Himmelskrieg: Roman (German Edition)
lecken!«
Unter den Leuten machte sich wieder Unruhe breit. Am liebsten hätte Zack sich Rachel geschnappt, wäre mit ihr durch eine Hintertür verschwunden und hätte das alles hinter sich gelassen.
Leider gab es keine Hintertür.
Bynum trat vor. »Hört zu, Freunde, höchstwahrscheinlich sitzen wir für den Rest unseres Lebens hier fest. Das heißt, dass wir Wege finden müssen, um zusammenzuarbeiten. Unsere Gemeinschaft kann und muss wie ein unbeschriebenes Blatt Papier sein! Wir können nicht überleben, wenn wir unsere alten, schlechten Gewohnheiten beibehalten. ›Persönlichen Besitz‹ können wir uns nicht mehr leisten! Es gibt kein Privateigentum mehr, hier gehört alles allen. Alles muss gerecht verteilt werden!«
Zack sah Harley an, der grinste und meinte: »In meinen Ohren hört sich der Typ an wie ein waschechter Kommunist.«
Weldon zuckte die Achseln. »Kein Wunder, wenn man bedenkt, wo er gearbeitet hat …«
Der junge Farbige rannte auf Bynum zu. »Und warum rückst du dann nicht die Pistole raus?« Zack hörte, dass er Amerikaner war, dem Akzent nach konnte er aus Louisiana stammen. Ehe er Bynum erreichte, drehte er sich um und schrie: »Das hat er euch aber nicht gesagt, wie? Dass er eine Waffe mitgehen ließ. Wie viele von euch haben eine Schusswaffe in ihrem Besitz?«
Eine ganze Weile tat sich gar nichts. Dann lächelte Bynum, fasste langsam hinter sich und zog eine glänzende Colt-Pistole aus dem Hosengurt.
»Ja, richtig. Ich habe eine Waffe. Ich fand sie, so wie unser Xavier hier den Rucksack voller Leckereien gefunden hat. Verleiht mir das irgendwelche Autorität? Kann ich mir deshalb mehr herausnehmen als andere, die unbewaffnet sind? Auf der Erde wäre das sogar der Fall. Aber wollen wir hier so leben? Wollen wir uns so den Wesen präsentieren, die diesen Ort geschaffen haben, die uns hierherbrachten? Die uns bis jetzt am Leben erhalten haben?«
Bynum sprach von Gewaltverzicht, aber auf Zack machte er einen geistesgestörten Eindruck, als stünde er kurz davor, irgendeine Verzweiflungstat zu begehen. Obendrein wirkte er wie jemand, der den Umgang mit Waffen nicht gewöhnt ist, das erkannte man an der Art, wie er mit dem Colt herumfuchtelte.
Zack wich zurück, um Rachel möglichst weit von Bynum wegzubringen. Dabei sah er aus dem Augenwinkel, wie ein Mann sich auf Bynum und die vorderste Reihe der Leute zubewegte. Zack schaute genauer hin und erkannte, dass der Mann ein Asiate war, klein, pummelig …
»Daddy!«, schrie Rachel.
Zack schwenkte herum und blickte in die Mündung des Colts, mit dem Bynum direkt auf ihn zielte.
Ehe er reagieren konnte, ertönte hinter ihm ein gedämpfter Knall. Und dann noch einer.
Brent Bynum stand da, die Arme weit ausgestreckt, wie Jesus am Kreuz. Dann sank er auf die Knie.
Der Asiate schob sich an Zack vorbei nach vorn. Er hatte Bynum erschossen.
Plötzlich fingen viele Leute an zu schreien, drei oder vier zeigten mit den Fingern auf den Asiaten, und es gab ein hektisches Gerangel.
»Haltet ihn fest!«, brüllte Weldon.
Binnen weniger Sekunden hatten mehrere Leute den Asiaten überwältigt. Dale Scott nahm ihm die Waffe ab.
Aber für Brent Bynum kam jede Hilfe zu spät. Nach rund zehn Minuten war er verblutet.
9
Ankunftstag: ZHAO
Zhao wollte den Amerikaner nicht erschießen. Er wollte nicht mal eine Waffe in den Händen halten. Er hatte zu viel Zeit auf Schießständen verbracht und dort für den Straßenkampf und Attentate trainiert, um sich noch entspannt zu fühlen, wenn er bewaffnet war.
Und trotz seines schillernden Hintergrunds und Trainings hatte er niemals einen Menschen getötet. Kein einziges Mal hatte er auch nur eine Waffe auf jemanden abgefeuert . Hätte man ihm Zeit zum Überlegen gegeben, hätte er sich bestimmt gefragt, ob seine Ausbildung vielleicht daran schuld war, dass er automatisch, gewissermaßen reflexhaft geschossen hatte. Zum Glück bekam er keine Gelegenheit zum Nachdenken.
Als er eine Waffe fand, hatte er auch die Absicht, sie zu benutzen.
Und er fand diese Waffe, eine 9-mm-Glock 39, in dem ganzen Krempel, der im Innern des Bangalore-Objekts driftete. Er kannte diesen Waffentyp, die Black Cats – die Indian National Security Guards, die die Mission Control in Bangalore schützten, waren damit ausgerüstet.
Ein Mitglied der Black Cats hatte er nicht gesehen, aber er war auf die zerschmetterte, blutverkrustete untere Hälfte einer Leiche gestoßen, die mit derselben grauen Hose bekleidet war, die die
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