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Himmelskrieg: Roman (German Edition)

Himmelskrieg: Roman (German Edition)

Titel: Himmelskrieg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Goyer
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    Trotzdem hatte Valya mit den offensichtlichsten Fragen begonnen. Sie erkundigte sich bei Camilla, ob sie hungrig sei, wie sie sich fühlte … völlig normale, alltägliche Dinge. Schließ lich rückte sie mit der Frage heraus, die ihr am meisten am Herzen lag. »Wie bist du hierhergekommen?«
    Das Mädchen brauchte eine Weile, um sich die Antwort zurechtzulegen, jedenfalls hatte es den Anschein. Und dann lieferte sie eine derart präzise Schilderung, als läse sie sie von einem Blatt ab. »Am 27. Februar 2018 starb ich in einem Hospiz in São Paulo. Seit meinem sechsten Lebensjahr litt ich an Leukämie. Ich fühlte mich sehr krank und sehr traurig.« Und tatsächlich schimmerten in diesem Moment Tränen in ihren Augen. Valya spürte, wie ihr innerer Widerstand gegen dieses sonderbare Kind dahinschmolz.
    Plötzlich, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, war Camilla wieder munter. »Dann wachte ich hier auf, in einem der Behälter. Es war schwierig, mich daraus zu befreien.« Mit den Händen vollführte sie Gesten, um zu veranschaulichen, wie sie sich den Weg nach draußen gebahnt hatte.
    »Du musst dich ja sehr gewundert haben, auf einmal wieder am Leben zu sein.« Valya versuchte, sich in diese Lage zu versetzen, aber sie kam nicht über den unvermeidlichen ersten Schritt hinaus, der darin bestand, an Krebs zu sterben.
    »Ich starb im Schlaf«, erwiderte Camilla in sachlichem Ton. »Man gab mir viele Medikamente. Es war dasselbe Gefühl, als würde ich aus einem Schlaf aufwachen.« Sie spreizte die Hän de, als wolle sie sagen: Sieh mich doch an . »Und es ging mir gut!«
    Valya konnte nicht widersprechen. Immerhin war das Mädchen hier. Es war ihr nicht möglich, den Wahrheitsgehalt dieser Geschichte zu bestätigen. Sie wusste nur das, was Nayar ihr von Lucas Munaretto und den ungewöhnlichen Ereignissen während der BRAHMA -Mission erzählt hatte.
    »Wer hat dich zurückgeholt? Wer … hat dich gesund gemacht?«
    »Der liebe Gott.«
    Valya fand, sie hätte endlich eine Anwort bekommen, die einen Sinn ergab. Wenn auch nicht für Valya selbst, die keinerlei religiösen Überzeugungen hatte, sondern für ein Mädchen aus dem katholischen Brasilien.
    »Aber Gott hat sich dazu der Erbauer bedient«, fuhr Camilla fort.
    »Wer sind die Erbauer? Haben sie diesen Ort geschaffen?«
    Zum ersten Mal entdeckte Valya einen Ausdruck der Verwirrung oder des Zweifels an dem Mädchen. »Ja …« erwiderte Camilla, aber sie wirkte nicht überzeugt. Valya hatte gehört, dass Zack Stewart Architekten erwähnt hatte, und vermutete, Camilla meinte dasselbe. Doch sie konnte sich nicht sicher sein.
    Valya blickte sich um. Alle verzehrten ihre Portionen an Gemüseobst oder saßen wie betäubt da … mit Ausnahme von Zachary Stewart, seiner Tochter und ein paar anderen Leuten. Die Gruppe hatte sich gerade so weit von den übrigen Gestrandeten entfernt, dass niemand verstehen konnte, was gesagt wurde, und offenbar war eine lebhafte Debatte im Gange. Auch Dale Scott war dabei.
    Natürlich beobachteten sie Valya, und ihr Augenmerk galt in erster Linie Camilla.
    »Hast du jemandem von diesen Erbauern erzählt? Commander Stewart vielleicht?«
    »Ach, der weiß Bescheid.« Sie schien sich absolut sicher zu sein, aber Valya fiel auf, dass sie ihre Frage nicht direkt beantwortete.
    »Wer sind sie?«, hakte sie noch einmal nach. »Werden wir ihnen begegnen? Beobachten sie uns? Helfen sie uns? Wie sehen sie aus?« Unwillkürlich redete Valya sich in Eifer. Sie fing an, dieses Gespräch zu genießen.
    Aber aus irgendeinem Grund machte Camilla nicht mehr mit. Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie ihre Gedanken klären, dann stand sie auf … ein bisschen wackelig, als seien ihre Beine eingeschlafen. »Nicht hier«, sagte sie.
    Und ohne auf Valya zu warten, steuerte sie auf die Öffnung in der Tempelwand zu.
    Valya blickte sich noch einmal zu Stewart und der Gruppe um, die nun mit Dale zu streiten schienen, dann rappelte sie sich mühsam auf die Füße, schnappte sich ihre Handtasche und folgte dem Mädchen, so schnell sie konnte.
    Draußen im Dämmerlicht des Habitats entdeckte sie Camilla in einer Entfernung von rund fünfzig Metern. Das Mädchen bedeutete ihr mit Handzeichen, sie solle zu ihr kom men. Als sie Camilla erreichte, wechselten sie ein paar Worte, dann lotste die Kleine sie um den Tempel herum, bis sie die Wand erreicht hatten, die dem Eingang direkt gegenüber lag.
    »Hast du ein bestimmtes Ziel im Sinn?«, fragte Valya.

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