Himmelskrieg: Roman (German Edition)
den Rest ihres Lebens – wirkte dies irgendwie tröstlich.
Ihr Anflug von Zufriedenheit mit Keanu und dessen menschlichen Bewohnern wurde sehr schnell abgelöst von anderen Emotionen. In erster Linie war sie überwältigt von fassungslosem Staunen: Sie befand sich im Innern eines von Aliens gebauten Raumschiffs! Und dann natürlich Angst, denn sie hatte nicht die geringste Kontrolle über das, was passierte!
Nur ein Beispiel: Als sie sich vom Tempel entfernte und sich einen Weg durch die Gruppen der anderen Leute bahnte, von denen einige völlig erschöpft am Boden lagen, fiel ihr auf, in welch bizarrer Weise sich die Lichtverhältnisse änderten.
Das Dach des Habitats – verdammt, es war so hoch, dass man es getrost als »Himmel« bezeichnen konnte – enthielt Dutzende von langen, schlangenförmigen Gebilden, die für Licht zu sorgen schienen … aber es war nicht viel heller als ein sommerliches Zwielicht in Melbourne. Tatsächlich hatte es den Anschein, als sei nicht einmal die Hälfte dieser Himmelsschlangen beleuchtet, obwohl sich das nur schwer feststellen ließ.
Plötzlich – Makali befand sich auf halber Strecke zu der Stelle, an der die Gemüsefrüchte wuchsen – erwachten die Himmelsschlangen mit aller Macht zum Leben. Eine Woge aus grellem Licht fegte durch das gesamte Habitat, als hätte eine schnell dahinjagende Wolke die Sonne freigelegt.
Na schön, so furchtbar unheimlich war das nun auch wieder nicht. Jetzt war im Habitat die Morgendämmerung angebrochen. Makali fand, von all den Menschen, die hier gelandet waren, sei sie diejenige Person – zwangsläufig – die am besten auf eine Begegnung mit fremdartigen Welten, Lebensformen und Kommunikationstechniken vorbereitet war.
Doch innerhalb weniger Sekunden wiederholte sich der jähe Ausbruch von Licht, und eine zweite gleißende Welle überschwemmte das Habitat.
Es folgte eine dritte. Und eine vierte, wobei die beiden letzten so rasch aufeinander folgten, dass sie sich überlappten. Die dritte Welle leuchtete noch das »nördliche« Ende des Habitats aus, an dem die Menschen aus den Tunneln gekommen waren, als die vierte Woge hindurchrauschte.
Und dann, als sei gar nichts passiert, kehrten die Himmelsschlangen zu ihrem früheren Niveau zurück … und das Licht wurde wieder trübe.
Es war nicht der Hunger, der Makali antrieb, zu den Bäumen zu rennen, sich schnell etwas Essbares zu pflücken und genau so eilig zum Tempel zurückzukehren.
Es war eine typisch menschliche Emotion.
Die Furcht vor dem Unbekannten.
Makali Pillays Vater war der Raumfahrt-Fanatiker in der Familie gewesen. Sein Lieblingsfilm war The Dish – Verloren im Weltall, eine entzückende Geschichte über die australischen Astronomen, die der Apollo-11 -Crew geholfen hatten, Videomaterial von den ersten Schritten auf der Mondoberfläche an Millionen Zuschauer auf der ganzen Welt zu senden.
Kurz nachdem der Film in die Kinos gelangte, wurde seine Tochter geboren, und was lag näher, als ihr einen Namen zu geben, der mit dem Weltall zu tun hatte … Makali bedeutete »Mond«.
Bis zu einem gewissen Grad hatte Makali gelernt, das Inter esse ihres Vaters für den Weltraum zu teilen. Wegen der Bücher, der Filme und der Bilder, die an den Wänden ihres Apartments über dem Restaurant hingen, blieb ihr auch keine große Wahl.
Aber sie teilte nicht unbedingt sein Interesse für Astronauten und Weltraumshuttles, und auch nicht seinen ethnischen Stolz auf Indiens Errungenschaften, einschließlich der Tatsache, dass das Land die vierte Raumfahrt betreibende Nation auf dem Planeten wurde.
Makali war fasziniert von der Möglichkeit eines Erstkontakts und außerirdischen Lebensformen. Ihr Vater hatte nicht viel dafür übrig. »Die Idee gefällt mir auch, aber es ist immer noch eine Wissenschaft ohne ein Fachgebiet! Du willst in die Vereinigten Staaten gehen? Schön! Bewirb dich beim NASA Jet Propulsion Lab!«
Aber Makali wusste schon damals, dass das JPL zwar seit sechzig Jahren Raumsonden für Amerika und die NASA entwickelte, jedoch mit Exobiologie nichts zu tun hatte.
Also hatte sie Biologie und Chemie studiert, in beiden Fächern einen akademischen Grad erworben und dann ein Fellowship-Stipendium am NASA Astrobiology Institute in Houston bekommen.
Und dort erweiterte sie ihre Studien, schloss atmosphärische Physik, Geologie und sogar Fremdsprachen ein. Sie verbrachte sechs Monate am Südpol, um nach Meteoriten vom Mars und Extremophilen zu suchen.
Dort entzog
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