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Himmelskrieg: Roman (German Edition)

Himmelskrieg: Roman (German Edition)

Titel: Himmelskrieg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Goyer
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Aufenthalt im Keanu-Habitat merkte Zhao, dass er schließlich die Umgebung gefunden hatte, die er noch mehr hasste als Indien.
    Es war eine Schande, dass er vierhunderttausend Kilometer hatte reisen müssen, um das festzustellen. Das Licht stimmte nicht, die Gefährten hatte er sich nicht selbst ausgesucht, das Essen war knapp oder nicht existent. Es gab nichts zu lesen, nichts zu sehen, nichts zu studieren. Wenn er wollte, konnte er Freiübungen machen, aber ihm gefielen strukturiertere körperliche Aktivitäten wie Golf und Tennis. Es gab nur wenige mögliche Sexualpartner, und die Gelegenheit, seine Sexualität auszuleben, war praktisch gleich null.
    Er hatte keine Aufgabe und keine sinnvolle Beschäftigung.
    Und er war der einzige Kriminelle in der gesamten Gruppe.
    Man hatte ihn nicht misshandelt, ganz im Gegenteil. Man hatte ihn genauso behandelt wie alle anderen … was natürlich eine Form von Misshandlung war.
    Als er an der Reihe war, Proviant zu sammeln, hatte er sich dem Job gewidmet, aber allein, isoliert von den anderen. Selbst wenn er nicht buchstäblich das Kainsmal getragen hätte, wäre er als der einzige Asiate in der Population aufgefallen. Die Houston-Gruppe mied ihn, die Leute aus Bangalore taten einfach so, als sei er gar nicht vorhanden.
    Der einzige Vorteil daran war, dass ihm diese Position die Möglichkeit verschaffte, alles genauestens zu beobachten.
    Beobachtung eins: Die Aktivierung des Tempels unter Auf sicht von Nayar, Jones, Weldon und Drake ging in beinahe komischer Art und Weise vonstatten.
    Zhao war es gelungen, sich in die Prozession einzufädeln, die in den Tempel hineinmarschierte, nachdem dessen Wände und Böden eine Form angenommen hatten, die menschlichen Proportionen besser entsprach. Im Gegensatz zu den meisten Besuchern hatte er lange im Tempel verweilt. Sein erster Eindruck – herrlich! Wenn er nicht schon beeindruckt gewesen wäre, wie meisterhaft die Architekten den Umgang mit Molekülen beherrschten, hätte er ihre Art des Maschinenbaus für das Faszinierendste gehalten, das er je gesehen hatte … bis auf ein paar offensichtliche Anomalien, die auf ein System am Rande des Zusammenbruchs hinwiesen. Aber diesbezüglich sollte er sich vielleicht mit seinem Urteil zurückhalten, denn was wusste er schon über diese Architekten und ihre Motive?
    Fast eine Stunde lang lungerte er nur in einem Winkel des Hauptgeschosses herum und erfreute sich an den plötzlichen, unerklärlichen Veränderungen in der Beleuchtung und dem jähen Ausbruch lauter Geräusche. All das erinnerte ihn an eine lange, durchzechte Nacht mit einem potenziellen Informanten in einem Hongkonger Nachtklub.
    Hin und wieder durchflutete sogar ein Schwall kalter oder heißer Luft den Raum. Und einmal hätte Zhao schwören können, ihm wehe der Geruch von brutzelndem Schinkenspeck in die Nase.
    Jede Veränderung in der Umgebung wurde begleitet von Flüchen in amerikanischem Englisch und Hindi, die von der oberen Etage zu ihm herunterhallten.
    Zhao versuchte gerade, sich einen Grund auszudenken, der ihm den Zutritt zum Obergeschoss ermöglichen würde, als Harley Drake von draußen mit seinem Rollstuhl angefahren kam. Er hatte zu den ersten »Forschern« gehört, die die oberen Etagen erkundeten, doch vor einer Stunde hatte man ihn wegen irgendeiner dringlichen Angelegenheit weggeholt. Gabriel Jones war mit ihm gegangen.
    Jetzt war er wieder hier. Allerdings ohne seine ständige Be gleiterin, die groß gewachsene amerikanische Wissenschaftlerin Sasha Blaine. Drake bugsierte seinen Rollstuhl an die Rampe, versuchte, die Steigung allein durch Muskelkraft zu bewältigen – und versagte. Er nahm einen zweiten Anlauf, dieses Mal mit dem Motor des Stuhls, aber es klappte immer noch nicht.
    Dann blickte er Zhao an. »Könnten Sie mich bitte da hoch schieben?«
    »Kein Problem.« Überhaupt kein Problem!
    Die obere Etage war eine Enttäuschung, aber nicht, weil es dort an wundersamen Dingen gemangelt hätte. Sie war vollgestopft mit seltsamen Formen und Strukturen, einschließlich eines Objekts, das nur ein Tisch sein konnte. Die Platte war vielleicht einen Meter breit, zwei Meter lang und drei Zentimeter dick. Sie bestand aus derselben Substanz, die alles »Artifizielle« im Habitat bildete, angefangen von den Tempelwänden bis hin zu … na ja, bis hin zu den Geräten oder elektronischen Apparaturen, die sich auf dieser Etage befanden.
    Es gab sogar drei Hocker zum Sitzen … primitive, einfache Möbel, die

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