Himmelsmechanik (German Edition)
wenn der Moment gekommen ist aufzuräumen, um etwas mehr Platz zu machen, falls uns eine gute Nachricht erreichen sollte. Dann, und der Winter hat schon begonnen, an den Nähten der dicken Jacken zu kratzen und auf den Spitzen der Stadtschuhe zu knirschen, gehen die Frauen zum
mastio
hinunter und entnehmen ihm die
ossetti
, wobei sie darauf achten, auch etwas von der Schmiere abzukratzen, die auf dem Holz geronnen ist. Und im Ofen des Kellers zünden sie ein Feuer an, und auf den Herd stellen sie den Topf aus verzinktem Kupfer; sie gehen Wasser an einem Brunnen holen, von dem man weiß, dass es von einer guten Quelle und nicht aus der Wasserleitung stammt, füllen den Topf, bringen ihn zum Kochen und werfen dann die
ossetti
hinein.
Das alles ist ein
Introibo
und wird zwei Tage und zwei Nächte dauern. Die Frauen gehen abwechselnd hinunter, um das Feuer am Brennen zu halten, lassen es köcheln, gießen Wasser hinzu, heben die oben schwimmende Salzschicht ab, rühren um, decken auf, decken zu und legen Holz nach und regulieren den Luftzug.
Introibo
zum Sakrament des Heiligen Abend. Zu dieser Feier, bei der wir an den Körper des Schweins denken müssen, das die Familie am Leben erhalten hat, an den Geist unseres Herrn, der das Schwein und alles andere im Leben geschaffen hat, an das Blut dieser Familie, das sich in der Knechtschaft des Lebens und in der Rettung ergossen hat. Und wir nähren uns vom Nichts, denn im Nichts sind wir geblieben und im Nichts sprechen wir uns heilig. Und das alles ist in der Macht der Frauen des Hauses, denn unsere Väter mögen vielleicht Wilde gewesen sein, aber ihnen war nicht entgangen, dass man nur von den Frauen die nötige Kraft und Sorgfalt erwarten konnte, um das Nichts heilig zu machen. Die die Frauen in der Gestalt einer Suppe aus Knochen und Brühe, die allen außer uns unverdaulich erscheinen würde, auf die Kastanienpolenta in die Teller gießen, die sie ihren Männern hinhalten. Ohne ihnen etwas zu wünschen, wie es sich gehört, sondern indem sie jeden von ihnen mit dem Daumen segnen, der auf der Stirn das Monogramm Christi zeichnet. So bekräftigen wir an jedem Heiligabend, dass wir ein Volk von Gezeichneten und Fluchenden sind.
Das also geschieht, wenn Nita und ich zu Aristo und seiner Enkelin Malvina nach Hause gehen, mit etwas Trost von sekundärem Belang. Und das geschieht überall, in jedem Haus von Careggine; und überall in den Häusern des Reviers, in denen noch wenigstens zwei Frauen sind, die die Absicht haben, sich zu erinnern, sich an einen Glauben zu halten und zwei Tage und zwei Nächte an einem Topf mit Knochenbrühe zu wachen. Oder zwei Frauen, die ein Bündnis schließen, das so fest ist, um dafür zu sorgen, dass es an den Tagen um Heiligabend ein Haus gibt, in dem man feiern kann.
Soweit ich weiß, war es Malvina, die Nita bat, mit ihr Heiligabend vorzubereiten, und sie war es auch, die sie in ihre Arbeit einführte. Sie sprechen seit Langem miteinander, sie sind sich begegnet, wie es auch zu erwarten war, dass sie sich begegnen, dort, wo sich die Menschen niedergelassen haben, die von sehr fernen und unterschiedlichen Orten kommen. Sie sind Freundinnen, glaube ich, doch die Art ihrer Freundschaft ist reserviert und ausschließlich. Ich weiß, dass ich sie nicht bis ins Kleinste begreifen könnte, weil ich keine von beiden bis ins Kleinste begreife. Und wenn ich sie zusammen sehe, nimmt mein Unverständnis einen plastischen Aspekt, die Form einer lebendigen Skulptur an. Ich sehe sie, die wenigen Male, als ich sie überraschen konnte, wie sie an unseren Nussbaum gelehnt miteinander sprechen, ich sehe sie in derselben Richtung etwas betrachten, das ich nicht erkennen kann. Ich sehe sie am Abend vor Heiligabend Seite an Seite durch die Via Fonda gehen, jede mit einem Leinenbündel und der Portion Kastanienmehl, wie sie ihr Frauenschweigen in dieser Straße und in dieser Stunde verbreiten, die bereits voll von Männerschweigen ist. Ich sehe sie am Abend danach, wie sie aus dem Keller kommen und den Topf schleppen, in den sie selbst hineinpassen würden, und ihn auf den Steinfußboden der feindseligen Küche stellen und mich dabei leicht berühren, während sie mich betrachten, ohne mich anzusehen, genauso wie das Tiere tun und Fremde. Wo immer ich sie auch sehe, sind sie nichts anderes als in meinem Haus, auf meinem Land, in meiner Heimat. Und sie sind Fremde, und sie sind aufgewachsen, während sie anderswo herumliefen, anderswohin blickten, wo noch
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