der Suche nach etwas eventuell Essbarem durch die Gegend zu pirschen.
Doch das Einzige, was er – und ein paar andere Leute aus Bangalore – gefunden hatten, war ein großer, flacher Teich mit schlammig aussehendem Wasser, aus dem jeder trank, auch nachdem Daksha verächtlich die Nase gerümpft und die Brühe »Lake Ganges« getauft hatte.
Das war die letzte Demütigung einer ganzen Reihe von Herabsetzungen gewesen. Und für die größte Schande konnte Jaidev nicht einmal das Bangalore-Objekt verantwortlich machen.
Er kam aus einer IT -Familie. Alle, sein Vater, seine Mutter, ein älterer Bruder und zwei ältere Schwestern arbeiteten im IT -Corridor in Chennai, wenn auch auf einer niedrigeren Ebene. Ein anderer Bruder betrieb ein Callcenter.
Jaidev hatte auf der Erfahrung der Familie aufgebaut und sich eine Position in der nahe gelegenen Sathyamba-Universi tät verdient. Ein Glück für ihn, denn dadurch konnte er sein Elternhaus verlassen und in das Wohnheim ziehen – obwohl die Schule auch eine Flotte von Bussen besaß, die den Studenten zur Verfügung stand. Merkwürdig, wie diese überfüllten, stickig heißen Vehikel ihn an die Blase hier, das Vesikel erinnerten.
Obendrein erwies es sich für ihn als günstig, dass er sich in Sathyamba auf die Konstruktion und Produktion von Maschinen spezialisierte und nicht auf Telekommunikation oder Computerwissenschaften.
Was seine Eltern und Geschwister für eine unproduktive Ablenkung von seiner beruflichen Karriere hielten, ent puppte sich als der direkte Weg zu einem Studium in den Vereinigten Staaten an der Cornell University. Dort hatte er seinen ersten Kontakt mit dem Computational Synthesis Laboratory und zukunftsweisender 3-D-Drucktechnologie – Verfahren, von denen man annahm, sie würden die Fabrikation revolutionieren. Er war beteiligt an der Entwicklung des sogenannten Gray Goo, ein Material, das so konstruiert war, dass es die Bausteine für jede Substanz oder Struktur, egal ob mechanischer oder biologischer Art, liefern konnte. Sie nannten dieses Zeug PLASM , P reliminary L ithographic A ssembly M aterial.
Und als PLASM -Spezialist durfte Jaidev Mahabala kurzzeitig für das Raumfahrtprogramm der USA und später für das seines Heimatlandes arbeiten.
Um an dem letzten Bereitschaftsmeeting vor dem Start teilzunehmen, flogen dreißig Mitglieder des Bangalore-Teams nach Rio de Janeiro.
Jaidev hatte seine Arbeit für die Brazilian Space Agency gut gemacht. Sein Team war für die Crewausrüstung und Verbrauchsgüter zuständig gewesen. Man hatte sämtliche Abschlussprotokolle akzeptiert.
Danach konnte das Team tun und lassen, was es wollte. Jaidev ließ sich in einer Schwulenbar auf der Avenue Viera Santo/Ipanema Beach volllaufen.
Später wurde er zusammen mit einem Strichjungen verhaftet.
Seine Homosexualität hatte Jaidev keine Probleme mehr bereitet, seit er aus dem Haus seiner Eltern ausgezogen war. Über das Internet hatte er sich gleichgesinnte Freunde in Chennai gesucht, hauptsächlich Männer, die den Technologiebezirk aufsuchten.
Es hatte Spaß gemacht – und während seines Aufenthalts in den Vereinigten Staaten ging der Spaß weiter. Er hatte immer gehofft, jemand Besonderen zu finden, jemand, mit dem er eine feste Beziehung eingehen konnte. Und nach dem Abschluss der BRAHMA -Mission wollte er der Verfolgung dieses persönlichen Ziels allerhöchste Priorität einräumen.
Die Festnahme hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Danach hatte er Zeit genug, persönliche Ziele zu verfolgen, denn an dem Tag, als das Objekt in Bangalore eingeschlagen war, hatte
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